Braunschweig. Die Stadtverwaltung hat den Ratsgremien heute einen Vorschlag für drei Zukunftsszenarien mit etwa 200 möglichen Maßnahmen für Veränderungen in der Organisation der Mobilität in Braunschweig vorgelegt. Sie bittet die Politik um Zustimmung, die Wirksamkeit dieser Maßnahmen in den kommenden Monaten fachlich zu untersuchen, um zu klären, ob sie in den "Mobilitätsentwicklungsplan 2035+", (MEP) einfließen.
Dieser soll den maßgeblichen Handlungsrahmen für Mobilität und Verkehr in Braunschweig für die kommenden Jahre darstellen. Zuletzt wurde ein Mobilitätsentwicklungsplan 1998 aufgestellt. Ein abschließender Entwurf für den neuen MEP soll dem Rat Ende des Jahres zur Entscheidung vorgelegt werden. Die drei Zukunftsszenarien "Smarte Mobilität", "Starker Umweltverbund" und "Stadtraum für Menschen" sind dabei Ergebnis des bisherigen Arbeits- und Partizipationsprozesses für den Mobilitätsentwicklungsplan. Ebenso gehen die 200 konkreten Vorschläge auf Ideen und Hinweise von Bürgerinnen und Bürgern, den MEP-Arbeitsgruppen mit Verbänden und Politik sowie auf die Verwaltung und die Gutachter, die Büros Planersocietät (Dortmund), und WVI (Braunschweig) zurück.
Fortbewegungsarten attraktiver machen
"Unser Ziel ist es den Verkehr klimagerecht zu gestalten, dabei jedoch auch für die Erreichbarkeit der Innenstadt zu sorgen. Die Mobilität der Menschen verändert sich, und vor dem Hintergrund der Klimaziele, die auch in unserem Braunschweiger Klimaschutzkonzept fixiert sind, wird sich auch der Verkehrs-Mix in der Stadt weiter verändern. Ausbau und Stärkung des ÖPNV und die Förderung von Rad- und Fußverkehr, zwei ganz große Projekte, die wir seit Jahren verfolgen, weisen genau in diese Richtung", erklärt Oberbürgermeister Dr. Thorsten Kornblum im Rahmen eines Pressegesprächs am heutigen Mittwoch und nannte in diesem Zusammenhang den Stadtbahnausbau und das Maßnahmenpaket "Radverkehr in Braunschweig". "Die Mobilitätswende gelingt, wenn wir diese Fortbewegungsarten noch attraktiver für die Menschen machen", ist sich der Oberbürgermeister sicher. Zugleich gehe es um einen zeitgemäßen Ausgleich der Interessen aller Fortbewegungsarten, einen zeitgemäßen, klimagerechten "Modal Split", bei dem natürlich auch der Kfz-Verkehr mit der E-Mobilität eine wichtige Rolle spielen.
Mobilitätsentwicklungsplan auf der Zielgeraden
Der MEP werde diese bisherigen Ziele berücksichtigen und neue Maßnahmenideen integrieren. Mit dem Prüfauftrag der Zukunftsszenarien geht der MEP in diesem Jahr auf die Zielgerade. Dabei stehe jetzt der entscheidende Arbeitsschritt an, so Kornblum. "Wir wollen klären, welche der vielfältigen Ideen, die im bisherigen Planungs- und Beteiligungsprozess zusammengekommen sind, wirksam sind im Sinne einer Mobilität der Zukunft, an der alle teilnehmen können, die barrierefrei ist, die alle Mobilitätsinteressen ausreichend berücksichtigt, die unsere Stadt attraktiv und für alle erreichbar macht und die zeitgemäße Antworten findet auf die ökologischen Herausforderungen, vor denen wir stehen. Die Zukunftsszenarien könnten als Leitbilder dafür Orientierung geben." "Welche Lösungen führen zum Ziel?", das sei die zentrale Frage der kommenden Monate.
Ihm sei daher wichtig, dass auch kontroverse und weitgehende Ideen offen geprüft würden, erklärte Kornblum weiter. Denn zum einen könnten gerade solche Maßnahmen möglicherweise starke Effekte mit sich bringen, zum anderen sei es nur redlich, im Rahmen eines Beteiligungsprozesses, der weit in die Zukunft reiche, alle Ideen, vielleicht auch unpopuläre, ernst zu nehmen. "Ich danke allen, die sich bisher in den Prozess eingebracht haben."
Plant gibt Handlungsrahmen vor
Wichtig sei dabei, dass zum derzeitigen Zeitpunkt keinerlei Entscheidungen beziehungsweise Vorentscheidungen getroffen wurden, welche Maßnahmen am Ende Teil des MEP-Entwurfs für die Ratsgremien werden, sagte Stadtbaurat Heinz Leuer. "Wir schlagen an dieser Stelle keine Maßnahme zur Umsetzung vor. Wir machen jetzt lediglich die Ergebnisse des bisherigen Prozesses transparent und informieren, dass wir die 200 Maßnahmen – bei Zustimmung der Gremien – näher untersuchen wollen. Dass dies natürlich auch jetzt schon öffentliche Diskussionen zu einzelnen Punkten nach sich ziehen wird, ist eine logische Folge und auch sinnvoll."
Einfluss auf Innenstadtverkehr
Unter den Maßnahmen, die größere Eingriffe in den Verkehr, beziehungsweise Veränderungen der Verkehrsorganisation in Braunschweig bedeuten würden, sind beispielsweise die Sperrung des Bohlwegs, die Einspurigkeit auf dem City-Ring, die konsequente Reduzierung bzw. Bündelung des (ruhenden und fließenden) motorisierten Individualverkehrs, die Schließung der Verbindungsstraße Brodweg für den motorisierten Individualverkehr, eine Veränderung der Flächenzuteilung für die einzelnen Verkehrsarten auf dem Wilhelminischen Ring, eine stadtweite Geschwindigkeitsreduzierung außerhalb strategischer Hauptachsen oder eine Beschränkung des Lkw-Verkehrs in bestimmten Bereichen.
Stadtbaurat Leuer verdeutlichte, der Zeitplan der kommenden Monate sei ambitioniert. Die bisherigen Vorschläge seien in vielfacher Weise, etwa bezüglich Zielsetzung, Reichweite oder Kosten, disparat. Mit den beauftragten Planungs- und Verkehrsbüros gilt es, eine Bewertungsmethodik zu entwickeln, die eine Vergleichbarkeit im Sinne der Wirkung in Bezug auf die Ziele des MEP herstellt.
Die weiteren Schritte: Gibt der Ausschuss seine Zustimmung, wird zunächst eine erste Modellrechnung unter Berücksichtigung der drei Szenarien angestellt. Auf Basis der Ergebnisse dieser Modellrechnung werden die einzelnen Maßnahmen bewertet und für das Zielszenario ausgewählt. Dann folgt eine weitere Modellrechnung unter Berücksichtigung der ausgewählten Maßnahmen. Kann die Wirkung der Maßnahmen auch in dieser Rechnung überzeugen, schaffen sie es ins finale Handlungskonzept.
Die drei Zukunftsszenarien
Braunschweigs Verkehr soll "smarter" werden, etwa in Bezug auf die Ampelsteuerung, die Dynamik der Wegweisung, barrierefreie Buchungssysteme, On-demand-Angebote oder die Vernetzung der Verkehrsmittel (Zukunftsszenario "Smarte Mobilität).
Der Umweltverbund (Rad- und Fußverkehr, ÖPNV) soll gestärkt werden, um eine Änderung des Mobilitätsverhaltens insbesondere bei den Kfz-Nutzern zu erreichen. Dies soll durch Vernetzung von Verkehrsmitteln einerseits als auch mit den Stadtteilen und dem Umland etwa durch Mobilitätsstationen anderseits erreicht werden, ebenso wie mit einer Veränderung der Flächenanteile bei den Verkehrsarten, also die Größe des Stadtraums, der den einzelnen Verkehrsarten zur Verfügung steht ("Starker Umweltverbund").
Unter der Überschrift "Stadtraum für Menschen" soll eine Verhaltensänderung zugunsten nachhaltiger Mobilität sowie weniger Kfz-Flächen, beispielsweise in neuen Wohnquartieren, zu neuen Stadträumen führen, die für gesellschaftliches Leben und sozialen Austausch zur Verfügung stehen.
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