Braunschweig. Nach dem Weggang von Dr. Christine Arbogast als Staatssekretärin zum Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, hat Braunschweig jetzt wieder eine neue Stadträtin für das Sozial-, Schul-, Gesundheits- und Jugenddezernat. Der Rat der Stadt Braunschweig wählte am heutigen Dienstag Dr. Christina Rentzsch für die Amtszeit von zunächst acht Jahren.
Dr. Rentzsch leitet seit Dezember 2021 die Stabsstelle „Zukunft der Gesellschaft“ im Büro des Oberbürgermeisters der Stadt Herne. Von November 2019 bis Dezember 2021 war sie bei der Landeshauptstadt Düsseldorf, unter anderem als Fachreferentin des Oberbürgermeisters für die Themenbereiche Soziales, Gesundheit, Schule, Jugend und Migration, tätig. Zuvor war sie drei Jahre Persönliche Referentin in der Hochschulleitung der Universität Münster. Rentzsch ist zudem politisch bei der SPD aktiv.
Rentzsch die Krisenmanagerin
Oberbürgermeister Dr. Thorsten Kornblum (SPD) bezeichnet die neue Sozialdezernentin als Krisenmanagerin, mit voller Überzeugung. "Dr. Rentzsch kann Krise und Konzept, das hat sie bei ihren beruflichen Stationen stets bewiesen", lobte er.
Die Wahl erfolgte auf Wunsch eines Ratsmitgliedes in geheimer Abstimmung, bei der die neue Sozialdezernentin 34 Ja-Stimmen erhielt. Zwölf Ratsabgeordnete stimmten mit Nein, vier weitere enthielten sich der Stimme.
"Ich bin überzeugt, dass Bürger und Bürgerinnen zunehmend beteiligt werden müssen"
Rentzsch selbst stellte sich den Ratsmitgliedern vor ihrer Wahl nach vorhergegangenen Besuchen in den Fraktionen noch einmal vor und sprach dabei über ihre Ziele im Amt. "Als Stadt haben wir die Aufgabe, Bürgerinnen und Bürgern die uns möglichen besten Rahmenbedingungen zu bieten, sodass jede und jeder gerne hier lebt, sich in ihren und seinen Bedürfnissen ernst genommen fühlt und am gesellschaftlichen Leben teilhaben kann. Die Unterbringung geflüchteter Menschen bleibt weiterhin eines der zentralen Themen, auch weit über das aktuelle Kriegsgeschehen in der Ukraine hinaus", sagte sie. In dem Zusammenhang müsse darüber diskutiert werden, wie Einwanderung sozial, solidarisch und wirtschaftlich sinnvoll gestaltet werden könne. "Auch wenn sich diese Frage nicht vollständig auf kommunaler Ebene beantworten lässt, so müssen wir uns als Kommunen aktiv in die Diskussion über die etablierten politischen Wege einbringen", so Rentzsch.
Integration hänge maßgeblich davon ab, wo und wie man wohnt. "Als übergreifende Klammer für gelingende Integration schätze ich den Aspekt einer flächendeckenden Quartiersentwicklung als besonders wichtig ein. Der kleinräumige Blick auf die Quartiersebene ermöglicht nah an den Menschen und ihren Bedarfen zu sein. Er dient als Seismograf, wie es um ihre Zufriedenheit bestellt ist, gibt Aufschluss, welche Themen für sie relevant sind, hilft dabei, frühzeitig gesellschaftliche Problemlagen aufzuspüren und gegenzusteuern", hebt sie hervor. Die Stadt Braunschweig besteche mit der umfassenden Einrichtung von Nachbarschaftszentren. "Dabei baut sie auf bereits bestehende dezentrale Strukturen wie Familien, Jugend und Seniorenzentrum auf. Das ist nicht selbstverständlich, weil längst nicht jede Kommune die nötigen Ressourcen dafür hat bzw. die Notwendigkeit solcher Strukturen erkennt. Unbedingt möchte ich deshalb in diesem Feld an die bisherigen Erfolge anknüpfen und die Strukturen Schritt für Schritt weiter voranbringen", so Rentzsch,
Wichtig sei ihr dabei, den Quartiersansatz mit dem Thema der Bürgerbeteiligung zu kombinieren. "Ich bin überzeugt, dass Bürger und Bürgerinnen zunehmend beteiligt werden müssen. Allerdings nicht, um hinter das Wort Beteiligung ein Häkchen zu machen, sondern weil ich bisher erlebt habe, dass Menschen grundsätzlich sehr großes Interesse daran haben, ihre direkte Lebensumwelt mitzugestalten. Der Zugang zu sozialpolitischen Themen über diese Quartiersebene trägt außerdem immer wieder dazu bei, das gesamtgesellschaftliche Miteinander über soziale Herkunft, Ethnizität, Alter, Religion und Kultur hinweg positiv zu beeinflussen und damit langfristig Vielfalt zu bewahren und zu stärken."
"Bildung ist Schlüssel zu gesellschaftlicher Beteiligung"
Die Integration von Menschen gelinge ihres Erachtens nur im direkten, kleinräumigen Miteinander, in dem man sieht und erlebt, wie andere Menschen leben. "Ein Schlüssel zu mehr gesellschaftlicher Beteiligung ist bekanntlich das Thema Bildung. Das zieht sich wie ein roter Faden durch jeden individuell Lebensweg. Bildung jedoch nicht verstanden nur im Sinne von Institutionen wie Kita und Schule, sondern auch im Sinne gesellschaftlicher Teilhabe", sagt Rentzsch.
Es müssten bedarfsgerechte Bildungsangebote für alle bereitgestellt werden, damit ungleiche Startbedingungen im Sinne der Bildungsgerechtigkeit ausgeglichen werden. Dabei geht es jedoch nicht um die reine Quantität, sondern auch um die Qualität der Betreuung. Hier richte sich ihr Blick auf das benötigte Personal.
Aber auch die Situation in den Schulen will Rentzsch in den Blick nehmen. "Schule ohne das Thema Digitalisierung zu denken, ist nicht mehr zeitgemäß. Im Zuge der Pandemie ist mehr als deutlich geworden, dass die bestehende digitale Struktur bundesweit und über alle Schulformen hinweg gleichermaßen ausbaufähig ist. Nicht nur fehlt es an Software und Endgeräten. Der Einsatz digitaler Instrumente gestaltete sich für alle Beteiligten unbefriedigend, da Prozesse und Abläufe fehlten." Die Fortschreibung des Medien-Entwicklungsplans für die Schulen der Stadt Braunschweig, der eine IT Konzeption, eine umfängliche Investitionsplanung, den Ausbau von WLAN und viele weitere Aspekte umfasst, sei unabdingbar.
All diese Themen müssten in einer integrierten sozialen Planung zusammenlaufen. Eine integrierte Herangehensweise versetze Kommunen in die Lage, sich für die Bewältigung der aktuellen und bevorstehenden Herausforderungen erfolgreicher, bedarfsorientiert und moderner aufzustellen. Außerdem könnten Synergien zwischen den Fachbereichen hergestellt und Themen erfolgreich miteinander in Beziehung gebracht werden.
Rentzsch sei sich bewusst, dass es für ihre Ziele und Aufgaben vieler finanzieller sowie personeller Ressourcen bedarf und es eine Fülle weiterer Aufgaben gebe, die wir als Kommune bestreiten müssen. Nicht alles werde sie deshalb sofort in vollem Umfang umsetzen können. "Es ist aber mein Anspruch, dies mit Nachdruck zu versuchen. Gemäß dem Motto 'Steter Tropfen höhlt den Stein' über eine kontinuierliche Priorisierung der Aufgaben, über die Einbindung lokaler Akteurinnen und eine Offenheit im Denken möchte ich die skizzierten Herausforderungen angehen."
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