Blutiger Protest: 25 Wissenschaftler demonstrieren gegen VW-Lobbyismus

Protestiert wurde gegen die Einflussnahme von Volkswagen auf die Politik.

"Blutiger" Protest in Wolfsburg.
"Blutiger" Protest in Wolfsburg. | Foto: Scientist Rebellion

Wolfsburg. Im Rahmen ihrer zweiwöchigen Protestaktionen protestierten etwa 25 Wissenschaftler der Gruppe "Scientist Rebellion" am heutigen Mittwoch um 14:45 Uhr in der Autostadt Wolfsburg gegen die klimaschädliche Einflussnahme von VW auf die Politik. Die aus verschiedenen europäischen Ländern angereisten Akademiker klebten großformatige wissenschaftliche Artikel zur Klimakrise und Verkehrswende außen an die Glasfassade der Eingangshalle der Autostadt. Dies teilte die Gruppe mit.



Auf großen Bannern, welche die in Laborkitteln bekleideten Wissenschaftler mitbrachten, war zu lesen: "Lobbyismus = Korruption = Klimakrise" und "Zusammen gegen das Klimaversagen" sowie "1,5°C = Politische Fiktion". Sie sorgten zusätzlich durch das Vergießen von Kunstblut im Eingangsbereich für Aufmerksamkeit. 14 Wissenschaftler gingen überdies in den Porsche Pavillon hinein. Einige von ihnen klebten sich vor verschiedenen Luxusautos fest, vor dem sie ein weißes Tuch, auf dem ein Tempolimit von 100 km/h zu sehen war, ausbreiteten, während andere großformatige wissenschaftliche Artikel an die Wände klebten.

Lobbyismus wird angeklagt


"VW hat die meisten Lobbyvertreter aller Autokonzerne in Brüssel. Das lassen sie sich jährlich über 3 Millionen Euro kosten. So werden Gesetzgebungsprozesse auf europäischer Ebene vorbereitet, und damit ist Lobbyismus nur ein anderes Wort für Korruption. Diese Form des Demokratieverlusts trägt maßgeblich zur Eskalation der Klimakrise bei", sagt Dr. Sébastien Triquenaux, Ingenieur von Centre national de la recherche scientifique (CNRS).

Wissenschaftliche Artikel wurden an die Außenscheibe geklebt.
Wissenschaftliche Artikel wurden an die Außenscheibe geklebt. Foto: Scientist Rebellion



“Lobbyvertreter von Autokonzernen haben die Handynummern von Politiker*innen und damit eine ständige Austauschmöglichkeit. Währenddessen können die Menschen, die am meisten von der Klimakrise betroffen sind, nämlich Kinder, Jugendliche und Menschen des Globalen Südens, gar keinen Einfluss auf politische Prozesse in Deutschland nehmen. Diese enorme Ungerechtigkeit muss aufhören", sagt Dr. Nana-Maria Grüning, Molekularbiologin an der Charité - Universitätsmedizin Berlin.


"VW hat uns über die tatsächlichen Emissionswerte ihrer Dieselmotoren belogen und lügt weiter, wenn sie behaupten, dass sie bis 2050 klimaneutral sein werden. VW verlässt sich auf CO2 Kompensationsprogramme, deren Wirksamkeit höchst zweifelhaft ist. VW muss mit dem Greenwashing aufhören und die Lobbyarbeit einstellen, die dringende Klimaschutzmaßnahmen verzögert", ergänzt Dr. Gianluca Grimalda, Sozialpsychologe am Institut für Weltwirtschaft in Kiel.

VW würde über 6,5 Millionen für Lobbyismus in Berlin ausgeben und stelle sich dadurch gegen klimaschützende Maßnahmen wie ein 100 km/h Tempolimit und das 9-Euro-Ticket, so die Gruppe. Damit trage der Konzern zum Scheitern des Pariser Klimaabkommens bei. Die Öffentlichkeit müsse über die Dringlichkeit der Reduzierung von Treibhausgasemissionen informiert werden, da die reale Möglichkeit einer globalen Katastrophe bestehe.

Protest für ein Tempolimit von 100 km/h.
Protest für ein Tempolimit von 100 km/h. Foto: Scientist Rebellion



Sie hatten den Feueralarm ausgelöst


Mit ihren Aktionen des zivilen Widerstands ruft Scientist Rebellion, ein 2021 gegründeter Zusammenschluss von internationalen Wissenschaftlern, zu sofortigen Maßnahmen zur Begrenzung der Klimakrise auf - national und international. Klassische Wissenschaftskommunikation und Politikberatung reichten angesichts der planetaren Notlage nicht mehr aus. Als Teil der Koalition "Unite Against Climate Failure" (deutsch: "Zusammen gegen das Klimaversagen") hatten die Akademiker vergangenen Sonntag beim in Berlin stattfindenden Weltgesundheitsgipfel den Feueralarm ausgelöst und das Konferenzgebäude mit wissenschaftlichen Publikationen beklebt. Am Montag protestierten sie gemeinsam mit "Debt for Climate" im Finanzministerium, um eine Schuldenstreichung für den Globalen Süden zu erwirken. Am Dienstag führte ihr Protest sie zusammen mit "Eltern gegen die Fossilindustrie" zum Verkehrsministerium, um ein Tempolimit und die Wiedereinführung des 9-Euro-Tickets zu fordern.

Zu den Bündnispartnern der seit Mitte Oktober 2022 laufenden Kampagne gehören neben Scientist Rebellion die Letzte Generation, Debt for Climate, End Fossil Occupy, und Jetzt oder Nie - Eltern gegen die Fossilindustrie.


mehr News aus Wolfsburg


Themen zu diesem Artikel


A2 Autobahn Polizei Letzte Generation