Wünschewagen holt Jens Prügner nachhause

Der Wolfsburger kann Weihnachten bei seiner Familie sein. Allerdings verbringt er das Weihnachtsfest in einem Hospiz.

von


Nach elf Stunden fahrt kamen das Wünschewagen-Team Maik, Steffi und Marc-Oliver in der Klinik Bad Trissl bei München an, um Jens Prügner abzuholen.
Nach elf Stunden fahrt kamen das Wünschewagen-Team Maik, Steffi und Marc-Oliver in der Klinik Bad Trissl bei München an, um Jens Prügner abzuholen. | Foto: Der Wünschewagen Niedersachsen

Wolfsburg. Nur wenige Tage sind Jens Prügner noch vergönnt. Der unheilbar an Speiseröhrenkrebs erkrankte 40-Jährige hat möglicherweise nur noch wenige Tage zu leben. Sein einziger Wunsch: Er möchte die letzten Tage seines Lebens in seiner Heimat verbringen. Wenn auch in einem Hospiz. Doch die Krankenkasse hat den Transport aus der Klinik bei München, in der Jens Prügner zuletzt lag, abgelehnt. Dank einer spontanen Aktion des Wünschewagen Niedersachsen konnte Jens Prügner am Mittwoch dann doch in seine Heimat gebracht werden.


UPDATE: Leider gibt es traurige Informationen. Jens Prügner hat den schwersten Kampf seines Lebens verloren

Jens Prügners Ehefrau Nina berichtet im Gespräch mit regionalHeute.de, dass sie ob der Entscheidung der Krankenkasse absolut fassungslos und sprachlos sei. "Mir fehlen wirklich die Worte", sagt Nina Prügner. Ihr Mann Jens wurde wochenlang in einer Münchener Klinik behandelt. Zuletzt in einer Akutklinik am Chiemsee. Vergebens. Jens Prügner wird sterben und das schon sehr bald. "Wir sprechen hier von nur noch wenigen Tagen", sagt Nina Prügner.


Um die letzten Tage seines Lebens mit seiner Familie und in seiner Heimat verbringen zu können, sollte Jens Prügner nun in ein Hospiz nach Wolfsburg verlegt werden. Der Transport jedoch wurde abgelehnt- beziehungsweise die Kostenübernahme hierfür. Auch auf Nachfrage des Chefarztes sei die AOK hart geblieben und lehnte den Transport mit der Begründung ab, dass die Kasse nur die Transportkosten in ein Hospiz in München oder Umgebung übernehmen werde. Ein Unding, wie Nina Prügner findet. Ihr Jens sollte seine letzten Tage in seiner Heimat verbringen. Dort, wo seine Familie ihn jederzeit besuchen kann. Kurzfristig konnte Jens Prügner einen Platz im Hospiz Wolfsburg bekommen, in dem er am Mittwochabend aufgenommen wurde. Doch nur Dank der Aktion "Wünschewagen" konnte der 40-Jährige überhaupt dort hin kommen. "Ich bin so dankbar, dass sich der Wünschewagen bereit erklärt hat und mit uns Kontakt aufgenommen hat. Für die Krankenkasse habe ich keine Worte", sagt sie.

Wunscherfüllerin Stefanie Freitag mit dem Präsentekorb der Klink in Bad Trissl.
Wunscherfüllerin Stefanie Freitag mit dem Präsentekorb der Klink in Bad Trissl. Foto: Wünschewagen Niedersachsen


Das Team des Wünschewagen Niedersachsen hat sich am Dienstagabend auf den Weg gemacht, um Jens Prügner aus der Klinik in Bad Trissl abzuholen. Mittwochmorgen konnten sie ihren Patienten in Empfang nehmen und nach Wolfsburg zurückbringen. Nach 18 Stunden konnte Jens Prügner von seiner Familie in seiner Heimatstadt empfangen werden. Nachhause konnte er jedoch nicht. Die Pflege ihres Mannes hätte Nina Prügner nicht geschafft. Schon der Kinder wegen, sei es nicht möglich, Jens zuhause zu pflegen. Er ist sehr schwach und schläft sehr viel. Aber er weiß, dass er zuhause ist und ich denke, er freut sich darüber", sagt Nina Prügner.


Er ist nun in einem Hospiz. "Wir können ihn wann immer wir wollen besuchen und sogar hier übernachten. Aber es geht ihm sehr schlecht. Er ist voller Krebs und wird nur noch wenige Tage leben", erzählt sie. Wie allerdings eine Krankenkasse, in die man jahrelang eingezahlt habe, die Kostenübernahme des Transport eines Todkranken verweigern kann, das versteht die junge Frau überhaupt nicht. 2.300 Euro hätte die Fahrt von Bad Trissl nach Wolfsburg gekostet. Eine Summe, die Nina Prügner nicht hätte aufbringen können.

Krankenkasse übernimmt Kosten nicht


regionalHeute.de hat bei der AOK Niedersachsen nach dem Grund der Ablehnung gefragt. Diese erklärt die Rechtslage, an die sie als Krankenkasse gebunden sei.
Dazu heißt es:
"Die gesetzlichen Krankenkassen dürfen Fahrkosten nach dem Sozialgesetzbuch nur übernehmen, wenn sie aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. Da die Medizinische Hochschule Hannover sowie die Unikliniken in Göttingen und Heidelberg leider keine Behandlungs- und Therapiemöglichkeit der Krebserkrankung mehr gesehen haben, war diese vorgeschriebene Notwendigkeit nicht gegeben. Der Gesetzgeber schreibt zudem vor, dass der Versicherte die Mehrkosten zu tragen hat, wenn ohne zwingenden Grund eine andere als die nächsterreichbare medizinische Versorgungseinrichtung in Anspruch genommen wird.

Die Behandlung in München erfolgte auf eigenem Wunsch der Familie. Wir haben der Familie im Vorfeld mitgeteilt, dass wir die Behandlungskosten für den Therapieversuch in München bezahlen werden, die Fahrkosten dorthin und zurück jedoch leider nicht übernehmen können. Wir bedauern zutiefst, keine andere Entscheidung treffen zu können, da wir an die gesetzliche Regelung und Rechtsprechung gebunden sind."

Die Wunscherfüller Maik und Marc-Oliver kümmern sich im Wünschewagen um die medizinische Versogung des schwerkranken Jens Prügner.
Die Wunscherfüller Maik und Marc-Oliver kümmern sich im Wünschewagen um die medizinische Versogung des schwerkranken Jens Prügner. Foto: Wünschewagen Niedersachsen


Der Wünschewagen


Seit drei Jahren gibt es den Wünschewagen der ASB. Und er hat nur eine Mission: Schwer kranken Menschen soll ein letzter Wunsch erfüllt werden. Mit einem Spezialfahrzeug werden Sterbende und ihre Angehörigen von den rund 150 Wunscherfüllern aus dem gesamten Bundesland noch einmal an einen Sehnsuchtsort gebracht. Finanziert wird das Projekt, das rein durch Ehrenamtliche betrieben wird, von Spenden und Mitgliedsbeiträgen. Alle Wunscherfüller haben einen medizinischen Hintergrund und kommen entweder aus der Pflege oder sind Ärzte. So kann ein fachgerechter und dem Fahrgast angepasster Transport zum Sehnsuchtsort erfolgen, erklärt Julia-Marie Meisenburg vom Wünschwagen Niedersachsen im Gespräch mit regionalHeute.de. Drei Hauptamtliche koordinieren die Fahrten aus Hannover und sorgen dafür, dass alles glatt läuft und der Fahrgast eine angenehme Fahrt hat. Damit sich die Fahrgäste so wohl wie möglich fühlen, wurde das Fahrzeug umgebaut und wurde ganz auf die Bedürfnisse der Patienten abgestimmt. So befindet sich - neben den medizinischen Gerätschaften, die nicht gleich auf den ersten Blick zu erkennen sind - eine Musik- und DVD-Anlage im Fahrzeug. Außerdem gibt es ein Panoramadach und ein besonderes Licht- und Farbkonzept, dass die Reise so angenehm wie möglich machen soll. "Wir möchten nicht, dass unsere Fahrgäste das Gefuühl haben, sie würden in einem Krankenwagen liegen. Diese Erfahrung haben sie vorher oft genug gemacht. Wir bieten auch Sekt und Blumen an", sagt Julia-Marie Meisenburg. Seit 2017 der Wünschewagen gegründet wurde, wurden 187 Wunschfahrten organisiert und durchgeführt. "Die Fahrt von Jens Prügner war tatsächlich auch für uns eine ganz besondere Fahrt – innerhalb von fünf Stunden haben wir bis dahin noch nie eine `Reise´ organisieren dürfen", so Julia-Marie Meisenburg. Weitere Informationen über den Wünschewagen gibt es im Internet unter www.asb-niedersachsen.org/der-wuenschewagen.


mehr News aus der Region