Eklat in Braunschweig - Ein Armutszeugnis der Kandidaten

Die AfD durch die Absage einer Diskussion klein machen zu wollen ist illusorisch, findet unser Autor. Am Ende sind die Geschassten die eigentlichen Gewinner der Aktion.

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Symbolbild | Foto: Werner Heise

Braunschweig. Weil auch der AfD-Oberbürgermeisterkandidat an einer Diskussionsveranstaltung teilnehmen sollte, verweigerten vier OB-Kandidaten kurz vorher die Teilnahme, obwohl sie schon seit Mai gewusst haben sollen, wer an der Diskussion teilnehmen soll. Für unseren Autor ist die Aktion ein Armutszeugnis. Denn wer sich der AfD nicht inhaltlich stellt, der verliert an Boden. Applaus gibts dafür nur aus der eigenen Blase.



Da ist sie wieder, die Gretchenfrage, die seit 2015 immer wieder gestellt wird: Soll der AfD eine öffentliche Bühne geboten werden? Denkt man genau darüber nach, ist die Frage eigentlich absurd. Die AfD sitzt von den Gemeinderäten bis in den Bundestag in fast allen Parlamenten. Welche Bühnen will man ihnen also nehmen? In einer Zeit, in der dank Facebook, Twitter und Instagram jeder sein eigener Verleger ist, braucht es keine Diskussionsveranstaltungen mehr, damit die AfD eine Bühne findet. Die ist da. Immer und überall.


Wer die AfD wirklich klein machen will, der muss sich der Partei inhaltlich stellen. Der muss die Diskussion aufnehmen und die oftmals inhaltlich sehr dünn aufgestellte Partei widerlegen. Das ist anstrengend, ja. Das ist oftmals auch müßig, weil man ohnehin nicht jeden erreicht. Aber es ist nötig. Wer die Diskussion schlicht verweigert, der füttert das Narrativ der AfD. Der bestätigt das Raunen der Exklusivität, der angeblichen Angst der sogenannten etablierten Parteien vor des Volkes Zorn. Völlig egal, was die Intention hinter der Absage war: Es wird so verkauft werden. Und dann ist das Kind in den Brunnen gefallen. Dann ist eben nicht mehr möglich, eine inhaltliche Diskussion zu führen. Ist die Opferrolle erst einmal angenommen, lässt sich der Geschasste schwerlich herauslocken.


Ein Armutszeugnis der Kandidaten


Dabei ist es nicht so, als müssten sich die Kandidatinnen und der Kandidat, die nun den Diskurs verweigern, verstecken. Wir reden hier über eine Architektur-Professorin, eine Biologin, eine Mathematikerin und den ersten Stadtrat der Stadt Braunschweig. Diese Menschen sind keinesfalls auf den Kopf gefallen, im Gegenteil. Würden sie sich der Auseinandersetzung stellen, stünden die Chancen gut, dass am Ende die AfD im Regen stehen würde und dass dann doch der eine oder andere Protestwähler zu der Überzeugung käme, dass die greinenden Populisten nicht diejenigen sind, die in einer Zeit der Umwälzungen Probleme lösen. Stattdessen aber nimmt man jedoch den leichten Ausweg, der nur der eigenen Anhängerschaft gefällt. Betroffene Blicke inklusive.

Denn das ist der Beigeschmack, den diese Entscheidung liefert: Trotz laut Veranstalter mehrmonatiger Kenntnis von Hankers Anwesenheit kam die Absage kurz vor der Sendung. Der Applaus kommt nun aus der eigenen Blase, die vier Absager können sich nun für ihren mutigen Kampf gegen den von ihnen ausgemachten Faschismus auf die Schulter klopfen. Man könnte also auf die Idee kommen, dass diese Aktion nichts weiter als groß inszenierte Selbstbestätigung ist. Geholfen ist damit niemandem, außer der AfD. Doch selbst wenn der Veranstalter nicht explizit gesagt haben sollte, dass Hancker mit am Tisch sitzt, wie die Kandidaten nun behaupten, ändert das inhaltlich rein gar nichts. Denn am Ende sollte sich jeder überlegen, ob er oder sie für den Posten des Hauptverwaltungsbeamten der zweitgrößten Stadt Niedersachsens geeignet ist, wenn man nicht bereit ist, eine anstrengende Diskussion mit dem politischen Gegner zu führen. Aber immerhin kann man nun von sich behaupten "das Richtige" getan zu haben. Im Internet nennt man so etwas zuweilen Gratismut.


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