...auf dem Rücken der Pferde

von Robert Braumann




Braunschweig. Diese Tiere beeindrucken wirklich. Ob wehende Fahnen, Schüsse, Bengalische Feuer oder laute Menschenmassen. Die Pferde der Braunschweiger Reiterstaffel lassen sich kaum aus der Ruhe bringen und helfen der Polizei bei ihrer schwierigen Arbeit.

Die Reiterstaffel Braunschweig verfügt über einen Bestand von 20 Pferden. 18 Dienstpferde und zwei in der Ausbildung. Dazu kommen 20 Reiter und Reiterinnen. Der Einsatzbereich ist weit gefächert. Neben dem Schutz von Natur- oder Landschaftsschutzgebieten, Parkanlagen oder Badeseen und der Prävention und Präsenz in Naherholungsgebieten, werden regelmäßig auch innerstädtische Bereiche bestreift. Dabei werden immer wieder deliktspezifische Brennpunkte (zum Beispiel Jugendkriminalität oder Vandalismus) angeritten. Ein weiterer wichtiger Punkt:  der gezielte Einsatz bei Veranstaltungen. Vatertagswanderungen, Maifeiern oder Fußballspielen. Hier kam die Staffel sogar in benachbarten Bundesländern (Hamburg und Bremen) zum Einsatz. Auch bei den wiederkehrenden Castor-Transporten ins Wendland, ist der Einsatzwert der Polizeipferde hoch.



Die Einsätze sind für Pferd und Reiter häufig eine große Belastung. "Zum Teil müssen Tier und Mensch bis zu zehn Stunden stehen. Das geht beim Pferd auf den Rücken und die Gelenke und auch der Reiter spürt am nächsten Tag jeden Knochen. Besonders hart wird das im Winter. Es gibt zwar sehr gute Bekleidung, aber die Füße bleiben einfach nicht warm. Wir scherzen immer, wer bei uns den ersten Winter übersteht, der hat es geschafft.", erzählt Polizeibeamtin Heike Barck. Sie ist seit 20 Jahren bei der Reiterstaffel dabei und besonders für die dickköpfigen, kräftigen Tiere zu haben.

Warum eigentlich Pferde?


Die Polizistin erzählt: "Allein die Präsenz der Polizeipferde kann dazu führen, dass Situationen nicht eskalieren. Der natürliche Respekt des Menschen vor dem Pferd, aufgrund seiner Größe und Ausstrahlung, kann zur Beruhigung beitragen und die Arbeit erleichtern. Von oben hat man zudem einen wirklich guten Überblick, auch bei größeren Menschenmengen und kann alles gut sehen." Auch im Rahmen der polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit kommen die Pferde zum Einsatz. "Die Bürger trauen sich eher uns anzusprechen, wenn wir auf einem Pferd sitzen. Am Streifenwagen zu klopfen, da haben viele aus verständlichen Gründen eine größere Hemmschwelle.", so Barck.

Umfassende Ausbildung nötig


Die Ausbildung zur Polizeireiterin oder zum Polizeireiter setzt das abgeschlossene (Polizei-)Studium an der Polizeiakademie Niedersachsen voraus. Eine daran anschließende Verwendung in der Bereitschaftspolizei sowie im Einsatz- und Streifendienst ist grundsätzlich notwendig. Reiterliche Vorkenntnisse sind allerdings nicht erforderlich. Die Ausbildung bei der Reiterstaffel dauert ein halbes Jahr. Sie umfasst in Theorie und Praxis das Reiten in der Dressur, im Springen, im Gelände sowie im geschlossenen Verband.



Darüber hinaus werden weitere Kenntnisse über die Reitlehre, über die Haltung und Pflege von Pferden sowie über Veterinärkunde vermittelt. Dazu gibt es immer wieder Fortbildungen.

Nicht jeder ist geeignet


Dabei ist es gar nicht so leicht die Tiere auf den Dienst vorzubereiten. Denn Pferde sind eigentlich Fluchttiere und auch nicht besonders gut geeignet schwere Lasten zu tragen. Deshalb ist ein umfassendes Training unabdingbar. Besonders für den Rücken muss einiges getan werden. Sonst machen die starken Begleiter nicht lange mit. In der Regel handelt es sich bei den Pferden der Braunschweiger Reiterstaffel um "Hannoveraner". Diese Rasse zeichnet sich durch eine starke Belastbarkeit, ein verhaltenes Temperament und ein robustes Gesamtverhalten aus. Gepaart mit einem relativ starken Nervenkostüm und einer hohen Reizschwelle, sind sie wie geschaffen für den Job.



In erster Linie kauft die Reiterstaffel Wallache im Alter von drei bis fünf Jahren. Wallache sind grundsätzlich ausgeglichener und friedfertiger als Stuten und Hengste. Der Preis liegt bei rund 6.000 Euro. Dazu hat jedes Pferd einen eigenen Sattel, der Preis liegt bei rund 3.000 Euro. In Braunschweig gibt es momentan das Problem, dass wenige sehr erfahrene Tiere in der Staffel sind. Das Land hatte einige Jahre keine Gelder bereitgestellt. Es konnte nicht für Nachwuchs gesorgt werden. Jetzt kommen jedes Jahr wieder zwei neue Anwärter in die Löwenstadt. Es wird aber etwas dauern, bis die Altersstruktur optimiert ist. Bis zum 22 Lebensjahr kann ein Pferd ungefähr in der Reiterstaffel bleiben, wenn es nicht schon vorher körperliche Probleme bekommt. Anschließend geht es in den wohlverdienten Ruhestand. "Es kann gut passieren, dass ein Reiter das Tier dann bei sich aufnimmt. In jedem Fall wird ein schönes Zuhause gesucht. Es sind keine Schlachttiere, wenn sie die Polizei verlassen.", so Heike Barck.

So viel zu lernen


Doch wie werden die Tiere eigentlich auf alles vorbereitet? "Es gibt eine umfassende Ausbildung für den Einsatz. Grundlagen der Dressur, des Springens und des Geländereitens werden erlernt und eine intensive intensive spezielle polizeiliche Ausbildung. Dabei werden die Tiere an akustische und optische Umweltreize gewöhnt. Durch einen Vertrauensaufbau wird versucht den natürlichen Instinkt, vor Unbekanntem und Ungewöhnlichem zu flüchten, entgegen zu wirken.", so Barck. Die Pferde werden langsam und anfangs stets in Begleitung älterer und erfahrener Einsatzpferde an derartige Dinge, wie z.B. im Wind wehende Fahnen, bunte Luftballons, rasselnde Dosen, Schreckschussrevolver oder gar offenes Feuer herangeführt.



Auch das Reiten im Straßenverkehr ist Teil der Ausbildung. Das Lernen ist nie abgeschlossen und wird nach der Prüfung fortgeführt. In einer kleinen Vorführung zeigt Heike Barck mit ihrem Team, wie belastbar die Pferde nach der Ausbildung sind. Alle Umweltreize werden ignoriert. Ein untrainiertes Tier würde bei dem Lärm und den unbekannten Eindrücken in der Trainingshalle schnell in Panik verfallen. Die Ausbildung kann bis zu 18 Monaten dauern. Einige Anwärter werden hier ausgesiebt. Wenn festgestellt wird, dass sie doch nicht in die Staffel passen. Sie werden dann weiterverkauft. "Es ist wichtig, dass Pferd und Reiter sich absolut vertrauen. Die Tiere wiegen zwischen 600 und 700 Kilo. Wenn da etwas schief läuft, kann es schnell Verletzungen geben. Deshalb ist die umfassende Ausbildung unabdingbar.", so Barck. Die tierischen Helfer werden im übrigen dreimal pro Tag gefüttert. Zwar gibt es einen Stalldienst, der sich kümmert. Das heißt aber nicht, dass die Beamten nie an der Stallarbeit beteiligt sind. Es muss auch schon einmal mit angepackt werden, um alle Boxen sauber zu halten. Alles in allem, liegt das Glück dieser Erde bestimmt auch auf dem Rücken der Pferde. Die Einsätze, die Ausbildung und das tägliche Training, sind aber auch sehr harte Arbeit für Mensch und Tier.


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