Die City ist tot - Es lebe die City! - Innenstadt muss mehr bieten als einkaufen

Bei der gestrigen Auftaktveranstaltung des Innenstadtdialoges ging es um die Zukunft der Innenstädte und deren Belebung. Hier findet ein Strukturwandel statt.

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Symbolbild.
Symbolbild. | Foto: Julia Seidel

Braunschweig. Als Reaktion auf den bundesweit zu beobachtenden Strukturwandel in den Innenstädten fand am gestrigen Dienstagabend in der Volkswagenhalle die Auftaktveranstaltung zum Innenstadtdialog statt. Zusammen mit rund 50 Vertretern aus Handel, Gastronomie, Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen, Kammern und Verbänden, städtischen Gesellschaften und der Immobilienbranche hatte die Stadt Braunschweig zu einem umfassenden Dialog aufgerufen, um die Zukunft der Innenstadt und die Auswirkungen der Corona-Pandemie in den Fokus zu rücken. Ziel ist es Lösungsansätze und eine gemeinsame Perspektive zu erarbeiten, um die Braunschweiger Innenstadt als zentralen Anziehungspunkt der Region zukunftsfest weiterzuentwickeln. Zu Besuch war die Leiterin des Münster Marketings und Vorsitzende der Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland (BCSD), Bernadette Spinnen, um aus ihren Erfahrungen zu berichten und Praxisbeispiele zum Thema Innenstadtentwicklung zu präsentieren.


"Innenstädte sind die Visitenkarten der Stadt", so Oberbürgermeister Ulrich Markurth zu Beginn der Veranstaltung. "Es sind Orte, an denen an denen verschiedene Menschen zusammenkommen und den Städten eine Identität geben." Dennoch sei der Handel im Wandel. So werde unter anderem auch der Onlinehandel durch äußere Einflüsse weiter gestärkt. Zurückzuführen sei dies jedoch nicht nur auf die Corona-Pandemie. Der Besuch in der Innenstadt sei in der heutigen Zeit viel mehr, als lediglich ein Einkaufserlebnis. Die Frequenzmessungen der Stadtmarketing Braunschweig GmbH zeigten, dass die Besucherströme zwar während der Zeit des Lockdowns zurückgegangen waren, doch bereits nach zwei Monaten fast schon wieder auf Vorjahresniveau waren.

Bernadette Spinnen rückte hierzu die geänderten Bedürfnisse der Besucher in den Mittelpunkt. "Die Menschen sind auf der Suche nach Selbstverwirklichung und Identität. Dabei geht es um sehr tiefe menschliche Bedürfnisse. Die Leute machen Selfies von sich mit schönen Plätzen. Sie verknüpfen ihr Leben mit der Stadt." Dabei sei die Frage danach, welche Angebote die Städte machen können, damit sich die Menschen dort wohlfühlen. Auch die Gesundheit sei dabei ein zentrales Thema. Ist es laut, dreckig und eng, würden die Menschen fernbleiben, erklärt Spinnen. Darüber hinaus sei es notwendig viele Gruppen anzusprechen. Dazu zählen diese, die ein gepflegtes Einkaufserlebnis haben wollen ebenso wie jene Verrückte und Kreative. Auch die Bildung spiele dabei eine Rolle. "Alle Menschen müssen immer mehr wissen. Wir müssen uns ein Leben lang weiterbilden. Dabei ist es nicht unwichtig, ob wir uns in der Innenstadt weiterbilden können", so Spinnen weiter. Unis, Volkshochschulen und Kurse sind nicht mehr das Maß der Dinge, sondern zum Beispiel Stadtbibliotheken, in denen man sich auch ans Netz setzen kann.

Büroräume und Wohnen in der Innenstadt



"Stadt ist leben - Das ist der Anspruch, um den es geht. Man muss das Gefühl haben, dass man eine Stadt hat, die lebt. Es darf nichts fremdes sein, wo man mal hingeht, man muss auch da leben wollen", erklärt Spinnen. Eine Umnutzung der Räumlichkeiten vor allem in Leerständen muss überlegt werden. Dazu zählt auch das Wohnen in der Innenstadt oder die Errichtung von Büroräumen. Spinnen räumt jedoch ein, dass es bei Wohnraum in Innenstädten immer zu Konflikten kommen könnte. "Die Leute wollen dann um 10 Uhr ihre Ruhe haben, nicht Party bis in die Nacht." Bei einer Vermischung bei einer belebten Innenstadt, die gleichzeitig als Wohnraum genutzt werde, entstehe mehr Stress.

Auch die Ausweitung von Büroräumen müsse kritisch hinterfragt werden, wie Helge Rösing stellvertretend für den Handel bemerkt. "Wir haben Angst, dass die Coronawelle nochmal zurückkommt. Viele sind im Homeoffice und das Umwandeln in Büroraum wird nicht der Heilsbringer sein", so Rösig. So würden wahrscheinlich viele nicht aus dem Büroräumen zurückkommen.

Klimawandel beachten - Innenstädte attraktiver gestalten


Ein immer südlicheres Klima sorgt auch in unseren Regionen dafür, dass die Innenstädte im Sommer anders genutzt werden. Auch in den Nächten nutzen die Menschen die Möglichkeit sich in den Städten aufzuhalten. Aber die warmen Sommer bringen auch negative Seiten mit sich, wie Karl Langerfeld, der lange Jahre lang ein Wäschegeschäft in der Innenstadt hatte, zu bedenken gibt. So heize sich die Stadt immer weiter auf und werde zu einem Brutofen. Diese Entwicklung könne man nicht mehr aufhalten, jedoch vielleicht ein bisschen abmildern. Begrünung könnte hier Abhilfe schaffen.

Klimawandel, Co2-Ausstoß und der Verkehr in der Innenstadt werde die Stadt auch weiterhin beschäftigen. Dennoch müsse die Stadt weiterhin für Besucher auch mit dem Auto erreichbar bleiben. Menschen müssten die Möglichkeit haben in der Stadt einzukaufen und die Dinge nach Hause geliefert zu bekommen, gerade, wenn sie mit dem Rad unterwegs sind. "Wir werden bestimmte Konflikte nicht lösen können", so Markurth abschließend zum Innenstadtdialog.



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