Braunschweig. Der Caritasverband Braunschweig e.V. ist in der Stadt der Träger des Jugendmigrationsdienstes (JMD), der Migrationsberatung für Erwachsene Zuwanderer (MBE) und des Bundesprogramms „Respekt Coaches“. Durch eine extreme Kürzung durch die Bundesregierung stünden wichtige Leistungen nun vor dem Aus. So warnt nun der Verband in einer Pressemitteilung.
Für das Programm JMD stehen bundesweit laut Haushaltsplanung für 2024 63,8 Millionen Euro zur Verfügung. Das entspricht einer Kürzung von mehr als einem Drittel im Vergleich zur Gesamtsumme (99,85 Millionen Euro). Doch auch beim MBE solle kräftig eingespart werden. Derzeit werden bundesweit 1.285 Beratungseinrichtungen mit 81,5 Millionen Euro gefördert. Eine im Haushaltsentwurf vorgesehene Kürzung auf 57,5 Millionen werde zum dramatischen Wegfall von mehr als 30 Prozent der Beratungskapazitäten führen, so der Caritasverband.
Auswirkungen auch auf Braunschweig
Statt der 557.000 Personen, vorrangig aus Syrien, Ukraine, dem Irak und Afghanistan, die 2022 die notwendige Unterstützung auf ihrem Weg zur gesellschaftlichen Teilhabe erhalten haben, könnten im Jahr 2024 dann lediglich 389.900 Menschen beraten werden. „Natürlich wird das auch Konsequenzen für die Angebote in Braunschweig haben“, so Caritas-Vorstand Dr. Marcus Kröckel.
Auch JMD-Leiter Julian Pelka ist entsetzt: „Mit diesen Kürzungen gefährdet die Bundesregierung das Engagement gemeinnütziger Träger in der Migrationsarbeit. Sogar bereits bestehende Angebote, die langfristig verankert werden sollen, sind von den Kürzungen betroffen. Es besteht dringender Handlungsbedarf, um diese Strukturen zu retten.“
Eigentlich ein Vorzeigeprojekt
Paradoxerweise kämen die Kürzungen, nachdem Familienministerin Lisa Paus die Respekt-Coaches im Januar noch als Vorzeigeprojekt in einer Rede im Bundestag hervorgehoben hatte, beklagt der Verband.
Der Caritasverband zitiert: „(…) Zweitens geht es längerfristig um Gewaltprävention. Dieser Ansatz hat sich längst als wirksam erwiesen, auch wenn wir die Strukturen nicht immer mit der nötigen Nachhaltigkeit unterstützen. Auch hier haben wir bereits bewährte Programme – und sie setzen früh an. Ein gutes Beispiel sind die 'Respekt Coaches', ein Programm aus meinem Haus. Sie sprechen in Schulen mit den jungen Menschen über Gewalt und über Demokratie. Diese 'Respekt Coaches' haben bisher eine Viertelmillion Schüler erreicht. Sie werden gut angenommen. Solche Erfolgsstorys wollen wir weiterschreiben, und wir brauchen mehr davon.“
Über Respekt-Coaches
Das Bundesprogramm „Respekt Coaches“ ist seit über fünf Jahren fester Bestandteil der Bildungslandschaft Deutschlands. An über 600 Kooperationsschulen wurden mit über 10.000 Gruppenangeboten 365.000 Schüler erreicht. An drei Kooperationsschulen mit über 5.000 jungen Braunschweigern haben die Respekt-Coaches Themen wie beispielsweise Sexualität, Religion, Mobbing und Respekt, globale Ungleichheit und soziale Ungerechtigkeit diskutiert und bearbeitet.
Ziel für die Schüler war es, sie in ihrer Selbstwahrnehmung, ihrem Selbstbewusstsein und im guten Miteinander zu stärken. Der Verlust des Vorhabens sei demnach gleichzusetzen mit dem Verlust offener Diskussionsräumen für die jungen Braunschweiger. „Die größten Leidtragenden dieser Entscheidung sind die Schüler*innen unserer Kooperationsschulen. Ihnen wird die Möglichkeit geraubt, sich in einem sicheren Umfeld zu entfalten und über ihre eigenen Interessen und Wünsche sprechen zu können. Mit der Streichung der Respekt Coaches werden Rassismus, Diskriminierung und Mobbing in der Schule wieder mehr Raum finden. Mit der Kürzung der Mittel ist die individuelle Entfaltung jeder einzelnen Schülerin und jedes einzelnen Schülers gefährdet“, so Respekt Coach Baris Safak.
Migrationsberatung ebenfalls gefährdet
Auch beim MBE ist man bestürzt. Souad El Oumari berät dort viele Menschen mit Migrationshintergrund. „Sollten diese Mittelkürzungen am Standort des Caritasverbands Braunschweig e. V. wie geplant kommen, wird das unsere Beratungszeiten für Erwachsene deutlich einschränken und somit eine gute Orientierung und gelingende Integration der Zuwander*innen in unsere Gesellschaft stark erschweren.“
Die Kürzungen würden auch bedeuten, dass vielerorts neu eingestellte qualifizierte Fachkräfte wieder entlassen werden müssten und das, obwohl der Bedarf an Beratung weiterhin groß sei. Der Krieg in der Ukraine, die Folgen des Klimawandels und der erhöhte Bedarf an Fachkräften in Deutschland werde dazu führen, dass auch in Zukunft der Beratungsbedarf weiter steigen wird. „Hier wird aus unserer Sicht am völlig falschen Ende gespart. Durch eine mangelnde Integration und Beratung werden die Kosten für den Sozialstaat in den kommenden Jahren enorm steigen, diese Milchmädchenrechnung geht einfach nicht auf“, so Pelka abschließend.
Erste Gespräche mit der Politik seien bereits erfolgt, man wolle die Kürzungen nicht tatenlos hinnehmen.
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