Wolfsburg. Bürger können von der Stadt Wolfsburg nicht unter Berufung auf die sogenannte Diesel-Affäre verlangen, gewerberechtlich gegen die Volkswagen AG einzuschreiten und dem Unternehmen den Verkauf von Kraftfahrzeugen zu untersagen. Wie das Verwaltungsgericht mitteilte, hatte dies die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts in einem Eilverfahren entschieden.
Der in Potsdam wohnende Antragsteller hatte sich an das Gewerbeamt der Stadt Wolfsburg gewandt und beantragt, VW die Gewerbeausübung zu untersagen. Er machte unter anderem geltend, die Verantwortlichen des Unternehmens seien gewerberechtlich unzuverlässig; außerdem sei die Gewerbeuntersagung zum Schutz seiner Gesundheit erforderlich.
Die Behörde hatte Maßnahmen abgelehnt und zur Begründung unter anderem mitgeteilt, sie wolle die strafrechtlichen Ermittlungen abwarten. Dass solche Ermittlungen eingeleitet seien, halte sie angesichts der Unschuldsvermutung nicht für ausreichend, um eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit anzunehmen und Maßnahmen gegen das Unternehmen zu treffen. Schließlich sei eine vollständige Gewerbeuntersagung nach derzeitigem Stand auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil sie erhebliche Arbeitslosigkeit und einen gesamtwirtschaftlichen Schaden mit sich brächte.
Gesundheit nicht konkret bedroht
Den daraufhin vom Antragsteller beim Verwaltungsgericht gestellten Eilantrag gegen die Stadt Wolfsburg hat das Gericht als unzulässig abgelehnt. Zur Begründung führt die Kammer im Wesentlichen aus: Über einen Eilantrag dürfe das Verwaltungsgericht nach den allgemein geltenden prozessrechtlichen Regelungen nur dann inhaltlich entscheiden, wenn die Möglichkeit bestehe, dass der Antragsteller durch die Maßnahme einer Behörde in eigenen Rechten verletzt ist. Diese Voraussetzung sei hier nicht erfüllt. Die Regelungen der Gewerbeordnung über die Gewerbeuntersagung gäben dem Antragsteller keine eigenen Rechte; sie schützten nach ständiger Rechtsprechung nur die Allgemeinheit und die im Betrieb beschäftigten Personen. Der Antragsteller könne sich auch nicht auf sein Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz) berufen. Dass seine Gesundheit konkret bedroht wäre, sei bereits nicht dargetan. Im Übrigen habe der Staat einen weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum bei der Beantwortung der Frage, wie er seine Schutzpflichten aus diesem Grundrecht erfülle. Der Gesetzgeber sei möglichen Gesundheitsgefahren, die auf den Ausstoß von Schadstoffen zurückzuführen seien, bereits auf vielfältige Weise begegnet. Das Gericht verweist dazu auf die staatlichen Vorschriften über den zulässigen Schadstoffausstoß sowie vielfältige staatliche Aktivitäten, auch des Kraftfahrt-Bundesamtes, im Zuge der sog. Diesel-Affäre. Dass diese Vorkehrungen evident gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, sei nicht ersichtlich. Die Kammer hatte die Volkswagen AG zu dem Verfahren beigeladen.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts ist am 25. Juni ohne Verhandlung ergangen. Er wurde den Verfahrensbeteiligten inzwischen zugestellt. Gegen den Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg gegeben.
Beim Verwaltungsgericht ist noch das Hauptsacheverfahren (Klageverfahren) anhängig. Wann es in diesem Verfahren zu einer Verhandlung kommen wird, ist gegenwärtig noch nicht abzusehen.
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