Mit Satzungsänderung gegen Bettler und zu viel Musik

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Um in der Innenstadt besser für Recht und Ordnung sorgen zu können, soll die Satzung geändert werden. Symbolfoto: Archiv
Um in der Innenstadt besser für Recht und Ordnung sorgen zu können, soll die Satzung geändert werden. Symbolfoto: Archiv | Foto: Sina Rühland

Braunschweig. Nach langem Hin und Her hat der Stadtbezirksrat Innenstadt am Dienstag die Satzungsänderung über die Sondernutzung an Ortsstraßen und Ortsdurchfahrten in der Stadt Braunschweig beschlossen. Die Satzung regelt nun beispielsweise, wie lange Straßenmusiker an einem Ort verbleiben dürfen und was unter dem Begriff "Lagern" zu verstehen ist.


Erst im Mai des vergangenen Jahres wurde die zurzeit gültige Satzung über die Sondernutzung vom Rat beschlossen. Nun soll eine Anpassung erfolgen, wie Oliver Düber von der Stadt Braunschweig während der Sitzung erörterte. Mit der Änderung wolle man keinesfalls grundsätzlich alles verbieten. "Wir wollen hier keinen Kahlschlag und alles verbieten. Aber wir brauchen eine Gesetzesgrundlage, damit wir handlungsfähig sind, sollte es zu übermäßigen Beschwerden kommen", so Düber.

Gemeint sind damit die Änderungen in der Satzung, mit der verbindliche Regelungen geschaffen werden, ein unmittelbares Handeln zur Verhinderung unerwünschter Verhaltensweisen zu erleichtern. Begriffe und Handlungen der betreffenden Gruppen würden nun klarer definiert. Zu dem Schritt hat sich die Verwaltung entschlossen, weil regelmäßig Beschwerden über unangemessene Verhaltensweisen von Personen, wie das Lagern, das aggressive, gewerbsmäßige und organisierte Betteln sowie die Ausübung unangemessen lauter Straßenmusik eingehen würden. Daneben würden sich Bürger sowie Gewerbetreibende über das Abstellen von Werbekraftfahrzeugen und -anhängern auf Parkplätzen beschweren und insbesondere gegen das Abstellen von Werbefahrrädern in der Innenstadt wenden.

Lagern:


In der Braunschweiger Fußgängerzone sei immer wieder zu beobachten, dass mehrere Personen vor Geschäftsfronten auf Decken verweilen; sie führen Hunde mit sich, konsumieren Alkohol, sprechen oder betteln Passanten an. Passanten und Gewerbetreibende fühlen sich durch dieses Verhalten belästigt und fordern die Verwaltung auf, dagegen vorzugehen. Grundsätzlich sei dies Verhalten derzeit nichtuntersagt. Erst wenn mit dem Aufenthalt eine konkrete Ordnungsstörung wie zum Beispiel Belästigungen oder grobe Verunreinigungen verbunden ist, stelle das Verhalten bisher schon eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld geahndet und durch ordnungsrechtliche Maßnahmen unterbunden werden kann. Der Konsum von Alkohol kann nicht verboten werden; ebenso besteht kein genereller Leinenzwang in der Fußgängerzone für mitgeführte Hunde.

Weil aktuell für ein weiteres Einschreiten von Polizei und Zentralem Ordnungsdienst gegen dieses Verhalten keine rechtliche Eingriffsgrundlage bestehe, soll die Sondernutzungssatzung geändert werden. Es ist daher vorgesehen, den Begriff des Lagerns als erlaubnispflichtige Sondernutzung wie folgt zu definieren:

„Lagern ist das Nutzen eines eingerichteten Rast- und Ruheplatzes zum Zweck des dauerhaften Verweilens, wenn hierdurch andere Verkehrsteilnehmer oder Anlieger in ihrem Gemeingebrauch eingeschränkt werden, z. B. durch das Abstellen und Ablegen von Decken, Flaschen, Behältnissen oder anderer Gegenstände im öffentlichen Bereich, durch Lärmen, Anpöbeln oder Belästigen in sonstiger Weise, oder wenn der Abstand des Lagers zu Warenauslagen oder Eingängen bzw. zuführenden Treppen zu Anliegergrundstücken weniger als 2 Meter beträgt. Ein dauerhaftes Verweilen ist gegeben, wenn diese Nutzung über ein Ausruhen oder eine soziale Interaktion hinausgeht, wovon grundsätzlich bei Überschreitung eines Zeitraums von 60 Minuten auszugehen ist.“

Aggressives, gewerbsmäßiges und organisiertes Betteln:


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Gegen aggressive Bettler soll vorgegangen werden. Foto: Anke donner



Inzwischen würden unterschiedliche Formen des Bettelns auftreten, so die Verwaltung. Während noch vor Jahren einzelne ortsansässige Personen durch das sogenannte stille Betteln, z. B. mit einem Schild stillschweigend auf ihre Not aufmerksam gemacht und gebettelt haben, würden heute auch organisierte oder bandenmäßige Bettlerinnen und Bettler auftreten. Dabeiwürden die Hintermänner Gewinne machen, während die bettelnden Personen nur einen geringen Anteil erhalten.

In der Braunschweiger Innenstadt komme es immer wieder vor, dass Passanten von bettelnden Personen direkt angesprochen werden, teilweise in aufdringlicher Weise. Eine klarere Definition soll hier Abhilfe schaffen. Nach der neuen Satzung würde ein aggressives Betteln dann vorliegen, wenn angebettelte Personen nachdrücklich oder hartnäckig angesprochen, festgehalten, angefasst werden, ihnen der Weg versperrt wird, sie bedrängend verfolgt oder durch massives Auftreten mehrerer Personen belästigt oder bedroht werden.

Gewerbsmäßiges und organisiertes Betteln liege insbesondere vor, wenn bettelnde Personen zum Beispiel durch Dritte erkennbar gelenkt und ihnen Bettelplätze zugewiesen werden, wenn Bettelerlöse erkennbar durch Dritte übernommen werden oder wenn bettelnde Minderjährige von Erwachsenen beim Betteln überwacht werden. Wird ein aggressives, gewerbsmäßiges oder organisiertes Betteln festgestellt, können aus Gründen der Gefahrenabwehr gegebenenfalls Platzverweise – mit Wirkung für die gesamte Innenstadt – erteilt werden.

Straßenmusik:


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Straßenmusiker sollen nur noch 30 Minuten an einem Ort spielen dürfen. Symbolfoto:Archiv Foto: regionalHeute.de



Auch für Straßenmusiker soll es Einschränkungen geben, was besondersbei Romina Klippert von den Grünen auf Ablehnung stieß. Die Vorstellung, dass Straßenmusiker keine Tonträger mehr verkaufen dürften, gefiel Klippert gar nicht. Daher regte sie an, zumindest zuzulassen, dass Tonträger in geringer Menge verkauft werden dürften. Der Vorschlag stieß jedoch auf wenig Zustimmung. Es sei eben schwer bis gar nicht zu kontrollieren, welche Mengen bereits verkauft wurden, so Düber.

Straßenmusikanten können den Aufenthalt in einer Stadt erfrischen und beleben, da ist sich die Verwaltung sicher. Jedoch dürften dadurchkeine unverhältnismäßige Störung von Bewohnern, Passanten oder Gewerbetreibenden eintreten. Zu beachten ist, dass keine Verstärkeranlage verwendet und keine Tonträger verkauft werden dürfen. Der zentrale Ordnungsdienst wird in der Regel nur dann tätig, wenn es Beschwerden über Störungen durch Lärm gibt. In diesen Fällen werden die Musiker angesprochen, an einem anderen Ort zu spielen und ihren Standort alle 30 Minuten zu wechseln. Zum Schutz von Bewohnern, Passanten und Gewerbetreibenden vor unverhältnismäßigen Lärmbelästigungen sollen für Straßenmusikanten klare Spielregeln festgelegt werden. Straßenmusik in der Fußgängerzone ohne gewerblichen Charakter soll nun nur noch zwischen 10 und 21.30 Uhr ausgeübt werden. Dabei dürfen keine Verstärkeranlagen und Tonübertragungsgeräte eingesetzt werden.

An einem Standort dürfen maximal 30 Minuten innerhalb eines Zeitraumes zwischen der vollen Stunde bis zur nächsten halben Stunde musiziert werden, anschließend ist der Standort zu wechseln. Der neue Standort muss dann mindestens 200 Meter vom bisherigen Standort entfernt sein. Zu genehmigten Sondernutzungen in Form von Veranstaltungen ist ebenfalls ein Abstand von 200 Metern einzuhalten. Straßenmusiker dürfen an einem Standort nur einmal am Tag auftreten.

Begleitend soll ein mehrsprachiges Informationsblatt zum Thema Straßenmusik mit Darlegung der Spielregeln herausgegeben werden, das durch den Zentralen Ordnungsdienst verteilt werden kann.

Werbekraftfahrzeuge, Werbefahrräder


Im Interesse aller Bürger müssen auch bei der Werbung rechtliche Regeln eingehalten werden, auch wenn sie laut Verwaltung zu einerlebendigen Großstadt gehören. Auch Kraftfahrzeuge, Anhänger und Fahrräder dürfen grundsätzlich Werbung tragen, zum Beispiel Logos von Firmen oder Geschäften; bei Rädern dürfen grundsätzlich auch Werbetafeln montiert sein. Problematisch sei es, wenn diese Fahrzeuge nicht überwiegend zum Fahren und Transportieren genutzt werden, sondern zum Zweck der Werbung im öffentlichen Raum abgestellt werden.Bei der Verwaltung gingen immer wieder Hinweise auf im öffentlichen Verkehrsraum abgestellte Werbekraftfahrzeuge und -anhänger ein, vorrangig deshalb, weil dadurch Gehwege oder Parkraum über einen längeren Zeitraum blockiert werden oder weil die Werbung als aufdringlich empfunden wird.

Betroffen sei auch die Braunschweiger Innenstadt; hier würden Werbefahrräder abgestellt, die das Stadtbild und die Aufenthaltsqualität beeinträchtigen. In Bezug auf diese Werbefahrräder liegen der Verwaltung hauptsächlich Beschwerden einzelner Gewerbetreibenden und des Arbeitsausschusses Innenstadt vor.

Ziel sei es nun, das Abstellen von Kraftfahrzeugen, Anhängern oder Fahrrädern, die ausschließlich oder überwiegend zum Zweck der Werbung abgestellt werden, zu unterbinden.


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