Braunschweig. Bereits am vergangenen Sonntagabend soll der Sprecher des Stadtschülerrates, Atakan Koçtürk, in seinem eigenen Büro vom Wachdienst rassistisch beleidigt und anschließend als Einbrecher bezeichnet worden sein. Nachdem der Fall nun öffentlich gemacht wurde, haben sich sowohl Stadtverwaltung als auch Politik klar positioniert.
Koçtürk soll am Sonntagabend von Personen der Wach- und Schließgesellschaft, einem externen Dienstleister der Stadt Braunschweig, mit rassistischen Worten zunächst beleidigt und dann als Einbrecher und Dieb bezeichnet worden sein, als er in sein Büro wollte. Im weiteren Verlauf soll der Wachschutz dann die Polizei gerufen haben, die dem Sprecher die Schlüssel, die er von der Stadtverwaltung ausgehändigt bekommen hatte, abgenommen und ihn anschließend des Gebäudes verwiesen habe.
Stadt verspricht lückenlose Aufklärung
Die Stadt Braunschweig berichtet am Donnerstag in einer Pressemitteilung, dass sie von Koçtürk über den geschilderten Vorfall in Kenntnis gesetzt worden sei und man sich nun mit diesem im kontinuierlichen Austausch befinde. "Die Stadt wird diesen Vorfall schnellstmöglich lückenlos aufklären und die erforderlichen Konsequenzen ziehen. Daher wurde die zuständige, von der Stadt beauftragte Sicherheitsfirma gestern aufgefordert, bis morgen Stellung zu dem Vorfall zu nehmen, insbesondere auch zu den vom Sprecher des Stadtschülerrats geschilderten, nicht tolerierbaren rassistischen Äußerungen. Die Stadt Braunschweig verurteilt jegliche Form von Diskriminierung und duldet auch bei ihren Auftragnehmern keinerlei rassistisches Verhalten und diskriminierende Äußerungen", so die Stadt.
Maßnahmen der Stadt
Der Sprecher des Stadtschülerrats sei berechtigt gewesen, auch am Wochenende das Gebäude zu betreten. Dies sei der Sicherheitsfirma im Vorfeld aber nicht mitgeteilt worden, räumt die Stadt ein. Für die Zukunft werde die Stadt deswegen folgende Optimierungen vornehmen, damit sich solche Fälle nicht wiederholen: Der Sprecher des Stadtschülerrats erhält einen Transponder zusätzlich zum Schlüssel, damit die Alarmanlage nicht auslöst. Es würden auch Nachweise ausgestellt, die die Mitglieder des Stadtschülerrats als solche ausweisen, der Sprecher soll seinen Nachweis bereits mit dem Schlüssel und dem Transponder erhalten.
Pantazis zu dem Vorfall
Koçtürk hat sich nach dem Vorfall an den SPD-Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden des SPD-Unterbezirks Braunschweigs, Dr. Christos Pantazis gewandt. Dieser fand klare Worte zu dem Vorfall.
"Herr Koçtürk hat mich persönlich über den Vorfall informiert. Ich bin schockiert und entsetzt über derartige Vorkommnisse in Braunschweig. Diese rassistischen Äußerungen gegenüber Menschen widersprechen dem Wesen der Stadt Braunschweig und unseren Werten! Sollte sich das Geschilderte tatsächlich so zugetragen haben, fordere ich alle Beteiligten auf, den Fall lückenlos aufzuklären", so Pantazis.
Die Aufklärung des Vorfalles müsse über eine Entschuldigung für Herrn Koçtürk hinausgehen. Für Rassismus gebe es keinen Platz und auch keine Rechtfertigung. "Derartige Vorfälle offenbaren leider immer wieder, wie viel Arbeit im Bereich der Antidiskriminierung noch vor uns liegt – auch in Braunschweig", erklärt Pantazis. "Ich kenne Herrn Koçtürk als engagierten Genossen und Juso und bedauere es daher zutiefst, dass er als ein junger Mensch eine solch leidvolle Erfahrung machen musste. Daher habe ich ihm empfohlen, sich an die Antidiskriminierungsstelle der Stadt zu wenden. Herrn Koçtürk hat meine volle Solidarität", so der SPD-Politiker abschließend.
Grüne fordern Taten
Auch die Ratsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen in Braunschweig findet am Donnerstagabend deutliche Worte. In einer Pressemitteilung heißt es: "Wir sind sehr bestürzt über das, was am Sonntag in der Kleinen Burg geschehen ist. Unseres Erachtens handelt es sich eindeutig um einen rassistischen Vorfall, der völlig inakzeptabel ist. Die deutliche Reaktion der Stadt Braunschweig begrüßen wir daher sehr. Es ist gut und richtig, dass die Verwaltung den Vorfall schnellstmöglich lückenlos aufklären und die erforderlichen Konsequenzen ziehen will. Auch wenn die Sicherheitsfirma nicht ausreichend informiert wurde, hätte der Wachmann den SSR-Sprecher nicht so behandeln dürfen, wie er es getan hat.
Längst nicht alle Vorfälle dieser Art werden bekannt. Es dürfte eine hohe Dunkelziffer und viele Vorfälle geben, die nicht öffentlich werden, auch hier in Braunschweig. Der Vorfall in der Kleinen Burg stellt u. E. nur die Spitze des Eisbergs dar. Bei Diskriminierung jedweder Art – insbesondere rassistischer - müssen wir genauer hinsehen und dürfen diese nicht tolerieren. Wir erwarten, dass Polizisten und andere Sicherheitskräfte besser geschult werden, um Diskriminierung und Rassismus in unserer multikulturellen Gesellschaft zu vermeiden. Im Falle der Polizei ist dies ein Thema für unsere Braunschweiger Landtagsabgeordneten. Private Sicherheitsfirmen, die kommunale Liegenschaften bewachen, müssen von unserer Stadtverwaltung in die Pflicht genommen werden. Dem Statement der Pressestelle sollten also Taten folgen", so die Grüne Ratsfrau und Bürgermeisterin Cristina Antonelli-Ngameni, die auch Sprecherin für Vielfalt und Integration ist.
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