Bauern-Protest in Braunschweig: "Undemokratisch und beleidigend"

Eine Bundestagsabgeordnete der SPD folgte der Einladung und versuchte am Montag mit den Bauern ins Gespräch zu kommen - zuhören wollte aber niemand.

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Dunja Kreiser sprach beim Bauernprotest vor dem Schloss in Braunschweig. Es hagelte Unmutsbekundungen.
Dunja Kreiser sprach beim Bauernprotest vor dem Schloss in Braunschweig. Es hagelte Unmutsbekundungen. | Foto: Carl Pinkert

Braunschweig. Aktuell läuft noch die Aktionswoche der Landwirte. Die ganze Woche über finden überall im Land etliche Protestaktionen statt. Neben Blockaden gibt es auch Ortskundgebungen, so wie am Montag in Braunschweig. Vor dem Schloss kamen rund 2.000 Bauern, Spediteure und andere Unterstützer zusammen. Dort wollte man auch mit Politikern ins Gespräch kommen. Die Wolfenbütteler Bundestagsabgeordnete Dunja Kreiser (SPD) folgte der Einladung. Mehr als Pfiffe, Buhrufe und persönliche Beleidigungen hatte die Menge aber nicht für sie übrig.



Kreiser hatte eine Rede vorbereitet, sie bezeichnet sich selbst als Dorfkind, ist mit vielen Landwirten in der Region verknüpft und pflegt als gewählte Abgeordnete einen direkten Austausch. So sei es für sie auch selbstverständlich gewesen, der Einladung des Niedersächsischen Landvolkes Ortsgruppe Braunschweiger Land zu folgen.

Doch was sie auf dem Vorplatz des Braunschweiger Schlosses erwartete, damit hatte sie nicht gerechnet, berichtet sie im Gespräch mit regionalHeute.de - die Teilnehmer hätten sich undemokratisch und beleidigend verhalten.

Alle gegen eine


Kreiser sah sich einer Menge von rund 2.000 Menschen gegenüber. Auf der Bühne wollte die Politikerin sich zunächst für die Hilfe der Landwirte bei der Bewältigung des Hochwassers bedanken, wünschte viel Erfolg angesichts der gefährdeten Ernte.

In der Rede wies sie darauf hin, dass es das gute Recht der Landwirte sei zu demonstrieren. Sie habe bereits im Vorfeld gesagt, dass die Landwirte in der Region allesamt friedliche und vernünftige Menschen seien. Öffentlich seine Meinung zu äußern und sich zu versammeln, sei ein grundlegendes Recht, das in einer demokratischen Gesellschaft geschätzt und geschützt werden sollte.

Ihr schlug allerdings ein Gewitter der Ablehnung entgegen. Ihre rund 15 Redeminuten wurden durchgehend durch laute Buhrufe, Unmutsbekundungen, Pfiffe und Beleidigungen (teils deutlich unter der Gürtellinie) untermalt. Äußerungen wie "Halt die Fresse, du rote ...", "Du alte Scheißkuh" und weitaus Schlimmeres waren zu vernehmen.

Zu einem wirklichen Austausch sei es leider nicht gekommen. Dazu die Bundestagsabgeordnete: "Wenn man mich einlädt, komme ich in der Regel auch zu Demonstrationen, sofern sie freiheitlich-demokratisch durchgeführt werden. Aber dann muss man mir auch zuhören, und das hat in keinster Weise stattgefunden. So kann man nicht miteinander reden."

Nicht nur einzelne


Es seien auch nicht nur Zwischenrufe einzelner Beteiligter oder eine Unterwanderung rechter Gruppierungen gewesen, wie es seitens der Verbände oft abmildern dargestellt wird. Vielmehr hätte die Menge geschlossen die Rede der Abgeordneten übertönt, auch die Interventionsversuche des Landvolk-Vorsitzenden Karl-Friedrich Wolff von der Sahl hätten hier nichts bewirkt.

Auch wenn es keinen direkten Personenschutz gab, hat die Polizei ihre Präsenz bei der Veranstaltung deutlich erhöht, um die Sicherheit aller Beteiligten zu gewährleisten. So ließ sich die Abgeordnete nicht davon abbringen ihren Redebeitrag zu vollenden. Sie habe sich auch nicht vom Gegenwind mundtot machen lassen wollen.

Es gebe bereits ein Entgegenkommen


Wie Kreiser berichtet, habe man den anfänglichen Protest in der Regierung ja durchaus angenommen. So seien die Sparmaßnahmen bereits zurückgestuft worden; ein Kompromiss. Diesen müsse man nun aber auch annehmen, so die Abgeordnete.

Kreiser erklärt den Kompromiss in ihrer Rede:
"So wird es einerseits weiterhin keine Kfz-Steuer für land- und forstwirtschaftliche Maschinen geben. Andererseits werden die Steuerbegünstigungen beim Agrardiesel nicht in einem Schritt abgeschafft, sondern schrittweise reduziert. So wird betroffenen Unternehmen mehr Zeit zur Anpassung gegeben. Im Jahr 2024 erfolgt eine Reduzierung des Entlastungssatzes um 40 Prozent.

In den Jahren 2025 und 2026 wird jeweils eine weitere Reduzierung um 30 Prozent erfolgen, so dass für im Jahr 2026 verbrauchte Mengen keine Subvention mehr erfolgt. Die Rück-Vergütung der im Jahr 2023 verbrauchten Mengen im Jahr 2024 erfolgt unverändert. Und ich gehe noch weiter, wir müssen über die Nutzung von Heizöl sprechen, wobei klar sein muss, dass auch da Preissteigerungen kommen, aber als Übergangslösung sicherlich ein einfaches Instrument, wie der Weiterbetrieb der Kohlenergie."


Berlin wird darüber sprechen


Auf der heutigen SPD-Klausursitzung werde man über die aktuelle Situation sprechen. Dazu gehöre neben vielen anderen Haushaltsthemen natürlich auch die Situation der Landwirte.

Angesichts der vehementen Proteste, die sich auch generell gegen die Regierung richten, werde man zudem über anti-demokratische Strömungen sprechen. Ein Problem, das sich aktuell unter viele Themen mische. So würde es auch Umsturzfantasien bei vielen Protestlern geben, die so nicht hinnehmbar seien.

Viele der Landwirte in der Region Braunschweig seien Kreiser persönlich bekannt: "Viele Landwirte und Landwirtinnen die da waren, die kenne ich auch, das sind alles vernünftige und redliche Menschen." Aber wie sich diese Menschen teils mitreißen ließen und welche Sogwirkung rechte Gruppierungen hätten, das sei bedenklich.

Kreiser sieht ganz klar eine Unterwanderung aus dem rechten Spektrum. Wie gefährlich dies sei, dass sehe man aktuell auch am Beispiel des geheimen Treffens der Neuen Rechten, über welches das Correctiv kürzlich berichtete. Daran hatten auch Mitglieder der AfD teilgenommen - und es sei daher absolut notwendig, sich weiterhin mit dem Rechtsruck in der Gesellschaft auseinanderzusetzen. So die Bundestagsabgeordnete.


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