Die Entdeckung der Langsamkeit: Paulien Oltheten im Photographie-Museum

von Christina Balder


| Foto: Christina Balder



Braunschweig. Ganz langsam, Schrittchen für Schrittchen, schleicht Paulien Oltheten die Straße entlang. Sie probiert aus, was es mit ihr macht, wenn sie sich entschleunigt. Die Künstlerin, die vom 8. August bis zum 5. Dezember im Museum für Photographie ausstellt, hat die Langsamkeit entdeckt. Mit Videos, Video-Stills und Fotografien ist sie unter dem Titel "A New Installation" in den beiden Torhäusen an der Helmstedter Straße zu Gast.

Es sind die kleinen, hübschen Momente im Alltag, die Paulien Oltheten mit ihrer Kamera festhält. Wie gut die Qualität des Drucks ist, ist dabei nachrangig, es zählt der Moment. Drei Männer in Badehosen, die erst einträchtig auf einer Bank sitzen und dann drei ebenso einträchtige nasse Flecken hinterlassen, faszinieren die gebürtige Nimwegerin ebenso wie ein geometrisch perfekt positionierter Passant oder die Eintracht zweier Musikhörer. Dabei ist aber selten klar, ob Oltheten die Situation so vorgefunden hat, oder ob sie in das Geschehen eingegriffen hat.



Olthetens Hauptinteresse liegt bei der Bewegung und bei bestimmten Posen von Menschen. Manche davon sind international: So hat sie in den USA Anzug tragende Herren fotografiert, die im geschäftigen Gespräch auf der Straße zusammenstehen - und von denen einer den bestrumpften Fuß aus dem Schuh gezogen hat. Ausgezogene Schuhe fand sie auch in Birma, Japan, der Ukraine und der Türkei, erzählt sie. Den Fotos von diesen Füßen ist es nicht anzusehen, aus welchem Land sie stammen, und auch bei anderen Fotos erschließt sich die volle Bedeutung erst mit der räumlichen Einordnung.

Auch das bewegte Bild nutzt die 1982 geborene Paulien Oltheten für ihre Kunst. Das Video, das die Künstlerin selbst beim langsamen Gehen zeigt, ist nur eines von mehreren. Eine besondere Beziehung hat sie zu einem Mann, den sie erst zufällig gefilmt hatte, wie er sehr langsam auf und ab ging. Diese Langsamkeit hat sie in einem Video festgehalten, das auch selbst in Zeitlupe abgespielt ist. Der langsame Mann geht oder schleicht vor sich hin, um ihn herum flitzen die Passanten in ihrem normalen Tempo. Durch die Zeitlupe macht Oltheten sichtbar, was um den langsamen Mann herum geschieht. Und mit ihrem Selbsterfahrungsvideo, das schon ein paar Jahre alt ist, hat sie erlebt, wie sich die Wahrnehmung verändert, wenn man das Tempo ändert. Wie aus Krach einzelne Geräusche werden, wie aus einem Gehweg einzelne Platten werden.

Mit ihren Videos und Fotos nimmt Oltheten den Betrachter mit in ihren Kopf. Sie zeigt ihm ihren Blick für die Dinge und ihre Perspektive auf die Welt. Wer bereit ist, sich Zeit zu nehmen, nicht nur für die Fotos, sondern auch für die stellenweise quälende Langsamkeit der Videos, kann in der Ausstellung viel entdecken.

Sie hat geöffnet dienstags bis freitags von 12 bis 18 Uhr, am Wochenende von 11 bis 18 Uhr. Der Eintritt kostet 2,50 Euro, ermäßigt einen Euro.


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