Dienst ist Dienst und Finale ist Finale: Wer unverzichtbar ist, muss auch Sonntag ran

von Christina Balder




Braunschweig. Zum Glück gibt es die Leute, die sich überhaupt nicht für Fußball interessieren. Gäbe es sie nicht, müssten Kranke sich mit schlecht gelaunten Pflegern und Unfallopfer sich mit hektischen Polizisten herumschlagen, die lieber vorm Fernseher wären als im Dienst. Denn in manchen Branchen kann man nun mal nicht einfach alles stehen und liegen lassen, nur weil WM-Finale ist. Wir haben nachgefragt, wie Polizei und Klinikum den Sonntagabend organisieren. 

Für das Städtische Klinikum gebe es keine klare Regelung, sagt Thu Trang Tran. "Mitarbeiter können aber untereinander den Dienst tauschen, damit die Fußballfans möglichst nicht ran müssen", sagt sie. Die Patienten gingen natürlich vor, denn Ärzte und Pfleger könnten einen Notfall ja nicht einfach bis nach dem Elfmeterschießen liegen lassen. Auch der Küchendienst darf sich keinen Freuden- oder Trauerfeierkater erlauben. "Wenn die morgens nicht da sind, kriegen die Patienten kein Frühstück - das geht ja auch nicht", sagt Tran.

Die Mitarbeiter, die um den Dienst nicht herumgekommen sind, dürfen aber zwischendurch mal ein Auge auf den Spielstand werfen. "Wenn im Patientenzimmer der Fernseher läuft, kann man da mal ein bisschen stehenbleiben, und auch in anderen Räumen wird das Spiel zu sehen sein", erzählt Tran. Auch schwarz-rot-goldene Deko sei grundsätzlich erlaubt. "In der Kinderklinik ist komplett geschmückt, einige der anderen Kliniken sind auch teilweise dekoriert." Verboten ist aber Schminke im Gesicht. Man könne nicht ausschließen, dass man damit bei Patienten allergische Reaktionen hervorrufe, so etwas ist also tabu.

Auch Tag und Nacht parat stehen muss die Braunschweiger Polizei. Hier wird ebenfalls getauscht, Fußballverrückte nehmen sich frei, Kollegen, die den Trubel nicht nachvollziehen können, melden sich freiwillig. Auch im Dienst gebe es aber die Möglichkeit, das Spiel zu verfolgen, sagt Polizeisprecher Wolfgang Klages, "Einsätze müssen aber natürlich gefahren werden. Die können wir am Telefon nicht vertrösten bis hinterher."

Erfahrungsgemäß sei während des Spiels aber wenig los. Kaum jemand sei auf den Straßen, weil alle vorm Fernseher hingen, erzählt Klages. Hinterher wird es aber anspruchsvoller. Ob Freudentaumel oder Frust - die Polizei muss dann vor Ort sein und ein Auge auf Autokorsos oder ärgerliche Fans haben. "Bei einer Niederlage ist aber auch die Frage, warum man verloren hat: War es eine - wenn auch nur gefühlte - Ungerechtigkeit des Schiedsrichters oder ist die Sache klar?", sagt Klages.

Autokorsos werden von der Braunschweiger Polizei übrigens geduldet, auch wenn grundloses Hupen eigentlich verboten ist. "wir wollen ja nicht die totalen Spaßverderber sein - dafür hätte niemand Verständnis", sagt Klages und ergänzt: "Wenn aber jemand sich oder andere gefährdet, müssen wir eingreifen. Und irgendwann muss dann auch Schluss sein, aber da muss man sanft vorgehen." Fußball-Weltmeisterschaft sei ja nur alle vier Jahre und Deutschland im Finale - das sei noch seltener. "Da kann man das schon mal aushalten", sagt Klages.


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