Region. Welche Relevanz hat der christliche Glaube nach 2.000 Jahren? Gehört er ins Museum der Geschichte oder haben uns zwei- bis dreitausend Jahre alte Texte heute noch etwas zu sagen? Dass Dr. Christoph Meyns, Landesbischof der Ev.-luth. Landeskirche in Braunschweig, im Interview mit regionalHeute.de Zweiteres betont, ist klar. Außerdem äußert er sich zu Themen wie Mitgliederschwund in der Kirche, der Rolle des Islam in Deutschland, Missbrauch in der Kirche und natürlich auch zu Corona.
Die Kirche könne aus einer reichen Tradition schöpfen. Man müsse sich nur aktiv damit auseinandersetzen. Dann würde man zahlreiche Schätze finden, Texte, die einem Halt und Orientierung geben können, ist sich Christoph Meyns sicher. Die Antworten des christlichen Glaubens auf die grundsätzlichen Fragen des Lebens seien hochaktuell. Zum Beispiel, dass die Liebe die Antwort auf alles sei im Leben und dass es sich lohne, sich für die Liebe einzusetzen. Diese Botschaft lebe, das sei das Entscheidende. Die Kirche sei eigentlich nur ein Gefäß und bei weitem nicht so wichtig wie der Inhalt. Und dieser Inhalt sei ein unglaublich großer kultureller Schatz, den man pflegen müsse. Es lohne sich, diesen immer wieder zu heben und anzugucken. Da habe man nicht nur für den Einzelnen viel zu sagen, sondern auch für das gesellschaftliche Zusammenleben.
Zukunft versus Vergangenheit
Doch in der modernen, hochtechnisierten Gesellschaft habe es die Kirche nicht immer einfach, da der Blick stark auf die Zukunft und nicht die Vergangenheit gerichtet sei. Das mache es manchmal schwierig, den Anschluss zu finden. Das kirchliche Leben sei offen für Jedermann. Wer dazu gehöre, lasse sich nicht genau definieren, da manche, die Kirchenmitglieder seien, die Angebote nicht in Anspruch nehmen würden, andere, die nicht Mitglieder sind, dies aber tun würden. Der Besucherschwund bei den traditionellen Gottesdiensten sei dagegen kein neues Phänomen. Dieser hätte bereits Ende des 18. Jahrhunderts eingesetzt, nachdem es keine Pflicht an der Teilnahme mehr gegeben habe. Durch die zunehmende Öffnung der Städte habe der Gottesdienst seine Funktion als zentraler Kommunikationsort verloren. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts hätten sich die Besucherzahlen der Gottesdienste auf dem heutigen Niveau bewegt.
Zukunft des Sonntagsgottesdienst unsicher
In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts habe dann aber ein Trend zur Individualisierung eingesetzt, unter dem nicht nur die Kirchen, sondern auch die Vereine und andere Organisationen gelitten hätten. Der Mitgliederschwund sei teilweise darauf zurückzuführen. Ein weiteres Problem sei der zunehmende Fachkräftemangel. Die geburtenstarken Jahrgänge würden in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen, deutlich weniger Geistliche würden nachrücken. Daher müsse man sich auch über die Zukunft des wöchentlichen Sonntagsgottesdiensts Gedanken machen.
Im Verlaufe des 45-minütigen Gespräches mit regionalHeute.de-Chefredakteur Werner Heise, das man im obigen Video sehen und hören kann, geht der Landesbischof auch auf weitere Probleme der Kirche wie die finanzielle Lage oder die Aufarbeitung der Missbrauchsthematik ein. Zudem äußert er sich zu aktuellen Themen wie Chancen und Bedrohungen durch soziale Medien oder die Gefahr durch radikale Islamisten oder Rechtsextreme. Natürlich darf auch das Thema Corona nicht fehlen. Neben dem Thema Impfpflicht äußert sich Meyns zur Pandemie aus theologischer Sicht.
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