Wolfsburg. Wie wird betriebliche Mitbestimmung in Zukunft aussehen, und welche Rolle wird sie spielen? Um diese Frage ging es auf dem diesjährigen Arbeitnehmerempfang, zu dem am Montag die IG Metall und die Stadt Wolfsburg in den Gartensaal des Wolfsburger Schlosses eingeladen hatten. Das berichtet die IG Metall.
Die Veranstaltung findet traditionell kurz vor dem 1. Mai, dem Tag der Arbeit, statt.
Bürgermeister Ingolf Viereck und Hartwig Erb, 1. Bevollmächtigter der Wolfsburger IG Metall, begrüßten rund 100 Gewerkschafter sowie Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung, Kultur, Hochschulen und Kirche. Der Einladung gefolgt waren unter anderem der SPD-Bundestagsabgeordnete Falko Mohrs, mehrere Landtagsabgeordnete, Volkswagen-Personalvorstand Gunnar Kilian und der VW-Betriebsratsvorsitzende Bernd Osterloh mit der stellvertretenden VW-Betriebsratsvorsitzenden Daniela Cavallo.
Die Frage nach der Zukunft der Mitbestimmung
Vor dem Hintergrund der Digitalisierung und Transformation in der Arbeitswelt stelle sich die Frage nach der Zukunft der Mitbestimmung fast zwangsläufig, sagte IG-Metall-Wolfsburg-Chef Erb: „Insbesondere, wenn sich Veränderungen in der Arbeitswelt abzeichnen, muss Mitbestimmung ausgebaut und auch verteidigt werden. Arbeitnehmervertreter müssen sich vorausschauend mit den Zukunftstrends beschäftigen. Auch in Zeiten der Digitalisierung merken die Menschen, dass es nur gemeinsam geht.“
Wie die Weiterentwicklung der Mitbestimmung aussehen könnte, erläuterte Dr. Thomas Haipeter, der an der Universität Duisburg-Essen die Forschungsabteilung Arbeitszeit und Arbeitsorganisation leitet. Er hielt den Gastvortrag zum Thema: „Hat Mitbestimmung Zukunft?“ Haipeter präsentierte Ergebnisse aus der Forschung, skizzierte aktuelle Herausforderungen der Mitbestimmung und lieferte aktuelle Beispiele zu modernen gewerkschaftlichen Strategien aus der Praxis bei Volkswagen.
Immer weniger Beteiligung inmittelständischen Unternehmen
Nach Ansicht Haipeters steht die Mitbestimmung der Betriebsräte vor großen Herausforderungen, zu denen die Reorganisation der Unternehmen, der Strukturwandel der Beschäftigung, die Digitalisierung oder die Alterung der Belegschaften gehören. Eine Gefahr sieht Haipeter in einer wachsenden Kluft zwischen den Mitbestimmungsmustern in Großunternehmen und in kleinen und mittelständischen Unternehmen: „Während in den Großunternehmen neue Konturen einer strategischen Interessenvertretung sichtbar werden, nimmt in den kleinen und mittelständischen Unternehmen die Verbreitung der Mitbestimmung ebenso ab wie die Wirkungsmächtigkeit der Betriebsräte.“ Eine zentrale Rolle spielten in dieser Situation neue gewerkschaftliche Strategien der Erschließung von Betrieben und der Aktivierung von Betriebsräten für die Zukunftsfestigkeit der betrieblichen Mitbestimmung.
Haipeters Fazit: „Die Mitbestimmung ist und bleibt eine wichtige Institution der Arbeitsbeziehungen in Deutschland. Ihre Zukunftsfähigkeit über die Großunternehmen hinaus wird allerdings entscheidend davon abhängen, inwieweit es den Gewerkschaften gelingt, die Gründung von Betriebsräten dort zu unterstützen, wo es sie noch nicht oder nicht mehr gibt, und zugleich die Mitbestimmungspraktiken bestehender Betriebsräte zu stärken und auf die aktive Bearbeitung neuer Herausforderungen auszurichten.“
Im Anschluss an Haipeters Vortrag luden die IG Metall und die Stadt Wolfsburg die Gäste zu einem Imbiss in den Gewölbekeller ein.
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