Berlin. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat sich erneut für die Lieferung von weitreichenden Waffen an die Ukraine ausgesprochen. "Frieden kann es nicht mit der Pistole auf der Schläfe geben", sagte sie am Donnerstag nach einem Treffen mit dem britischen Außenminister David Cameron. "Wer das ignoriert, dass es ein Vernichtungskrieg ist, dass man jetzt alles mobilisieren muss, damit die Ukraine zum Frieden kommen kann, der handelt fahrlässig."
Es brauche "mehr Munition, mehr Luftverteidigung, mehr weitreichende Waffen, damit die Ukraine ihr Überleben sichern kann". Ob sie damit auch die Taurus-Marschflugkörper meint, wollte sie auf Nachfrage nicht konkretisieren. Zugleich wiederholte sie nicht explizit die Position von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der eine Taurus-Lieferung ausschließt, weil Deutschland aus seiner Sicht damit Kriegspartei würde. "Bestimmte Dinge diskutiert man nicht auf offener Bühne auf einer Pressekonferenz", sagte Baerbock. "Mit Blick auf die weitreichenden Waffen möchte ich unterstreichen, dass dazu eine Vielzahl von Waffensystemen zählt."
Ihr britischer Kollege David Cameron, dessen Land bereits Marschflugkörper des Typs Storm Shadow geliefert hat, erklärte, jedes Land müsse selbst entscheiden, ob es Langstreckensysteme liefern wolle. "Ich kann nur für uns sprechen und sagen, dass wir feststellen mussten, dass die Waffensysteme, die wir bisher der Ukraine geliefert haben, eben dabei geholfen haben, sich gegen diesen schrecklichen Angriff zu wehren", so Cameron.
Er frage sich natürlich, was man noch tun könne. Zu jedem Zeitpunkt seit Kriegsbeginn habe es geheißen, die Lieferung bestimmter neuer Waffensysteme werde zu einer Eskalation führen, sagte der britische Außenminister. "Nein, das ist nicht der Fall. Wenn das, was Sie tun, einem Land dabei hilft, sich zu verteidigen gegen einen Angriff, der illegal und völlig ungerechtfertigt ist, dann sollte nichts sie davon abhalten, dieses Land in dieser Art zu unterstützen, damit es sein Territorium wieder zurückerobern kann."
Zu möglichen Streitpunkten auch in Hinblick auf die jüngste Abhör-Affäre wollte sich Baerbock nicht öffentlich äußern. "Die Geschlossenheit und die Entschlossenheit war unsere Stärke der Partner der Ukraine", sagte sie. "Dieser Krieg ist ein hybrider Krieg." Er werde auch mit perfiden, aber auch strategisch gesetzten Mitteln der Destabiliserung von Demokratien geführt, so Baerbock. "Wenn wir unterschiedliche Sichtweisen haben, dann diskutieren wir das hinter verschlossenen Türen gemeinsam, denn wir werden uns von Putin, egal welche Mittel und Methoden er noch auffährt, nicht spalten lassen - weder innerhalb unserer nationalen Demokratien in Deutschland und Großbritannien, noch zwischen uns als europäische Partner in der EU oder der Nato."
In der vergangenen Woche hatten sich der Bundeskanzler und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron über eine mögliche Stationierung europäischer Bodentruppen in der Ukraine gestritten. Während Macron "in der Dynamik" nichts ausschließen wollte, hat Scholz eine Entsendung von Bundeswehr-Soldaten kategorisch ausgeschlossen.
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