Braunschweig. Dass zwei junge Männer eventuell straffrei ausgehen, nachdem sie Anfang Mai eine Straßenbahn geklaut und damit eine kleine Stadtrundfahrt gemacht haben, stößt bei den regionalHeute.de auf absolutes Unverständnis. Und es weckt weitere Ideen wie: "So muss ich mir keine Sorgen mehr machen, wie ich morgens zur Arbeit komme, wenn nichts fährt... Ich fahre einfach selbst".
Für die Staatsanwaltschaft ist der Fall quasi erledigt. Außer einem Hausfriedensbruch durch das unbefugte Betreten des Betriebshofes liege keine Straftat vor. Und diese beabsichtige man aus strategischen Gründen nicht zu verfolgen, teilt Erster Staatsanwalt Christian Wolters gestern auf Nachfrage von regionalHeute.de mit. Auf die beiden zur Tatzeit 23-jährigen Männer könne noch ein Ordnungswidrigkeitenverfahren mit einer empfindlichen Geldstrafe warten. Dies liege aber in den Händen der Stadt.
Unverständnis über Entscheidung
Für die regionalHeute.de-Leser ist der vorläufige Ausgang der Geschichte überhaupt nicht nachvollziehbar. "So wie es aussieht, kann hier jeder Straßenbahnen, Busse oder sonst was `ausleihen´ und damit in Kauf nehmen, unschuldige Bürger zu verletzen, oder schlimmeres. Dieses Urteil ist echt nicht mehr normal. Fahre ich mehrmals mit der Tram Schwarz, gehe ich in den Knast, klaue ich eine Tram, gehe ich lachend aus dem Gerichtssaal. Was ist hier los?", schreibt ein Leser, der aber offenbar nicht begriffen hat, dass es zu gar keiner Gerichtsverhandlung gekommen ist.
"Ich finde es gut. So muss ich mir keine Sorgen mehr machen, wie ich morgens zur Arbeit komme, wenn nichts fährt. Ich fahre einfach selbst
Viele sehen in der Entscheidung ein zu lasches Rechtssystem. "Aber eine Oma, die ihre GEZ-Gebühren nicht zahlt, geht in den Knast. Noch ganz frisch hier?", fragt ein Leser und: "Sind neuerdings Staatsanwälte für die Strafbemessung zuständig und nicht mehr Richter? Man lässt eine Straftat ungesühnt, um eine Ordnungswidrigkeit zu verfolgen - mit dem erklärten Ziel dass dann eine Verwaltungsbehörde, die mit dem Geschädigten verbunden ist, und nicht ein Richter das Strafmaß bestimmt? Das Vertrauen in den Rechtsstaat fördert meines Erachtens so eine `Strategie´ sicher nicht", ein anderer.
Falls das eigene Gefährt mal nicht in Reichweite ist, könnte man ja zu Alternativen greifen, wenn dies nicht bestraft würde, meinen andere Leser - natürlich nicht ganz ernst gemeint. "Wenn ich mir bei meinem Nachbarn ein Auto `ausborge´ und damit durch die Gegend Düse, werde ich doch auch bestraft. Oder sollte man das mal ausprobieren?" Und "Dann kann ich mir ja demnächst mal ein Auto `leihen´ wenn ich eine Kurzstrecke fahren muss. Habe ja nicht vor es zu behalten", schreibt ein Leser auf die Aussage Wolters, das Entwenden der Bahn könne nicht geahndet werden. Der Staatsanwalt teilte aber auch mit, dass Schienenfahrzeuge ausdrücklich vom Delikt des „unbefugten Gebrauchs“ von Kraftfahrzeugen ausgenommen seien.
Wenn es ein Auto gewesen wäre
Und das „Fahren ohne Fahrerlaubnis“ komme ebenfalls nicht in Frage, da zum Steuern einer Straßenbahn gar keine amtliche Erlaubnis benötigt werde. Hier eine kleine Randnotiz dazu. Laut § 21 des Straßenverkehrsgesetzes steht auf Fahren ohne Fahrerlaubnis eines Kraftfahrzeugs eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe. Bei einem Autodiebstahl würde sogar laut § 243 Strafgesetzbuch eine Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten bis zu zehn Jahren drohen.
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