6. Prozesstag im Fall Manczak: Polizeiaussagen bringen weitere Details ans Licht

Am heutigen Prozesstag sagten sechs Polizeibeamte im Fall Karsten Manczak aus.

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Der Angeklagte Martin G. (rechts) mit seinen Verteidigern Martin Nitschmann und Andreas Zott.
Der Angeklagte Martin G. (rechts) mit seinen Verteidigern Martin Nitschmann und Andreas Zott. | Foto: Anke Donner

Braunschweig/Goslar. Während des sechsten und letzen Prozesstages im Fall Manczak in diesem Jahr, ging es einzig um die Ermittlungsergebnisse der Polizei und deren Berichte zum mysteriösen Verschwinden des 51-Jährigen. Sechs Polizisten der Ermittlungsgruppe "Fortuna", die später zur Mordkommission "Fortuna" wurde, sagten im Zeugenstand aus.



Der angeklagte Bundespolizist Martin G. machte auch an diesem Tag von seinem Recht zu schweigen gebrauch und verfolgte, wie auch in den vergangenen Prozesstagen, die Aussagen der Zeugen augenscheinlich ungerührt. Nur hin und wieder kommentierte er diese mit einem Stirnrunzeln oder Augenrollen. Ansonsten blieb G. stumm. Das Reden übernahmen an diesem Tag seine Anwälte Martin Nitschmann und Andreas Zott, die auch am heutigen Gerichtstag immer wieder das Haar in der Ermittlungs-Suppe suchten und etliche Aussagen kritisierten und Ermittlungsabläufe in Frage stellten.


Viele Details des Falls wurden erst im Laufe des Prozesses - und insbesondere am heutigen Tag - offengelegt. Zum Beispiel, dass G. teilweise mit falschen Identitäten knapp 80 Hotelreservierungen im Harz vorgenommen haben soll, um sich mit seiner Geliebten, der Frau des vermissten Karsten Manczak, zu treffen. Die Ermittlungen der Polizei hätten ergeben, dass G. unter mindestens zwei falschen Namen die Buchungen getätigt habe. Auch unter seinem richtigen Namen wurden Hotelzimmer in Goslar, Vienenburg und Wöltingerode gebucht. Datenabgleiche und dem Hotelpersonal vorgelegte Fotos würden daraufhin deuten, dass es der Angeklagte war, der die Hotelzimmer bezog.

G. und die gefälschten Identitäten


Ein Name tauchte schon während der vorangegangenen Prozesstage immer wieder auf und spielte auch heute eine wichtige Rolle. Ein von einem Markus B. verlorener Personalausweis wurde benutzt, um einen Handyvertrag abzuschließen. B selbst könne dies nicht getan haben, da er sich mittlerweile im Ausland aufhalte. Zudem habe B. den Verlust seines Ausweises gemeldet, als er 2018 vom Flughafen Hannover aus nach Malta auswanderte. Bei einem Zwischenstopp in Wien sei ihm der Verlust des Passes aufgefallen. Spätere Ermittlungen hätten ergeben, dass die Rufnummer des Handys, welches mit den Daten B.´s erworben wurde, dem Angeklagten zugeordnet werden konnte.


Den Namen soll G. auch benutz haben, um Hotelreservierungen vorzunehmen. Auch ein Ebay-Account wurde unter dem Namen Marcus B. angelegt. Über diesen Account soll G. später Bauzäune gekauft haben, deren Verbleib bis heute nicht geklärt ist. Weiter hätten die Ermittlungen ergeben, dass der Bundespolizist G. von seiner Dienststelle aus, einige Namen abgefragt habe. Darunter auch Marcus B.

Auch eine Pistolen-Armbrust samt Pfeilen soll der Angeklagte gekauft haben. Eine Armbrust, wie sie als Tatwaffe vermutet wird.


Von der Telefonnummer aus, die unter B.´s Namen abgeschlossen wurde und die während der Ermittlungen zu G. führte, wurden Telefongespräche und Nachrichten verschickt. Auch an Karsten Manczak. Dass G. dieses Telefon in seinem Besitz hatte und damit telefoniert haben muss, hätten Funkzellenauswertungen ergeben, berichten die Polizisten der Mordkommission "Fortuna" im Zeugenstand. Auch die anonyme Nachricht, in der Manczak auf das Verhältnis seiner Ehefrau hingewiesen wurde, sei von dieser Nummer verschickt worden.

Der anonyme Brief


In einem Brief, den Manczak vor mehr als einem Jahr an seinem Auto gefunden haben soll, soll er ebenfalls auf die Affäre seiner Frau aufmerksam gemacht worden sein. Dr. Ralf Polomski, vorsitzender Richter in diesem Verfahren, verlas besagten Brief, in dem es wie folgt heißt:
"Sehr geehrter Herr Manczak, ich hatte Sie bereits mehrere Male per SMS angeschrieben, Telefonnummer (wird an dieser Stelle von uns nicht veröffentlicht). Aufgrund der unbekannten Handynummer gehe ich davon aus, dass Sie die Nachrichten ignoriert haben. Als alteingesessener Alt-Döhrener kenne ich Sie, Ihre Mutter und Ihre Familie sehr gut. Mit Erschrecken musste ich sehen, wie Ihre Ehefrau Sie mit einem anderen Mann in einer eindeutigen Situation hintergeht! Ich konnte mit meinem Handy Fotos von dieser Verfehlung machen. Ich denke, dass Sie daran sehr interessiert sind und stelle Ihnen die Bilder, als heimatverbundener Groß Döhrener ohne eigene Ansprüche zu haben, zu Verfügung."

Dann soll Manczak aufgefordert worden sein, an bestimmten Abenden im November des vergangenen Jahres - am besten zu Fuß -zum Friedhof in Groß Döhren zu kommen. Dort sollten dann die Bilder hinterlegt werden. Bei der angegebenen Mobilnummer soll es sich um die auf Marcus B. zugelassene Nummer handeln.

Wie der mit diesen Ermittlungen befasste Polizist vor Gericht aussagte, sei der anonyme Brief auf dem Dienstrechner von G. geschrieben worden. Ein entsprechendes Word-Dokument wurde auf dem Computer gefunden und auch in einer Mail, die G. von seinem Dienst-Account an seine private Emailadresse schickte, tauchte das Dokument auf. Der Brief soll später auf einem Drucker auf dem Flughafen Hannover ausgedruckt worden sein. Das hätten die Ermittlungen ebenfalls ergeben.

Die Mietfahrzeuge


Immer wieder in dem Verfahren tauchen von G. gemietete Autos auf, die von der Polizei im Laufe der Ermittlungen in Zusammenhang mit dem Verschwinden von Karsten M. gebracht werden konnten. Insgesamt vier Fahrzeuge soll G. in den vergangenen Monaten bei einer Autovermietung gemietet haben - ein Fiat 500, ein Toyota Aygo, ein Fiat Tipo und einen Iveco-Transporter.

In welchem Zusammenhang die Fahrzeuge mit dem Fall Manczak stehen, wie die Polizei bei den Verhören vorging und warum die Verteidigung diese Ermittlungsmethoden teilweise in Frage stellt, lesen Sie morgen in einem weiteren Bericht über den 6. Prozesstag im "Mordfall ohne Leiche".


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