Braunschweig. Kürzlich trieb ein aggressiver Marderhund im Bereich zwischen den Schunterwiesen bei Rühme und nördlich von Kralenriede bis zur A2 sein Unwesen. Er griff dabei mehrere Menschen an, eine Frau biss er in die Hand. Da Marderhunde ansteckende Krankheiten haben können, gilt schnelles Handeln. Im Interview mit regionalHeute.de berichtet eine Betroffene jedoch über ihre großen Probleme, an den passenden Impfstoff zu gelangen.
„Ich wusste, dass es eine Gefahr bedeutet und man innerhalb von 24 Stunden geimpft werden muss", erklärt Ursula Reiff. Besonders erschrockensei sie dann aber darüber gewesen, dasssich bezüglich des Impfstoffes wohl niemand angesprochen gefühlt habe. „Ich war unglaublich schockiert darüber, dass ich von Einem zum Anderen geschickt wurde", erläutert die Braunschweigerin. Das Problem: Niemand habe den Impfstoff gegen Tollwut auf Lager gehabt. Auch die Kliniken hättenkeine Vorräte zur Verfügung stellen können. „Die Info, die ich bekommen hatte, war dass die Krankenhäuser die Impfstoffe bereithalten müssen", so Ursula Reiff. Fündig wurde sie dann letztlich bei einem Arzt in der Salzdahlumer Straße, der einen Impfstoff kurzfristig aus einem Notfalldepot ordern konnte. Die Braunschweigerin konnte dann zeitnah geimpft werden.
Keine Vorräte im Klinikum?
Auch wenn Ursula Reiff noch innerhalb von 24 Stunden geimpft werden konnte, bleibt die Frage: Haben Kliniken wirklich keine Vorräte auf Lager? regionalHeute.de erkundigte sich bei der Stadt Braunschweig und dem Städtischen Klinikum. „Es handelt sich um die Impfstoffe Rabipur (Aktivimpfstoff) und Berirab (Passivimpfstoff). Die Impfstoffe werden im Klinikum nicht vorrätig gehalten. Da besonders der Passivimpfstoff nur sehr begrenzt verfügbar ist, steht er den behandelnden Ärzten über das Notdepot der Apothekerkammer Niedersachsen (Pharmagroßhandel Kehr) zur Verfügung und kann dort gegen Vorlage eines Rezeptes bezogen werden", erläutert Klinikum-Sprecherin Thu Trang Tran auf Anfrage von regionalHeute.de. Heißt: Die schnellste Variante sei es – wie in dem Fall von Ursula Reiff gehandhabt – auf die Vorräte des Notfalldepots zurückzugreifen. „Der Impfstoff kann in kurzer Zeit von jeder Apotheke aus dem Notfalldepot der Apothekenkammer besorgt werden", bestätigt auchStadtsprecher Rainer Keunecke.
So verhaltensich bei Tollwut-Verdacht richtig
Im Interview mit regionalHeute.de erklärt das Klinikum, wie Sie sich bei einem Biss richtig verhalten:
„Die Inkubationszeit, das heißt die Zeit zwischen dem Biss und dem Auftreten klinischer Symptome, beträgt rund drei bis acht Wochen, wobei aber in Einzelfällen auch kürzere und längere Inkubationszeiten beobachtet wurden. Entscheidend ist hierbei der Ort der Bissverletzung: Je weiter entfernt vom Gehirn die Bissverletzung stattgefunden hat (also z.B. Finger oder Fuß), desto länger die Inkubationszeit. Nach Bissverletzung eines Nicht-Geimpften durch ein tollwütiges Tier, lauten die Empfehlungen, kombiniert mit einem Immunglobulin (passive Impfung) und einem aktiven Impfstoff zu impfen. Die passive Impfung sollte möglichst tagesgleich (ggf. bis zu 7 Tage nach Exposition) in die Umgebung der Bissstelle injiziert werden, die aktive Impfung besteht aus mehreren Injektionen im Abstand von einigen Tagen bis wenigen Wochen, wobei es hier zwei verschiedene empfohlene Impf-Schemata gibt. Zu den Details bitte die Herstellerangaben vergleichen (es gibt zwei geeignete Impfstoffe in Deutschland) bzw. bei der WHO oder dem RKI nachlesen. Etwa sieben Tage nach einer aktiven Impfung bildet sich langsam ein ansteigender schützender Antikörpertiter. Bei korrekt durchgeführter Impfung besteht ein praktisch hundertprozentiger Schutz vor der Erkrankung. Je Gehirn-näher die Bissverletzung, desto rascher muss natürlich die Impfung erfolgen, um noch zu wirken. Gute Studien zur zeitlichen Wirksamkeit der postexpositionellen Impfung kann es natürlich aus ethischen Gründen nicht geben, aber Impfversager sind wohl entweder auf nicht richtig durchgeführt Impfungen oder Bissverletzung am Kopf zurückzuführen. Aber ganz wichtig: Deutschland gilt seit zirka zehn Jahren als Tollwut-frei bei Wildtieren, Ausnahme: direkter Kontakt mit Fledermäusen."
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