Stadtbahnausbau: Kosten deutlich höher als gedacht


Ein positiver Kosten-Nutzen-Faktor wird erwartet. Symbolbild: Archiv

Braunschweig. Das Stadtbahnausbaukonzept "Stadt.Bahn.Plus – Bringt Braunschweig weiter!", das der Rat Anfang 2017 auf Vorschlag von Oberbürgermeister Ulrich Markurth einstimmig beschlossen hatte, ist nach Informationen der Stadt einen wichtigen Schritt vorangekommen.


Die frühzeitige Bürgerbeteiligung in Gestalt von Workshops für die ersten beiden Teilprojekte (Verlängerung nach Volkmarode einschließlich Wendeschleife Gliesmarode und Verlängerung nach Rautheim) ist abgeschlossen. In beiden Fällen ist es gelungen, gemeinsam mit den Bürgern von einer breiten Mehrheit der Mitwirkenden getragene Vorzugsvarianten für die Trassenführung zu entwickeln.

Die parallel zu den Workshops kontinuierlich mitlaufenden Berechnungen gemäß Standardisierter Bewertung zeigen - auch wenn durch rasant gestiegene Preise in der Bauwirtschaft und mittlerweile etwas konkretere Kostenermittlungen von höheren Kosten auszugehen ist - unverändert einen positiven Nutzen-Kosten-Faktor. Damit bleibt die Aussicht auf Förderung durch Bund und Land, die entsprechend höher ausfallen würde, unverändert erhalten. Die Verwaltung wird dem Rat bis Jahresende einen Beschlussvorschlag machen mit dem Ziel, im nächsten Jahr mit der eigentlichen Verkehrsanlagenplanung für diese beiden Teilprojekte zu beginnen.

Es ist mit Fahrgaststeigerungen


"Auf den ausgewählten Strecken kann die Stadtbahn den wachsenden Bedarf an Mobilität in Zukunft am besten und wirtschaftlichsten decken", stellt Oberbürgermeister Ulrich Markurth klar. "Es ist mit Fahrgaststeigerungen zu rechnen, die einerseits durch die Stadtbahn zusätzlich generiert werden, andererseits mit einem leistungsfähigen System deutlich besser und wirtschaftlicher transportiert werden können. Unser Ziel ist es, mehr Menschen zum Umsteigen in Stadtbahnen und Busse zu bewegen. Ein kluges Konzept für bessere Mobilität in unserer Stadt ist der Schlüssel für bessere Mobilität in der Region, und die wiederum ist Voraussetzung für gute Fernanbindungen. Wir wollen, dass Braunschweig nicht nur Verkehrskompetenzregion ist, sondern Verkehrsreferenzregion wird. Deshalb ist der Stadtbahnausbau auch mehr als Streckenverlängerung, sondern ein Gesamtkonzept, das Stadt und Region große Vorteile bringt."

Stadtbaurat Heinz-Georg Leuer unterstreicht die hohe Bedeutung des Stadtbahnausbaus als ein Teil der ÖPNV-Offensive für Braunschweig: "Die Mobilitätswende macht nicht vor Braunschweig halt. Wir müssen uns an das sich verändernde Nutzungsverhalten der nachwachsenden Generationen anpassen. Sonst verpassen wir den Anschluss." Leuer dankt den Bürgerinnen und Bürgern für die rege Beteiligung an den Workshops: "Im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern haben wir viele Anregungen, vor allem aber viel Unterstützung für den Stadtbahnausbau erhalten. Die Ergebnisse der frühzeitigen Beteiligung müssen jetzt durch den Rat bestätigt und in ein förmliches Planungsverfahren überführt werden." Der Stadtbaurat wirbt um Verständnis dafür, dass nicht schon im kommenden Jahr die Bagger anrollen und der Bau beginnt. Zuvor muss ein Planfeststellungsverfahren vorbereitet und durchgeführt werden, mit dem außerdem eine erneute formelle Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger erfolgt.

Ein positiver Kosten-Nutzen-Faktor wird erwartet


Für beide mit den Bürgerinnen und Bürgern diskutierten Teilprojekte, den Netzausbau nach Volkmarode wie nach Rautheim, ist auch nach der jüngsten Abschätzung ein positiver Kosten-Nutzen-Faktor zu erwarten. Er stellt die Gesamtkosten bestehend aus anteiligen Baunebenkosten, Baukosten, Grunderwerb, Fahrzeugen und erwarteten Betriebskosten dem monetarisierten volkswirtschaftlichen Nutzen gegenüber. Für das Projekt Volkmarode inklusive der zusätzlichen Gleisschleife in Gliesmarode liegt er nach den aktuellen Berechnungen bei 1,4 (im Grundsatzbeschluss 2017 lag er bei 1,3). Beim Projekt Rautheim liegt er nach den aktuellen Berechnungen bei 1,3 (im Grundsatzbeschluss 2017 lag er bei 1,4). Die maßgebliche Größe für eine Förderung, ein Nutzen-Kosten-Faktor größer als 1,0, ist also erfüllt.

Jörg Reincke, Geschäftsführer der Braunschweiger Verkehrs-GmbH, unterstreicht, dass auch die betriebswirtschaftlichen Folgekosten im Blick behalten werden: "Die wirtschaftliche Entwicklung ist auch ein wesentlicher Aspekt unserer Entscheidungen. Der Stadtbahnausbau wird maßgeblich über die Verkehrs-GmbH finanziert und entsprechend in den kommenden Jahren abgeschrieben. Zugleich ziehen wir Vorteile aus dem Ausbau. Die Zahl der Schienenfahrzeuge wird voraussichtlich um sieben wachsen, die Busflotte kann um über 20 Fahrzeuge schrumpfen. Nach den Berechnungen des Verkehrsmodells sind mehr Fahrgäste zu erwarten."

Ein ehrgeiziges Projekt wie der Stadtbahnausbau ist ohne Fördermittel in keiner Stadt leistbar. Deshalb gibt es die Förderprogramme von Bund und Land für die öffentliche Infrastruktur. Oberbürgermeister Markurth: "Wir sind auf die Unterstützung von Bund und Land angewiesen – gerade in Zeiten, in denen die Bauwirtschaft boomt. Der Stadtbahnausbau ist als Vorhaben auf über ein Jahrzehnt angelegt. Die Zeichen für eine Förderung stehen derzeit gut. Das haben uns Bund und Land signalisiert. Deshalb sollten wir diese realistische Chance ergreifen und unseren ÖPNV jetzt so attraktiv wie möglich machen. Wir müssen jetzt auf die sich verstetigende Entwicklung reagieren, dass immer mehr Menschen verschiedene Verkehrsmittel für ihre Wege nutzen und die Nachfrage nach Bahnen und Bussen nicht nur in Braunschweig, sondern bundesweit steigt."

Zahlen und Fakten – Zusammensetzung der Gesamtkosten


Die ersten Grobkostenschätzungen basierten auf dem Kostenniveau im Baugewerbe von 2015 und wurden auf der Grundlage so genannter "Suchräume" angestellt, in denen die geplanten Trassenverläufe erst noch präzisiert werden mussten. Seither ist der Baukostenindex um rund zehn Punkte gestiegen. Aus den Suchräumen wurden konkretere mögliche Vorzugsvarianten der Trassenführung entwickelt. Die Kosten hierfür konnten nun im Rahmen der Voruntersuchungen besser abgeschätzt werden. Nach den Workshops gibt es konkretere Ideen, wo die späteren Trassen verlaufen sollen - separat geführt oder auf der Straße. Deshalb lässt sich jetzt besser abschätzen, wo welche Gleise oder Weichen liegen, welcher Bedarf an Lichtsignalanlagen besteht und welche Abmessungen einzelne Bauwerke haben werden. "Aus diesen Erkenntnissen ist eine etwas genauere Kostenermittlung auf Grundlage aktueller Preise möglich. In Sachen Genauigkeit stehen wir jedoch am Anfang, da die eigentliche Planung erst beginnt. Um die prognostizierten Gesamtkosten im weiteren Projektverlauf dennoch möglichst stabil zu halten, wurden Risikopositionen gebildet", sagt Albrecht Curland, seit dem Frühjahr Gesamtleiter des Projekts bei der Verkehrs-GmbH. Es ergeben sich (Stand 30. Juni 2018) für Volkmarode inklusive der zusätzlichen Wendeschleife Gliesmarode Baukosten von 18,3 Millionen Euro (gegenüber 15,7 Millionen Euro beim Grundsatzbeschluss des Rates), zuzüglich Baunebenkosten und Risikovorsorge.

Gemäß den Vorgaben der Standardisierten Bewertung waren bei der ersten Grobkostenschätzung die Baunebenkosten, wozu insbesondere Planungs- und Gutachterkosten zählen, mit zehn Prozent angesetzt. "Das entsprach der förmlichen Verfahrensanleitung und bildet die förderfähigen Nebenkosten ab", erläutert Curland. "Für die weitere Projektplanung und -steuerung auf Grundlage konkreter Trassenführungen müssen wir jedoch von höheren Nebenkosten im Sinne einer späteren Gesamtinvestition in Planungs- und Bauleistungen ausgehen." Sie wurden daher für Volkmarode auf 3,8 (von 1,3) Millionen Euro angepasst. Die Risikovorsorge für unvorhergesehene Kosten ist für das Projekt Volkmarode auf 1,9 Millionen Euro angesetzt, so dass die Gesamtkosten nun auf 24 Millionen Euro gegenüber den im Februar 2017 kommunizierten 17 Millionen Euro prognostiziert werden.

Alle Varianten haben Vor- und Nachteile


Beim Teilprojekt Rautheim sind drei Varianten denkbar, deren volkswirtschaftlicher Nutzen mit einem Faktor von 1,3 identisch ist, die sich aber in den Gesamtkosten voneinander unterscheiden. Die Trassenvariante "kurze Brücke" entlang der bisherigen Überführungen über die Bahnanlagen an der Helmstedter Straße wird auf insgesamt 44 Millionen Euro veranschlagt (Baukosten 32,6 Millionen Euro, Baunebenkosten 7,4 Millionen Euro, Risiko / Unvorhergesehenes vier Millionen Euro). Die Variante "lange Brücke" wird den Rangierbahnhof querend zur Lindenbergallee und weiter über die Rautheimer Straße geführt, auf 58,7 Millionen Euro Gesamtkosten geschätzt (Baukosten 41,9 Millionen Euro, Baunebenkosten 9,8 Millionen Euro, Risiko / Unvorhergesehenes 7,0 Millionen Euro). Die zweite Variante mit "langer Brücke", die ebenfalls den Rangierbahnhof quert, zur Lindenbergallee führt und dann weiter über den Möncheweg verläuft, wird auf rund 58 Millionen Euro Gesamtkosten geschätzt (Baukosten 41,4 Millionen Euro, Baunebenkosten 9,7 Millionen Euro, Risiko / Unvorhergesehenes 6,9 Millionen Euro). Die erste Abschätzung für den Suchraum lag bei 31,4 Millionen Euro (Baukosten 28,6 Millionen Euro, Baunebenkosten 2,8 Millionen Euro). Welche Variante die Verwaltung dem Rat vorschlagen wird, steht noch nicht fest. Prüfung und Entscheidungsfindung sind noch nicht abgeschlossen. Dazu werden aktuell noch intensive Gespräche mit der Deutschen Bahn AG geführt. Alle Varianten haben Vor- und Nachteile, die sorgfältig abgewogen und begründet werden müssen.

Verwaltung und Verkehrs-GmbH gehen zunächst von Fördermitteln von 11,3 Millionen Euro für das Teilprojekt Volkmarode und 25,1 bzw. 33,5 oder 31,3 Millionen Euro für das Teilprojekt Rautheim aus. Damit würden, je nach Variante, zwischen 47 und 57 Prozent der Kosten durch Fördermittel gedeckt. Auch dies ist eine erste Abschätzung und hängt stark von der tatsächlichen Ausgestaltung der späteren Gleisanlagen ab.

Bürgerbeteiligung: So geht es weiter


Stadtbaurat Leuer: "Die konstruktive Arbeitsatmosphäre und die positiven Rückmeldungen der Bürgerinnen und Bürger bestätigen uns, am Verfahren der frühzeitigen Bürgerbeteiligung festzuhalten. Es ist eine große Motivation für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung und der Verkehrs-GmbH, wenn die Zusammenarbeit so konstruktiv und wertschätzend läuft."

Stadt und Verkehrs-GmbH laden alle interessierten Bürgerinnen und Bürger zum Auftaktworkshop des Projektes Salzdahlumer Str./Heidberg ein: Er findet statt am morgigen Mittwoch um 18.30 Uhr, in der Mensa Schulzentrum Heidberg, Stettinstraße 1. Einlass ist ab 18 Uhr.

Um diese Fragen geht es: Wo soll die neue Stadtbahntrasse auf der Salzdahlumer Straße und im Heidberg verlaufen, was ist zu beachten? Im ersten Workshoptermin soll zunächst über den aktuellen Projektstand und die Streckenführung informiert werden. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten einen Ausblick auf die nächsten Schritte und haben die Möglichkeit, an Dialogstationen aktiv mitzudiskutieren und Einschätzungen abzugeben.

Für das Projekt Campusbahn ist ein Auftaktworkshop nach den Herbstferien 2018 geplant. Die Bürgerworkshops werden nach mittlerweile bewährtem Konzept in mehreren aufeinander aufbauenden Terminen fortgesetzt. Ziel ist es, gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern für jedes der beiden Projekte eine favorisierte Variante zu erarbeiten. Diese sollen den politischen Gremien der Stadt Braunschweig dann in 2019 zur Beratung und Abstimmung vorgelegt werden.


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