Gekaperte Straßenbahn: Auch Geldstrafe ist nun fraglich

An einer strafrechtlichen Verfolgung des Hausfriedensbruchs bestehe laut Staatsanwaltschaft kein öffentliches Interesse. Doch auch an einer "unberechtigten Personenbeförderung" gebe es nun Zweifel.

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Symbolbild | Foto: Alexander Dontscheff

Braunschweig. In der vergangenen Woche sorgte die Meldung für Aufsehen, dass die beiden jungen Männer, die Anfang Mai eine Straßenbahn gekapert und damit durch die Stadt gefahren waren, strafrechtlich vermutlich nicht verfolgt werden (regionalHeute.de berichtete). Erster Staatsanwalt Christian Wolters stellte aber ein hohes Bußgeld durch ein mögliches Ordnungswidrigkeitenverfahren in Aussicht. Doch nun scheint auch dies fraglich. regionalHeute.de fragte noch einmal bei der Staatsanwaltschaft nach.



Dadurch, dass während der Fahrt Personen zugestiegen seien, hätten sich die beiden damals 23-Jährigen der Ordnungswidrigkeit der "unberechtigten Personenbeförderung" schuldig gemacht. Dies könne Geldstrafen von bis zu 20.000 Euro nach sich ziehen, hatte es vergangene Woche geheißen. Doch nun ist man bei der Staatsanwaltschaft offenbar zu einer anderen Einschätzung gekommen. "Ob die Fahrt mit der Straßenbahn eine Ordnungswidrigkeit darstellt und gegebenenfalls welche, muss die zuständige Behörde - in diesem Fall die Stadt Braunschweig - entscheiden", so Wolters. Ein Verstoß gegen das Personenbeförderungsgesetz setze aber eine entgeltliche Beförderung von Personen voraus. Ob diese Voraussetzung hier vorliege, erscheine fraglich.

"Kein öffentliches Interesse"


Doch selbst wenn kein Ordnungswidrigkeitenverfahren zustande kommt, plant die Staatsanwaltschaft nicht, ihre Meinung zu ändern und eine Strafverfolgung des Hausfriedensbruch einzuleiten. Auf diese hatte man auch aus dem Grund verzichtet, damit man den Weg für ein Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht blockiere. So hatte es zumindest letzte Woche geheißen.

"Aus unserer Sicht ist die Sache strafrechtlich erledigt", betont Wolters. Dies liege nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft nicht im öffentlichen Interesse. "Entscheidend dafür ist es, dass der Schwerpunkt des Handelns der Beschuldigten nicht das Betreten des Straßenbahndepots und der Straßenbahn gewesen ist, sondern das anschließende Herumfahren mit der Straßenbahn", begründet Wolters die Entscheidung. Weil die Öffentlichkeit von dem Betreten des Betriebsgeländes wohl kaum Notiz genommen hätte und auch das Interesse an einer strafrechtlichen Verfolgung dieses Vergehens gering erscheine, habe man ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung verneint. Der Umstand, dass die Fahrt mit der Straßenbahn möglicherweise eine Ordnungswidrigkeit darstellt, spiele insoweit nur eine sehr untergeordnete Rolle.

Ermittlungen könnten fortgesetzt werden


Doch gänzlich ausgeschlossen ist eine Strafverfolgung noch nicht. "Sollte die Verkehrs GmbH insoweit eine andere Auffassung vertreten, werden wir uns mit dieser Ansicht im Rahmen des Beschwerdeverfahrens auseinandersetzen und prüfen, ob doch ein öffentliches Verfolgungsinteresse besteht. In diesem Fall würden die Ermittlungen dann wiederaufgenommen", erklärt Wolters. Anderenfalls würde die Beschwerde an die Generalstaatsanwaltschaft weitergegeben werden, die dann ebenfalls prüfen würde, ob ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung bestehe. Gegebenenfalls würde dann die Generalstaatsanwaltschaft entscheiden, dass die Ermittlungen wiederaufzunehmen seien.


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