Asse II Zwischenlager - Anwohner laut Koordinationskreis in ernster Gefahr

Der Asse II Koordinationskreis wirft der BGE vor, den Bau einer Konditionierungsanlage und eines Zwischenlagers mit falschen Daten forcieren zu wollen. Die leidtragenden seien die Anwohnerinnen und Anwohner.

Symbolbild.
Symbolbild. | Foto: Rudolf Karliczek

Wolfenbüttel. Nach der Veröffentlichung des Rückholplanes der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) hagelt es Kritik aus Politik und Gesellschaft. Auch der Asse II Koordinationskreis (A2K) zeigt sich enttäuscht über die aus ihrer Sicht unzureichenden Pläne. Besonders schwere Vorwürfe erhebt die Begleitgruppe aufgrund der Pläne eines Zwischenlagers für die nuklearen Abfälle aus dem havarierten Stollen. Dies soll in nächster Nähe zur Asse gebaut werden. Laut A2K würden den Anwohnerinnen und Anwohnern gegenüber zu den Risiken und Entfernungen wissentlich Falschangaben gemacht. Dies geht aus einer Pressemitteilung des Koordinationskreises hervor.


Der ausgewählte Zwischenlagerstandort werde mit falschen Daten begründet. "Es ist kein wissenschaftlicher Vergleich und schon gar nicht ein fairer Vergleich für die Asse-Region. Der Beschluss der Asse 2 Begleitgruppe, einen Vergleich zwischen Asse-nahen Zwischenlagerstandorten einerseits und andererseits mindestens zwei konkreten Asse-fernen Zwischenlagerstandorten mit größeren Abständen zur Wohnbebauung von zirka vier Kilometern wurde von der BGE ignoriert", beklagt der Koordinationskreis.

Betreiber nennt falsche Entfernungen


Weiterhin seien wesentliche externe Studien zur Rückholung und Zwischenlagerung und wichtige Kritikpunkte an den alten Studien des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) nicht berücksichtigt worden: "Rund um Asse II liegen Dörfer. Keiner der möglichen Zwischenlagerstandorte an der Asse liegt mehr als zirka 500 bis 1.000 Meter von der nächsten Wohnbebauung entfernt. Doch der Betreiber nennt falsche Entfernungen von bis zu 5000 Metern."

Schon jetzt würden aus dem Atommüll erhebliche Mengen an radioaktivem Wasserstoff (Tritium), Kohlenstoff (C-14) und Radon austreten. Diese würden über den elf Meter hohen Diffusor an die Umgebungsluft abgegeben. Der Koordinationskreis dazu: "Das dürfte mit der Rückholung und einer oberirdischen Lagerung eher mehr werden. Daher müssen vor allem die Belastungen durch Radionuklide minimiert werden. Die BGE und vorher das BfS haben dies jedoch außen vor gelassen und nur die Direktstrahlung berücksichtigt, die beim Zwischenlager für die Anwohner von geringerer Bedeutung ist."

Es droht Gesundheitsgefahr


Bei dem Atommüll aus Asse II seien aber die radioaktiven Teilchen, die über die Abluft freigesetzt werden, relevanter als Direktstrahlung. Diese Teilchen können eingeatmet werden und sich im Körpergewebe einlagern, weil Menschen, Tiere und Pflanzen im Wesentlichen aus Wasserstoff- und Kohlenstoff-Verbindungen bestehen. Irgendwann zerfallen radioaktive Wasserstoff- oder Kohlenstoffteilchen und lösen im Körper gefährliche ionisierende Strahlung aus. "Je näher Menschen an eine Quelle von radioaktiven Teilchen wohnen, desto mehr nehmen sie davon auf, desto mehr wird die Gesundheit gefährdet. Abstand tut gut", meint der Koordinationskreis und weist auf eine weitere Gefahr hin.

Lager ist nicht Katastrophensicher


Die größte Gefahr besteht darin, dass ein großes Flugzeug auf eine Konditionierungsanlage oder ein Zwischenlager stürzt und einen Brand auslöst. Das BfS hatte seinerzeit eine Störfallbetrachtung angestellt. Mit dem eindeutigen Ergebnis: Die Gefährdung der Anwohnerinnen und Anwohner nehme erst bei einem Abstand von mehr als vier Kilometern von der Anlage deutlich ab. Bei etwa einem Kilometer Abstand sei die Belastung am größten.

Die BfS-Störfallbetrachtung enthielt laut Koordinationskreis jedoch auch Schwächen, die von der BGE nicht korrigiert worden seien. Beispielsweise sei der mittelradioaktive Atommüll (zirka 16.000 Behälter), die Strahlenbelastung aus der Konditionierung und die Dauerbelastung über Jahrzehnte nicht berücksichtigt worden. Auch wurde nicht bekannt gegeben, welcher Flugzeugtyp zugrunde gelegt wurde. Von den etwa 126.000 Atommüllgebinden wurden für den Störfall nur 24 defekte Behälter angenommen.

Muss der Atommüll wirklich an der Asse gelagert werden?


Laut einer Studie von 2011, auf die sich der Koordinationskreis beruft, sei der Abtransport der radioaktiven Abfälle an einen Zwischenlagerstandort ohne Wohnbebauung in der näheren Umgebung absolut möglich. Diese Studie werde jedoch im Rückholplan nicht einmal erwähnt. Das BfS hätte seinerzeit hingegen ein Transport-Szenario dargestellt, bei dem je zwei Atommüll-Container auf einen LKW geladen werden und die Direktstrahlung auf einen Fahrer in der Fahrerkabine wirkt. "Dieses absurde Szenario hat die BGE übernommen", kritisiert der A2K und erklärt: "Selbstverständlich hat Asse II einen Bahnanschluss und der Atommüll könnte per Bahn abtransportiert werden. Dabei kann ein Abstand von etlichen Metern zwischen Atommüll-Containern und der Lok hergestellt werden. Es ist unerfindlich, wie das BfS einerseits Transporte von hochradioaktivem Atommüll in Castortransporten mit harter Neutronenstrahlung quer durch die Republik nach Gorleben genehmigt – aber bei gut abschirmbarer Strahlung des weniger strahlenden Atommülls in Asse II plötzlich angeblich unüberwindliche Probleme entstehen sollen. Mit überhöhten Annahmen zur angeblichen Belastung der Mitarbeiter wurde eine falsche Bewertung durchgeführt."

Zwischenlager soll "erzwungen" werden


Alles laufe laut des Koordinationskreises darauf hinaus, die Errichtung von Konditionierungsanlagen und die Zwischenlagerung von Atommüll an der Asse mit unzutreffenden Daten "erzwingen" zu wollen, ohne vorher die rechtliche Zulässigkeit der Planungen und der Rückholung insgesamt zu klären. Der A2K müsse den BGE-Rückholplan daher als fehlerhaft und unzureichend zurückweisen.


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