Braunschweig. Seit Mai 2024 steht die ehemalige Justizvollzugsanstalt Rennelberg leer. Für eine zukünftige Nutzung des Geländes werden vom Land Niedersachsen derzeit Investoren gesucht. Für die SPD-Ratsfraktion Braunschweig ist klar: Eine Nachnutzung der ehemaligen JVA kann nicht erfolgen, ohne die besondere Geschichte des Ortes angemessen zu würdigen. Die Fraktion hat daher zur Ratssitzung am Dienstag, dem 9. Dezember die Einrichtung eines Geschichts- und Erinnerungsortes als Teil des Nachnutzungskonzeptes beantragt. Das teilt die Fraktion in einer Pressemeldung mit.
„Die ehemalige JVA Rennelberg ist ein Teil des historischen Gedächtnisses unserer Stadt“, unterstreicht Annette Schütze, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion, die Bedeutung des Antrags. „In der Zeit des Nationalsozialismus war die Haft- und Verfolgungsanstalt Rennelberg ein Ort des Schreckens. Viele Verfolgte, die hier einsaßen, haben die NS-Diktatur nicht überlebt.“
Durch Gestapo in Schutzhaft genommen
Insgesamt 515 Menschen wurden während der Zeit des Nationalsozialismus in der JVA Rennelberg – oft willkürlich und begleitet von grausamer Folter – durch die Gestapo in Schutzhaft genommen, unter ihnen prominente Sozialdemokraten wie der damalige Oberbürgermeister Ernst Böhme und der langjährige Ministerpräsident des Freistaates Braunschweig, Dr. Heinrich Jasper. Auch viele Frauen waren unter den Inhaftierten, war das Rennelberg-Gefängnis doch das einzige Frauengefängnis der damaligen Zeit im Braunschweiger Land.
„Für viele Menschen war es eine Inhaftierung ohne Wiederkehr. Wer im Rennelberg einsaß, den erwartete im Anschluss nicht selten eine Überstellung in eine Hinrichtungsstätte wie die Haftanstalt Wolfenbüttel“, erklärt Schütze. „Die ehemalige JVA Rennelberg ist somit nicht nur ein Ort des Erinnerns an viele Menschen, die von den Nazis grausam verschleppt und ermordet wurden. Die JVA steht auch sinnbildlich für die gleichgeschaltete NS-Justiz und ihre Willkür.“
Zustimmung der Stadt nötig
Aktuell befindet sich das Gelände der ehemaligen JVA im Besitz des Landes Niedersachsen; dieses sucht im Rahmen eines Interessenbekundungsverfahrens derzeit einen Käufer, der das Gelände neu entwickeln soll. Ein solches Nachfolgekonzept benötigt jedoch die Zustimmung der Stadt Braunschweig: „Wir beauftragen die Stadtverwaltung daher, mit einem möglichen Investor eine Übereinkunft zu erzielen, um zukünftig öffentlich nutzbare Räumlichkeiten für einen Gedenk- und Erinnerungsort in der ehemaligen JVA Rennelberg zur Verfügung zu stellen“, erklärt Schütze.
An der grundsätzlichen Architektur des im Jahr 2001 beschlossenen Braunschweiger Gedenkstättenkonzepts ändere sich hierdurch jedoch nichts; das ehemalige KZ-Außenlager in der Schillstraße bleibe der zentrale Erinnerungsort an die nationalsozialistische Gewaltherrschaft. Vielmehr sieht der SPD-Antrag vor, dass die Stadt zeitnah ein Expertengremium aus verschiedenen Institutionen und Vereinen bilden möge, um die Idee eines Geschichts- und Erinnerungsortes JVA Rennelberg zu konkretisieren.

