Hildesheim. Aufgrund der Großwetterlage und der aktuellen Vier-Wochen-Wetterprognose des Deutschen Wetterdienstes bereiten sich die Harzwasserwerke, die auch für die Oberharzer Wasserwirtschaft verantwortlich ist, auf weiterhin unterdurchschnittlichen Niederschlag und ein sogenanntes Doppeltrockenjahr vor.
Zusammen mit dem Umweltministerium und dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) wurden weitere Maßnahmen umgesetzt und vorbereitet, um die Versorgungssicherheit von rund zwei Millionen Menschen in Niedersachsen selbst im schlechtmöglichsten Fall zu garantieren. „Der bisher unterdurchschnittliche Niederschlag im Harz und die Vier-Wochen-Prognose bestätigen unsere Einschätzung, dass wir uns weiter auf ein Doppeltrockenjahr einstellen und vorsorgen müssen“, sagt Dr. Christoph Donner, Technischer Geschäftsführer der Harzwasserwerke. Im Oktober habe es nur 88 Millimeter Niederschlag im Harz gegeben und in den kommenden vier Wochen sage der Deutsche Wetterdienst trockene Verhältnisse voraus. „Die Situation ist angespannt und wir ergreifen Vorsichtsmaßnahmen, die die Versorgungssicherheit auch in Zukunft garantieren sollen“, sagt Dr. Donner. Zwar werde die Wahrscheinlichkeit, dass es tatsächlich ein Doppeltrockenjahr geben wird, für gering gehalten. „Aber wir sind sehr wachsam und beobachten jeden Tag die Entwicklung“, so Dr. Donner.
Versorgungssicherheit derzeit nicht in Gefahr
Grund zur Panik bestehe aber nicht. „Die Versorgungssicherheit ist derzeit nicht in Gefahr“, sagt Dr. Donner. Damit das so bleibt, haben die Harzwasserwerke kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen geplant und mit ihrer Aufsichtsbehörde, dem NLWKN, abgestimmt. „Die jetzige Füllung unserer Trinkwassertalsperren mit 43 Prozent ist zwar kein neuer Rekordtiefwert, aber es ist ein außergewöhnlich niedriger Wert für Oktober“, sagt Dr. Donner. „Eigentlich wäre im Oktober eine Füllung von rund 68 Prozent Standard.“ Die lange Dürre seit Februar und der außergewöhnlich hohe Wasserverbrauch hatten die Talsperren in diesem Jahr strapaziert und machten eine Vorbereitung darauf, dass möglicherweise ein Doppeltrockenjahr eintreten könnte, notwendig. Unter einem Doppeltrockenjahr versteht man das Aufeinanderfolgen von zwei Wasserwirtschaftsjahren, in denen weniger als 80 Prozent der durchschnittlichen Regenmenge fällt.
Sofortmaßnahmen
An der Eckertalsperre, die aktuell mit rund 38 % (Stand: 05.11.2018) gefüllt ist, wird die Trinkwasserproduktion von 430 Litern pro Sekunde ab sofort auf 320 Liter pro Sekunde reduziert. Durch das miteinander verbundene Leitungssystem werden die an der Eckertalsperre eingesparten fast 100 Liter pro Sekunde von der Granetalsperre übernommen. Sie produziert ab sofort mehr Trinkwasser und entlastet so die Eckertalsperre, die in Richtung Norden unter anderem an Braunschweig Trinkwasser liefert. Die Granetalsperre ist noch mit mehr als 50 Prozent gefüllt und deutlich größer als die Ecker- und Sösetalsperre. Von ihr aus führen Leitungen sowohl in den Nordosten als auch in den Nordwesten. Im Norden wird das Talsperrenwasser um Wasser aus den Grundwasserwerken der Harzwasserwerke ergänzt.
Die bereits im September an der Sösetalsperre ergriffenen Maßnahmen bleiben bestehen. So wird sich die Sösetalsperre weiter auf die Versorgung des Südens Niedersachsens konzentrieren und weiterhin nur mit 100 Liter pro Sekunde in den Flusslauf der Söse speisen.
Gleichzeitig überprüfen die Harzwasserwerke, welche Trinkwasserreserven noch im UNESCO- Weltkulturerbe Oberharzer Wasserwirtschaft kurzfristig zur Verfügung stehen.
Mittelfristige Maßnahmen
An der Okertalsperre, die aktuell mit rund 11,5 Millionen Kubikmetern Rohwasser (Stand: 05. 11. 2018) gefüllt ist, wird bei einer Füllung von 10 Millionen Kubikmetern in Absprache mit dem NLWKN die Abgabe von Wasser in den Flusslauf von aktuell 1.300 Litern pro Sekunde auf 1.000 Liter pro Sekunde reduziert werden. Die Unterwasserabgabe der Talsperren ist wichtig für Industriestandorte, die das Wasser für ihre Produktion nutzen, für das aquatische Ökosystem in den Flüssen und für die Einleitung von Klarwasser aus Kläranlagen. Darum entscheidet der NLWKN hier unter Berücksichtigung aller Faktoren, inwieweit die Unterwasserabgabe reduziert werden kann und muss. An der Okertalsperre ist zum Beispiel, sollte sie weiter fallen, noch eine weitere Reduzierung zu einem späteren Zeitpunkt möglich.
Auch an der Odertalsperre und an der Innerstetalsperre wird demnächst gehandelt werden, um so lange wie möglich das Wasser der Talsperren für die Flussunterläufe zu strecken: An der Innerstetalsperre wird noch circa drei Wochen die jetzige Menge von 600 Litern pro Sekunde an Wasser in den Flussunterlauf gegeben. Dann wird die Unterwasserabgabe in einem ersten Schritt von 600 auf 500 Liter in der Sekunde reduziert. An der Odertalsperre, die nur noch mit 21 Prozent gefüllt ist (Stand: 05. 11. 2018), wird die Unterwasserabgabe ab einem Füllstand von sechs Millionen Kubikmetern auf 900 Liter pro Sekunde reduziert. Falls der Füllstand unter die vier Millionen Kubikmeter fällt, wird die Unterwasserabgabe so eingestellt, dass nur noch so viel Wasser aus der Talsperre abgegeben wird, wie reinfließt.
Individuelle Überleitungsregeln für den Betrieb der Talsperren wurden in den wasserrechtlichen Genehmigungen ebenfalls festgelegt. „Bei besonderen Lagen werden auch an dieser Stelle Spezialregelungen angeordnet, um die Talsperren des Nordharzverbundsystems im Allgemeinwohlinteresse optimal und vorausschauend zu bewirtschaften“, erklärt Arndt Schulz von der Talsperrenaufsicht im NLWKN.
Langfristige Maßnahmen
Langfristig müssen die Anlagen der Harzwasserwerke im Harz an den Klimawandel angepasst werden. „Wir wollen wissenschaftlich überprüfen lassen, ob und wenn ja welche Maßnahmen uns langfristig helfen, noch mehr Versorgungssicherheit für unsere Kunden und Niedersachsen zu schaffen“, sagt Dr. Donner. Eine Möglichkeit ist es, Talsperren noch stärker miteinander zu verbinden, um im Hochwasser- oder Niedrigwasserfall Wasser zwischen den Talsperren zu verteilen. „Wir müssen auch überprüfen, ob unsere Anlagen genügend Fassungsvermögen haben und ob wir unsere Betriebsweise noch weiter optimieren können“, erklärt Dr. Donner. Wasserspeicher Harz soll das Projekt heißen, das die Harzwasserwerke gemeinsam mit Forschungspartnern auf den Weg bringen wollen. „Talsperren bieten als Multifunktionsspeicher in besonderer Weise die Möglichkeit, Auswirkungen des Klimawandels auf den Wasserhaushalt und auf die Wasserwirtschaft kompensieren zu helfen“, ergänzt Arndt Schulz. Die Vernetzung von einzelnen Stauanlagen zu Verbundsystemen erhöhe die Bewirtschaftungsflexibilität und schaffe Möglichkeiten des Ressourcenausgleichs: „Talsperren sind somit ein wichtiges Faustpfand für die Zukunft“, so
der NLWKN-Experte. Das Projekt Wasserspeicher Harz soll auch mit dem Niedersächsischen Wasserversorgungskonzept in geeigneter Weise verknüpft werden.
Über die Harzwasserwerke GmbH
Die Harzwasserwerke sind größter Wasserversorger Niedersachsens und beliefern als Vorversorger andere Wasserversorger, Stadtwerke und Unternehmen. Mit rund 95 Millionen Kubikmeter Trinkwasser, die pro Jahr verkauft werden, gehören die Harzwasserwerke zu den zehn größten Wasserversorgern Deutschlands. Das Wasser gewinnen die Harzwasserwerke aus Talsperren im Harz und aus Grundwasserwerken entlang ihres Leitungsnetzes. Neben dem Verkauf von Trinkwasser nehmen die Harzwasserwerke auch andere Aufgaben wahr: Mit dem Management von sechs Talsperren und den Teichen der Oberharzer Wasserwirtschaft sind sie im Harz für Hochwasserschutz zuständig. Durch die Niedrigwasserauffüllung sorgen die Harzwasserwerke dafür, dass in Zeiten ohne Regen Flüsse nicht trockenfallen. Außerdem setzen sich die Harzwasserwerke für den Naturschutz ein und erzeugen mit ihren Wasserkraftwerken grünen Strom. Auch die Pflege und Unterhaltung der historischen Oberharzer Wasserwirtschaft, die mit der Altstadt von Goslar und dem Bergwerk Rammelsberg UNESCO- Weltkulturerbe ist, übernehmen die Harzwasserwerke. Mehr über die Harzwasserwerke erfahren Sie unter www.harzwasserwerke.de.
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