Ausnüchterung im Polizeigewahrsam: Modellprojekt soll neuer Standard werden

Das Brauschweiger Projekt habe sich bewährt - nun soll es in den Regelbetrieb übergehen.

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Symbolfoto. | Foto: Bundespolizei

Braunschweig. Das von der Stadt Braunschweig gemeinsam mit der Polizeiinspektion Braunschweig und dem Städtischen Klinikum entwickelte Modellprojekt zur Ausnüchterung stark alkoholisierter Menschen im Polizeigewahrsam soll in den Regelbetrieb überführt werden. Das schlägt die Stadtverwaltung dem Rat zur Beschlussfassung vor.



Das zweijährige Pilotprojekt war am 1. Oktober 2020 gestartet, wurde aber aufgrund der Corona-Pandemie nach zwei Monaten unterbrochen. Die Fortsetzung des Projektes erfolgte zum 1. November 2021 und endet nunmehr planmäßig nach weiteren 22 Monaten am 31. August. Dies teilte die Stadt mit.

Rettungsdienst wird entlastet


Projektziel war und ist, nur diejenigen alkoholisierten Patienten im Krankenhaus zu behandeln, die auch eine medizinische Therapie benötigen. Personen, die lediglich ausnüchtern müssen, sollten dies unter ärztlicher Überwachung im Polizeigewahrsam tun. Zuvor waren Personen, die insbesondere nachts und am Wochenende aufgrund von starker Alkoholisierung Hilfe benötigten, überwiegend ins Krankenhaus eingeliefert worden und verblieben dort zur Ausnüchterung.

Grundlage des Vorschlags ist der jetzt vorgelegte Abschlussbericht. In den ausgewerteten 18 Monaten seit Wiederaufnahme des Projekts wurden 469 Personen im Gewahrsam untergebracht und dort ärztlich überwacht. Die Hauptnutzung entfiel mit 276 Belegungen (59 Prozent) auf die Samstagnacht. 426 der 469 Personen (91 Prozent) wurden ohne einen begleitenden Rettungsdiensteinsatz aufgenommen. Die Gewahrsamstauglichkeit wurde durch die Ärztin oder den Arzt in fast allen Fällen bestätigt. Lediglich neun Patienten mussten ins Krankenhaus verlegt werden. Der Rettungsdienst wurde erheblich entlastet.

Bei 43 der 469 Personen (neun Prozent) bestand zuvor ein rettungsdienstlicher Kontakt. Sie konnten der Polizei übergeben werden.

Positive Bilanz


Polizei wie Klinikum berichten von positiven Erfahrungen mit dem Projekt. Die Polizei kann die entsprechenden Einsätze schneller abarbeiten, da das Warten auf den Rettungstransportwagen und die Zeit der Untersuchung entfallen. Die Funkstreifenwagen sind schneller frei für andere Aufgaben. Zugleich herrscht maximale Rechtssicherheit bei der Frage hinsichtlich der Gewahrsamstauglichkeit, da in jedem Fall eine ärztliche Untersuchung bei der Einlieferung erfolgt.

Ein Teil der Personen im Gewahrsam zeigt sich gewaltbereit und auch gewalttätig. Würden sie ins Krankenhaus eingeliefert, würde sich die Gewalt möglicherweise dorthin verlagern. Im Verlaufe des Projekts wurden weniger Übergriffe auf Krankenhauspersonal verzeichnet.

Kostengünstige Alternative


Aus finanzieller Sicht fällt die Bilanz ebenfalls positiv aus. Die Kosten für das ärztliche Personal im Gewahrsam belaufen sich auf 600 Euro pro Nacht. Dafür werden die Notaufnahmen von intoxikierten und meist aggressiven Patienten entlastet. Geeignete Ausnüchterungseinheiten sind dort nicht vorhanden. Die Behandlungsräume sind offen und für die Betreuung von medizinischen Notfällen ausgerichtet.

Daher verursacht jeder einzelne Patient, der intoxikiert und aggressiv in der Notaufnahme behandelt wird, hohe Zusatzkosten. Zum einen wird Pflegepersonal gebunden, das sich darum kümmern muss, dass der Patient der medizinischen Ausstattung, Mitpatienten und Personal keinen Schaden zufügt. Durch die Tatsache, dass die Räumlichkeiten nicht für eine Abgrenzung ausgerichtet sind, erfordert die Betreuung eines intoxikierten Patienten viel Zeit und Überwachungsaufwand. Daher steht insgesamt betrachtet der finanzielle Aufwand einer Arztbetreuung im Gewahrsam in einem deutlich günstigeren Verhältnis als zur Betreuung in einer Notaufnahme.

"Der Mehrwert für alle Beteiligten im Projekt konnte also nachvollziehbar dargestellt werden. Weiterhin haben sich die organisatorischen Abläufe sowie die Betriebszeiten bewährt", so die Verwaltung. Sie empfiehlt daher eine unterbrechungslose Projektüberführung in den Regelbetrieb ab September dieses Jahres.


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