Landgericht untersagt Abrissarbeiten und Sperrung der Burgpassage


Bis 2023 sollen keine Abrissarbeiten stattfinden. Archivfoto: Alexander Dontscheff
Bis 2023 sollen keine Abrissarbeiten stattfinden. Archivfoto: Alexander Dontscheff | Foto: Alexander Dontscheff

Braunschweig. Mit Urteil vom heutigen Donnerstag hat die 2. Kammer für Handelssachen der Klage des Mieters eines Ladengeschäfts weitgehend stattgegeben und Abrissarbeiten am Einkaufszentrum sowie die Sperrung des Durchgangs der Burgpassage bis zum Ablauf des Mietverhältnisses 31. März 2023 untersagt. Das teilt das Landgericht in einer Pressemeldung mit.


Der Mieter betreibt in dem Einkaufszentrum der Burgpassage seit 1982 ein Ladengeschäft zum Verkauf von Kaffee. Die Klägerin schloss mit der vormaligen Eigentümerin im August 2012 einen neuen Mietvertrag. Die Mietdauer betrug zehn Jahre nach Übergabe der Mietsache (zum Ende des jeweiligen Kalenderjahres). Im Jahr 2015 fand ein Eigentümerwechsel statt und die Beklagte wurde als neue Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.

Die Beklagte plant, die Passage abzureißen und durch eine nach oben offene Einkaufsstraße in Form einer Fußgängerzone zu ersetzen. Zirka eineinhalb Jahre vor den Abrissplänen informierte die Beklagte die Klägerin über ihr Vorhaben. Die Klägerin widersprach dem Vorhaben. Es folgten im Ergebnis erfolglose Vergleichsverhandlungen. Am 1. August 2018 führte die Beklagte Absperrungen in der Burgpassage zwecks Untersuchung von tragenden Bauteilen durch.

Der Mietvertrag sehe keine Pflicht der Klägerin vor, einen Abriss des Einkaufszentrums zu dulden


Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte ihr laut Mietvertrag eine Ladenfläche in dem Betrieb eines laufenden Einkaufszentrums zur Verfügung stellen müsse. Der Mietvertrag sehe keine Pflicht der Klägerin vor, einen Abriss des Einkaufszentrums zu dulden. Die Sperrung der Passage habe zu einer Verringerung der Besucherzahlen in dem Ladenlokal der Klägerin geführt. Die Beklagte stellt in Abrede, bereits konkrete Abrisspläne gehabt zu haben, sondern man habe sich noch in der Planungsphase befunden. Ohne eine vorherige Einigung mit der Klägerin hätte sie die Arbeiten nicht begonnen. Ferner müsse die Klägerin gem. Ziff. 14.1. des Mietvertrages eine Beeinträchtigung in Form von baulichen Änderungen dulden.

Im Wege der Widerklage hat die Beklagte von der Klägerin Schadensersatz in Höhe von 160.000 Euro wegen Anmietung eines Ersatzobjektes für die Klägerin (Mietzins monatlich 10.000 Euro) begehrt. In der ersten mündlichen Verhandlung vom 7. November 2018 hatten die Parteien einen Zwischenvergleich dahingehend geschlossen, es bis zum 15. Januar 2019 zu unterlassen, das Einkaufszentrum ganz oder teilweise abzureißen, Maßnahmen zur Vorbereitung des Abrisses zu treffen sowie die Ladenstraße des Einkaufszentrums zu sperren. In der Folgezeit kam es jedoch nicht zu einer Einigung.

Struktur der Burgpassage als Durchgangspassage


Das Gericht hat die Untersagung des Abrisses und der Sperrung des Durchganges der Burgpassage auf den Mietvertrag, § 535 BGB, in Verbindung mit § 862 BGB (Besitzstörung) gestützt. Der vereinbarte vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache bei Einkaufszentren setze voraus, dass das Einkaufszentrum für den Publikumsverkehr auch geöffnet sei und freier Zugang zu den Mieträumen bestehe. Der Vermieter schulde daher die Eröffnung des Geschäftszentrums und die allgemeine Zugängigkeit des Ladengeschäfts über die Ladenpassage während der vertraglich vorgesehenen Öffnungszeiten. Hier sei insbesondere die Struktur der Burgpassage als Durchgangspassage, die auch als Verkehrsverbindung von den Passanten verwendet werde, zu berücksichtigen. Das Ladengeschäft würde dabei nicht zwangsläufig angesteuert, sondern anlässlich des Durchquerens. Durch die Sperrung des Durchgangs der Passage sei der Besitz der Klägerin gestört, weil das vollständige Durchqueren der Ladenpassage nicht mehr möglich sei und daher keine Kunden beim Durchqueren der Passage das Ladengeschäft der Klägerin mehr betreten können.

In der Gesamtschau habe die Klägerin Grund zu der Annahme gehabt, dass die Beklagte auch ohne eine frühere Einigung mit der Klägerin mit den Abrissarbeiten beginnen würde. Die Gespräche und Berichte im Vorfeld der Maßnahmen hätten keine Zusicherungen für die Klägerin enthalten, dass keine Arbeiten getätigt würden. Schließlich sei der Geschäftsführer der Beklagten in den Braunschweiger Medien mit verschiedenen Äußerungen zitiert worden, die bei der Klägerin die Sorge ausgelöst habe, es werde mit den Abbrucharbeiten begonnen.

Eine Berufung ist möglich


Das Unterlassungsgebot ist bis zum Ende des Mietvertrages, das heißt bis zum 31. März 2023, befristet. Die Widerklage auf Zahlung der Mietzinsen für die Anmietung eines Ersatzladengeschäfts für die Klägerin hat die Kammer abgewiesen. Zur Begründung führt die Kammer an, dass es sich bei diesen Mietzinszahlungen der Beklagten um freiwillige Vermögensopfer gehandelt habe. Es sei nicht ersichtlich, dass der Klägerin eine Pflichtverletzung vorzuwerfen sei, die diese zur Zahlung der Mietzinsaufwendungen verpflichte.

Gegen das Urteil kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden.

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