Braunschweig. Überall fehlten Fachkräfte in Betreuung, Pflege, Bildung und zahlreichen weiteren professionellen Fürsorgebereichen. Die Versorgungslücken würden vielfach im privaten und familiären Umfeld aufgefangen. Diese Entwicklung führe zunehmend zu einer Überlastung und zur Erschöpfung der Betroffenen. Dies geht aus einer Pressemitteilung des Gleichstellungsreferats der Stadt Braunschweig hervor.
Am 29. Februar ist Equal Care Day. Dieser Tag, der nur alle vier Jahre sichtbar ist, soll auf die ungleiche Verteilung von Sorgeverantwortung und auf die geringe Wertschätzung der Sorgearbeit hinweisen. In diesem Jahr ruft die kommunale Gleichstellungsbeauftragte Marion Lenz gemeinsam mit der Frauenberatungsstelle, Verdi und DGB unter der Schirmherrschaft des Oberbürgermeisters Dr. Thorsten Kornblum zu einer Kundgebung auf. Betroffene Menschen, aber auch Institutionen, Organisationen und Projekte sind aufgerufen, gemeinsam den Sorge-Notstand sichtbar und hörbar zu machen.
Betreuung in Zahlen
Die Organisatoren nennen drei Beispiele, stellvertretend für viele andere Sektoren, die bereits ebenfalls – zu Lasten der Betreuten wie auch der Beschäftigten - am Limit sind:
· 200.000 Vollzeitkräfte fehlten bundesweit in der Pflege, Tendenz steigend, bei gleichzeitig steigendem Pflegebedarf (Berufsverband für Pflegeberufe, 2022)
· 23.800 Lehrkräfte werden bis 2035 fehlten, prognostiziert die Kultusministerkonferenz. Gleichzeitig solle der Unterricht an Grundschulen ausgeweitet werden.
· 384.000 Kita-Plätze fehlten 2023 laut Bertelsmann-Stiftung bei einem ebenfalls steigenden Betreuungsbedarf.
Der Frauenanteil würde in diesen Berufsgruppen bei circa 80 Prozent liegen (beispielsweise in der Pflege 2022 82 Prozent, sowie in der Kinderbetreuung [Kita] 2022 92 Prozent). Zudem würden Frauen auch den größten Teil der unentgeltlichen Sorge-Arbeit übernehmen.
Nicht gerecht verteilt
Diese ungerechte Verteilung der Sorgearbeit erlebt zu Krisenzeiten eine zunehmende Verschärfung. Dies zeigte sich gerade in der Corona-Pandemie. Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung belegt, dass die erforderlichen Sorge-Tätigkeiten während des Lockdowns in überwiegender Mehrheit von Frauen geleistet wurden, teilweise unter erheblichen, und nicht nur finanziellen Einbußen. Der Studie zufolge haben 27 Prozent der befragten Mütter mit Kindern unter 14 Jahren, aber nur 16 Prozent der Väter aufgrund der zusätzlichen Sorge- und Betreuungsaufgaben ihre Arbeitszeit reduziert.
Kundgebung und Demo
Um die Hilfesysteme vor einem Kollaps zu bewahren und um Menschen, die Sorgeverantwortung übernehmen, vor der Überlastung, aber auch vor Verarmung und Altersarmut zu schützen, brauche es gesamtgesellschaftlich Lösungsmodelle. Für den hierfür erforderlichen gesellschaftlichen Diskurs soll der Aktionstag ein erster Anstoß sein.
Um 16 Uhr beginnt die Kundgebung auf dem Schlossplatz mit einem Grußwort der Bürgermeisterin Cristina Antonelli-Ngameni und weiteren Redebeiträgen. Im Anschluss ist eine Demo durch die Innenstadt geplant. Um 17.30 Uhr wird die Abschlussveranstaltung im Roten Saal durch Nicole Kumpis, Vorständin des DRK, eröffnet. Es folgen Impulsvorträge durch Professorinnen der TU Braunschweig. Studierende der HBK werden Care-Clips präsentieren.
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