Berlin. Die FDP-Fraktion im Bundestag erhöht den Druck auf Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die Pläne für ein neues Staatsangehörigkeitsrecht zu überarbeiten. "Im Koalitionsvertrag haben wir einen Prüfauftrag vereinbart, wie sich Mehrstaatigkeit nicht dauerhaft über Generationen weitervererbt", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Stephan Thomae der "Welt" (Donnerstagsausgabe).
"Diese Prüfung hat das Bundesinnenministerium bislang nicht durchgeführt." Eine solche Prüfung müsse "logischerweise vor Verabschiedung des Gesetzes erfolgen". Das Bundesinnenministerium hatte in der vergangenen Woche den anderen Ressorts der Bundesregierung einen Entwurf für ein neues Staatsangehörigkeitsrecht zur Abstimmung zugeleitet. Demnach dürften Einbürgerungswillige künftig die Staatsangehörigkeit des Herkunftsstaats behalten.
Die FDP trägt das Anliegen mit, fordert aber, die Mehrstaatigkeit auf die ersten Einwanderergenerationen zu begrenzen. Es sei "sinnvoll, den ersten beiden Einwanderergenerationen, die oft noch eine starke Bindung zum Herkunftsland haben, die Mehrstaatigkeit zu erlauben", sagte Thomae. "Spätere Generationen sollten aber eine Entscheidung für eine Staatsangehörigkeit treffen. Das ist auch ein Zeichen echter Integration."
Mögliche Lösungen wären ein Optionsmodell, bei dem die betreffende Person selbst die Entscheidung zwischen ihren beiden Staatsangehörigkeiten trifft, oder ein automatischer Generationenschnitt von Gesetzes wegen, etwa ab der Enkel-Generation. Grüne und SPD im Bundestag lehnen solche Pläne ab. "Wir sind gegen einen Generationenschnitt", sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Filiz Polat. Um zu erreichen, dass andere Nationen Doppelstaatler aus der Staatsangehörigkeit entlassen, müsste die Bundesregierung Abkommen mit allen Herkunftsländern schließen.
"Es kann aber niemand wollen, dass die Bundesregierung solche Abkommen mit Despoten oder autokratischen Machthabern wie Assad oder Erdogan trifft", sagte Polat. Ein Generationenschnitt hätte überdies die Signalwirkung, "dass Deutschland `Deutsche mit Verfallsdatum` produziert". Hakan Demir, zuständiger Berichterstatter bei der SPD-Fraktion, kritisierte eine Optionspflicht durch die Hintertür. "Sie würde jungen Menschen erneut die Entscheidung aufzwingen, sich zwischen dem Land ihrer Vorfahren und dem Land, in dem sie selbst geboren und aufgewachsen sind, zu entscheiden", sagte er.
Nach wie vielen Generationen man sich dem Land der Vorfahren so verbunden fühle, dass man weiterhin die Staatsangehörigkeit dieses Landes anstrebe, sei "eine individuelle Entscheidung".
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