Braunschweig. Mit insgesamt 26 sogenannten „Bevölkerungsschutzleuchttürmen“ im Stadtgebiet stellt der Katstrophenschutz der Stadt Braunschweig künftig die Information der Bevölkerung in besonderen Krisenlagen, insbesondere bei einem teilweisen oder flächendeckenden längeren Stromausfall („Blackout“) sicher. Das Konzept für diese teils mobilen, teils stationären Einrichtungen hat die Stadt am heutigen Donnerstag in Form einer Mitteilung dem Ausschuss für Feuerwehr, Katastrophenschutz und Ordnung zur Behandlung in der Sitzung am 7. Dezember zugeleitet. Oberbürgermeister Dr. Thorsten Kornblum stellte es heute gemeinsam mit Feuerwehrdezernent Erster Stadtrat Christian Geiger, zugleich Leiter des Krisenstabs „Gasmangellage“, und Feuerwehrchef Torge Malchau vor.
Geplant sind 20 mobile Einheiten, „kleine“ Bevölkerungsschutzleuchttürme. Sie bestehen im Wesentlichen aus einem Einsatzfahrzeug, einem
Generator und einem Zelt. Sie sollen der Informationsweitergabe vor Ort im Krisenfall dienen, ebenso können Bürger dort Notrufe absetzen, wenn es keine anderen Kommunikationsmittel mehr gibt. Das Konzept sieht in allen Stadtbereichen konkrete Standorte für diese 20 mobilen Einheiten vor, um bei einer stadtweiten Krisenlage das gesamte Stadtgebiet abdecken zu können.
Sollen in Kürze verfügbar sein
Diese „kleinen Leuchttürme“ sollen in einem ersten Schritt in den kommenden Wochen vollständig ausgerüstet werden und idealerweise ab Anfang 2023 einsatzbereit sein. Als weiteren Baustein soll es fünf „mittlere“ Leuchttürme geben, die ebenfalls über das Stadtgebiet verteilt liegen sollen. Dafür würden derzeit geeignete Immobilien gesucht, beispielsweise Turnhallen. Die ausgewählten Liegenschaften sollen technisch so ertüchtigt werden, dass sie mit Notstromgeneratoren eingespeist werden können und auch die Heizung weiterhin funktioniert. In diesem „mittleren“ Leuchttürmen soll es möglich sein, eine gewisse Zahl von Menschen für zwei bis vier Stunden in einem Notfall unterzubringen und zu versorgen. Sie sollen auch die Funktion von Wärmehallen erfüllen. Dort könnten auch weitere medizinische Hilfe geleistet und Transferfahrten organisiert werden.
Zentrale Anlaufstelle
Zudem soll es als einen dritten Baustein eine zentrale, größere Anlaufstelle geben, wo ein Teil der Bevölkerung für bis zu 72 Stunden untergebracht sanitätsdienstlich und psychosozial betreut werden, pflegebedürftige Menschen versorgt werden können. Dafür käme die Volkswagenhalle in Betracht, die Stadthalle aufgrund der geplanten Sanierung als Ausweichoption. Welche der Leuchttürme unterschiedlicher Größe in einem Krisenfall zum Einsatz kommen, wird von Art und Dauer der Lage abhängig sein.
Schnelle Umsetzung wegen aktueller Krisen
„Die Sicherheitslage in Europa hat sich in den vergangenen Jahren verändert“, sagte Oberbürgermeister Dr. Kornblum. „Das hat uns der russische Angriffskrieg auf die Ukraine mit den möglichen Folgeszenarien von Gasmangel, Cyberangriffen und Sabotage deutlich vor Augen geführt. Diese Gefahren betreffen maßgeblich das Energienetz, zugleich Rückgrat und Achillesferse der modernen, digital vernetzen Informationsgesellschaft. Bei einem flächendeckenden Stromausfall funktioniert in kurzer Zeit so gut wie kein Kommunikationsweg mehr. Gleichzeitig nimmt die Informationsnotwendigkeit exponentiell zu, in Richtung der Bürgerinnen und Bürger, ebenso wie in Richtung der Katastrophenschutzbehörde und Versorgungseinrichtungen. Darauf müssen wir uns einstellen.“
Der OB: „Deshalb haben wir die Erarbeitung des bereits lange geplanten Konzepts stark beschleunigt und etablieren nun in Kürze die Leuchttürme: Notstromversorgte Lichtinseln sorgen für Hilfe und Orientierung, sollte das Stadtgebiet ganz oder in Teilen dunkel sein.“ Als weitere Einsatzmöglichkeiten für die Leuchttürme nannte der OB die Trinkwassernotversorgung, Evakuierungen oder Hochwasser.
Mehr Personal und Ausrüstung notwendig
Erster Stadtrat Geiger ergänzte, bereits im April sei das Warnkonzept vorgelegt worden, das als Reaktion auf die veränderte Sicherheitslage unter anderem die Wiederbeschaffung von Sirenen vorsieht. Der Rat habe auf Initiative des Oberbürgermeisters die Mittel für den Zivil- und Bevölkerungsschutz Anfang des Jahres zudem gewaltig aufgestockt: 8,5 Millionen Euro sind für die Jahre 2022 bis 24 vorgesehen. Damit wird auch die Abteilung Katastrophenschutz personell verstärkt. Geiger betonte, neben der möglichst schnellen Beschaffung der technischen Ausrüstung der Leuchttürme stelle die Personalplanung die noch größere Herausforderung dar. Wenn alle Leuchttürme zum Einsatz kämen, würden rund 320 Kräfte der Freiwilligen Feuerwehr, der Berufsfeuerwehr, der Hilfsorganisationen und des THW benötigt. Zusätzlich sollen die Einsatzkräfte von Mitarbeitenden der Stadtverwaltung unterstützt werden, damit auch verwaltungstechnische Fragen der Bevölkerung geklärt werden können. Dieses Bedürfnis hat sich auch bei der Flutkatastrophe im Ahrtal schnell gezeigt.
Feuerwehrchef Torge Malchau erläuterte, die Beschaffung für die technische Ausrüstung für alle Leuchttürme stehe unter dem Vorbehalt von Lieferzeiten. Geplant sei, dass bereits ab Anfang 2023 die kleinen Leuchttürme zur Verfügung stehen sollen, und bis Ende des 1. Halbjahrs 2023 die mittleren startklar sein sollen. Es entstünden vermutlich Kosten von etwa 3,5 Millionen Euro, insbesondere für die Beschaffung von Notstromaggregaten und die Ausrüstung der mittleren Leuchttürme mit Notstromsystem und von Ersatz-Heizungsanlagen, um einen Inselbetrieb zu ermöglichen.
Innerhalb von zwei Kilometern
Verstärkt werden solle zudem auch die technische Infrastruktur der Krisenkommunikation. Dazu gehörten weitere digitale Meldeempfänger, die Anbindung an das Satellitenkommunikationssystem des Landes sowie die Einrichtung einer Mowas-Vollstation, die es ermöglicht, Warnmeldungen auf direktem Weg via Satellit auch bei einem Ausfall der Kommunikationsnetze veröffentlichen zu können. Die genannten Finanzmittel sind im Haushalt vorgesehen.
Malchau erläuterte, für jeden großen Stadtbereich (Nord/West, Nord/Ost, Ost, Süd, West) seien jeweils ein mittlerer sowie vier kleine Leuchttürme vorgesehen. In der Regel handele es sich um Plätze oder Parkplätze von Supermärkten mit guter Erreichbarkeit. Angestrebt wurde dabei, dass die Bürger einen Leuchtturm jeweils innerhalb von zwei Kilometern vorfinden, um diesen im Notfall auch fußläufig erreichen zu können. Das sei überwiegend gelungen. Bei Krisenlagen, die nur einzelne Stadtteile beträfen, könnten dort bei Bedarf flexibel mehr Leuchttürme eingesetzt werden.
Hier sollen die Leuchttürme entstehen
Bereich Nord/West
Mittlerer Bevölkerungsschutz-Leuchtturm:
- Sporthalle Grundschule Eichenstieg/Rühme
Kleine Bevölkerungsschutz-Leuchttürme:
- Lagesbüttelstraße Harxbüttel
- Einkaufszentrum Celler Heerstraße 312 Watenbüttel
- NP-Markt Hauptstraße 51 Wenden
- REWE Am Schwarzen Berg 71
Bereich Nord/Ost
Mittlerer Bevölkerungs-Leuchtturm:
- Sporthalle Boeselagerstraße
Kleine BevS-Leuchttürme:
- ALDI Bienroder Weg 53 Kralenriede
- Penny Troppaustraße 20 Hondelage
- EDEKA Bienroder Straße 28 Waggum
- Ebeling Gemüsehandel Grasseler Straße 82 Bevenrode
Bereich Ost
Mittlerer BevS-Leuchtturm:
- Sporthalle Beethovenstraße
Kleine BevS-Leuchttürme:
- Ehem. REAL Berliner Straße 53 Gliesmarode
- ALDI Kastanienallee 21 Östliches Ringgebiet
- EDEKA Margarete-Steiff-Straße 2 Lindenbergsiedlung
- BS-Energy Taubenstraße 7 Nördliches Ringgebiet
Bereich Süd
Mittlerer BevS-Leuchtturm:
- Sporthalle Schulzentrum Heidberg
Kleine BevS-Leuchttürme:
- Stöckheimer Markt Stöckheim
- Harz und Heidegelände Innenstadt
- EDEKA Welfenplatz Südstadt
- Metro Dieselstraße 12 Rüningen
Bereich West
Mittlerer BevS-Leuchtturm:
- Sporthalle Illmenaustraße
Kleine BevS-Leuchttürme
- LIDL Hildesheimer Str. 25 Westliches Ringgleis
- Festplatz Lehndorf Bundesallee Lehndorf
- Netto Lammer Heide 3 Lamme
- REWE Lichtenberger Straße 51 Weststadt
Hier auf der Karte:
mehr News aus Braunschweig