Stadt will gegen betteln, lagern und Straßenmusik vorgehen


Während noch vor Jahren einzelne ortsansässige Personen durch das sog. stille Betteln, zum Beispiel mit einem Schild stillschweigend auf ihre Not aufmerksam gemacht und gebettelt haben, treten heute auch organisierte oder bandenmäßige Bettler auf. Symbolfoto: Anke Donner
Während noch vor Jahren einzelne ortsansässige Personen durch das sog. stille Betteln, zum Beispiel mit einem Schild stillschweigend auf ihre Not aufmerksam gemacht und gebettelt haben, treten heute auch organisierte oder bandenmäßige Bettler auf. Symbolfoto: Anke Donner | Foto: Anke donner

Braunschweig. Lagern, aggressives Betteln oder Straßenmusik, der Stadtverwaltung reichen die bisherigen Regeln nicht mehr aus. Deshalb soll der Bauausschuss nach Angaben der Stadt am 21. August über ein neues Regelwerk entscheiden.


Die beabsichtigten Regelungen sollen es erleichtern, unmittelbar gegen unerwünschtes Verhalten vorzugehen, wie unangemessen laute oder langandauernde Straßenmusik, aggressives, gewerbsmäßiges und organisiertes Betteln sowie Lagern in der Fußgängerzone. Außerdem soll es die Änderung einfacher machen, ausschließlich zu Werbezwecken abgestellte Fahrzeuge wie Autos und Fahrräder zu entfernen. Die Entscheidung über die Änderungssatzung trifft der Rat am 4. September.

"Uns geht es nicht darum, Menschen aus der Innenstadt zu vertreiben, die auf ihre Not aufmerksam machen und um Hilfe bitten", stellt der für die Sondernutzungssatzung zuständige Stadtbaurat Heinz-Georg Leuer klar. "Auch Straßenmusik gehört zu einer lebendigen, lebenswerten Großstadt. Diese wollen wir nicht verbieten. Aber es gibt Probleme, und auf die müssen wir reagieren. Bei der Verwaltung gehen regelmäßig Beschwerden über unangemessene Verhaltensweisen von Personen ein, die insbesondere in der Fußgängerzone ihr Lager aufschlagen, die aggressiv und gewerbsmäßig betteln oder übermäßig laut und lange an einem Ort musizieren", begründet Leuer die Initiative der Verwaltung. "Auch wenn Autos, Anhänger oder Fahrräder ausschließlich oder überwiegend zu Werbezwecken abgestellt werden, stößt dies verständlicherweise immer wieder auf Kritik bei Gewerbetreibenden wie Bürgerinnen und Bürgern. Durch Aufnahme neuer Regelungen in die Sondernutzungssatzung werden verbindliche Regelungen und eine Rechtsgrundlage geschaffen, die es unabhängig von den bereits bestehenden Regelungen des Ordnungsrechts ermöglichen, unmittelbar gegen die geschilderten Missstände vorzugehen."

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Heinz-Georg Leuer. Foto: Robert Braumann

Ordnungsdezernent Claus Ruppert, für den Zentralen Ordnungsdienst (ZOD) der Stadt Braunschweig zuständig, ergänzt: "Der Zentrale Ordnungsdienst wird weiterhin im Rahmen des allgemeinen Streifendienstes und von Schwerpunkteinsätzen die Innenstadt kontrollieren und gegen unerlaubte Sondernutzungen und Ordnungsstörungen vorgehen. Soweit dabei konkrete Verstöße festgestellt werden, werden wir diese durch geeignete Maßnahmen unterbinden. Hierzu gehören auch Platzverweise, die mit polizeilicher Unterstützung durchgesetzt werden müssen."

Lagern:


In der Braunschweiger Fußgängerzone ist immer wieder zu beobachten, dass mehrere Personen vor Geschäftsfronten auf Decken verweilen; sie führen Hunde mit sich, konsumieren Alkohol, sprechen oder betteln Passanten an.
Passanten und Gewerbetreibende fühlen sich durch dieses Verhalten belästigt und fordern die Verwaltung auf, dagegen vorzugehen.
Das beschriebene Verhalten ist nicht grundsätzlich untersagt. Erst wenn mit dem Aufenthalt eine konkrete Ordnungsstörung wie z. B. Belästigungen oder grobe Verunreinigungen verbunden sind, stellt das Verhalten bisher schon eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld geahndet und durch ordnungsrechtliche Maßnahmen unterbunden werden kann. Der Konsum von Alkohol kann nicht verboten werden; ebenso besteht kein genereller Leinenzwang in der Fußgängerzone für mitgeführte Hunde.
Weil aktuell für ein weiteres Einschreiten von Polizei und Zentralem Ordnungsdienst gegen dieses Verhalten keine rechtliche Eingriffsgrundlage besteht, soll die Sondernutzungssatzung geändert werden. Es ist daher vorgesehen, in § 5 den Begriff des Lagerns als erlaubnispflichtige Sondernutzung wie folgt zu definieren:

"Lagern ist das Nutzen eines eingerichteten Rast- und Ruheplatzes zum Zweck des dauerhaften Verweilens, wenn hierdurch andere Verkehrsteilnehmer oder Anlieger in ihrem Gemeingebrauch eingeschränkt werden, z. B. durch das Abstellen und Ablegen von Decken, Flaschen, Behältnissen oder anderer Gegenstände im öffentlichen Bereich, durch Lärmen, Anpöbeln oder Belästigen in sonstiger Weise, oder wenn der Abstand des Lagers zu Warenauslagen oder Eingängen bzw. zuführenden Treppen zu Anliegergrundstücken weniger als 2 Meter beträgt. Ein dauerhaftes Verweilen ist gegeben, wenn diese Nutzung über ein Ausruhen oder eine soziale Interaktion hinausgeht, wovon grundsätzlich bei Überschreitung eines Zeitraums von 60 Minuten auszugehen ist."

Schließlich soll das Lagern in § 5 a der Satzung zur in der Regel nicht erlaubnisfähigen Sondernutzung erklärt werden.
Außerhalb des Ordnungsrechts wird zusätzlich auch durch Streetworker auf den Personenkreis eingewirkt, um Beeinträchtigungen von Passanten und Anliegern zu reduzieren. Diese Vorgehensweise hatte bereits im Bereich der Bohlweg-Kolonaden Erfolge gezeigt, wo eine entsprechende Anordnung im Wege einer Allgemeinverfügung getroffen wurde.

Aggressives, gewerbsmäßiges und organisiertes Betteln:


Inzwischen treten unterschiedliche Formen des Bettelns auf. Während noch vor Jahren einzelne ortsansässige Personen durch das sog. stille Betteln, zum Beispiel mit einem Schild stillschweigend auf ihre Not aufmerksam gemacht und gebettelt haben, treten heute auch organisierte oder bandenmäßige Bettlerinnen und Bettler auf. Dabei machen die Hintermänner Gewinne, während die bettelnden Personen nur einen geringen Anteil erhalten. In der Braunschweiger Innenstadt werden Passanten von bettelnden Personen direkt angesprochen, teilweise in aufdringlicher Weise. Während das sog. stille Betteln noch vom Gemeingebrauch erfasst und damit zulässig ist, stellen das aggressive und das gewerbsmäßige Betteln eine Sondernutzung dar.

Der Zentrale Ordnungsdienst und die Polizei schreiten bereits jetzt schon gegen das aggressive, das gewerbsmäßige und organisierte Betteln ein. Bettelnde Personen, die Passanten belästigen, werden aufgefordert, diese Form des Bettelns zu unterlassen; ggf. werden Platzverweise erteilt. In der Sondernutzungssatzung sollen in § 5 das aggressive, das gewerbsmäßige und das organisierte Betteln als erlaubnispflichtige Sondernutzung wie folgt definiert werden:

"Aggressives Betteln liegt vor, wenn angebettelte Personen nachdrücklich oder hartnäckig angesprochen, festgehalten, angefasst werden, ihnen der Weg versperrt wird, sie bedrängend verfolgt oder durch massives Auftreten mehrerer Personen belästigt oder bedroht werden. Gewerbsmäßiges und organisiertes Betteln liegt insbesondere vor, wenn bettelnde Personen zum Beipiel durch Dritte erkennbar gelenkt und ihnen Bettelplätze zugewiesen werden, wenn Bettelerlöse erkennbar durch Dritte übernommen werden oder wenn bettelnde Minderjährige von Erwachsenen beim Betteln überwacht werden."


In § 5 a der Satzung sollen dann auch diese Formen des Bettelns zu in der Regel nicht erlaubnisfähigen Sondernutzung erklärt werden. Wird ein aggressives, gewerbsmäßiges oder organisiertes Betteln festgestellt, können aus Gründen der Gefahrenabwehr ggf. Platzverweise – mit Wirkung für die gesamte Innenstadt – erteilt werden.

Straßenmusik:


Straßenmusikanten können den Aufenthalt in einer Stadt erfrischen und beleben. Straßenmusik stellt eine Sondernutzung dar, gleichwohl gibt es derzeit keine schriftlichen Regelungen zur Ausübung von Straßenmusik in der Stadt Braunschweig.

Aktuell gilt Folgendes:
Durch Straßenmusik darf keine unverhältnismäßige Störung von Bewohnern, Passanten oder Gewerbetreibenden eintreten. Zu beachten ist, dass keine Verstärkeranlage verwendet und keine Tonträger verkauft werden dürfen. Der zentrale Ordnungsdienst wird in der Regel nur dann tätig, wenn es Beschwerden über Störungen durch Lärm gibt. In diesen Fällen werden die Musiker angesprochen, an einem anderen Ort zu spielen und ihren Standort alle 30 Minuten zu wechseln.
Zum Schutz von Bewohnern, Passanten und Gewerbetreibenden vor unverhältnismäßigen Lärmbelästigungen sollen für Straßenmusikanten klare Spielregeln festgelegt werden. Straßenmusik in der Fußgängerzone ohne gewerblichen Charakter soll in § 2 der Satzung unter den nachstehend genannten Voraussetzungen zur erlaubnisfreien Sondernutzungerklärt werden:

Straßenmusik darf zwischen 10 Uhr und 21.30 Uhr ausgeübt werden.
Verstärkeranlagen und Tonübertragungsgeräte dürfen nicht eingesetzt werden.
An einem Standort darf maximal 30 Minuten innerhalb eines Zeitraumes zwischen der vollen Stunde bis zur nächsten halben Stunde musiziert werden, also z. B. von 11 Uhr bis maximal 11.30 Uhr, oder von 11.15 bis 11.30 Uhr. Anschließend ist der Standort zu wechseln. Der neue Standort muss dann mindestens 200 Meter vom bisherigen Standort entfernt sein.
Zu genehmigten Sondernutzungen in Form von Veranstaltungen ist ebenfalls ein Abstand von 200 Metern einzuhalten.
Straßenmusiker dürfen an einem Standort nur einmal am Tag auftreten.

Dabei ist die Beschreibung des 30-minütigen Zeitraumes zwischen der vollen und der nächsten halben Stunde dem Umstand geschuldet, dass in der Praxis andernfalls kaum festgestellt werden kann, wann die 30-minütige Spieldauer an einem Standort verstrichen ist. Es gibt also jeweils zwischen der halben und der vollen Stunde eine Pause, die zum Standortwechsel genutzt werden kann.

Die geplante Satzungsänderung orientiert sich an einer bundesweit verbreiteten Praxis im Umgang mit Straßenmusik; es werden keine wesentlich neuen Regelungen eingeführt, die Konkretisierung dient dem Schutz vor unverhältnismäßigen Störungen und bei Bedarf als Eingriffsgrundlage für die Polizei und den Zentralen Ordnungsdienst. Begleitend soll ein mehrsprachiges Informationsblatt zum Thema Straßenmusik mit Darlegung der Spielregeln herausgegeben werden, das durch den Zentralen Ordnungsdienst verteilt werden kann.

Werbekraftfahrzeuge, Werbefahrräder und Werbeanhänger:


Werbung im öffentlichen Raum gehört zu einer lebendigen Großstadt. Sie informiert, weckt Aufmerksamkeit für die Vielfalt der Angebote des Handels, der Gastronomie und der Dienstleistungen; sie soll von allen wahrgenommen werden können. Im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger müssen auch bei der Werbung rechtliche Regeln eingehalten werden. Auch Kraftfahrzeuge, Anhänger und Fahrräder dürfen grundsätzlich Werbung tragen, zum Beispiel Logos von Firmen oder Geschäften; bei Rädern dürfen grundsätzlich auch Werbetafeln montiert sein. Problematisch ist es, wenn diese Fahrzeuge nicht überwiegend zum Fahren und Transportieren genutzt werden, sondern zum Zweck der Werbung im öffentlichen Raum abgestellt werden. Dann liegt eine unerlaubte Sondernutzungssatzung vor.

Bei der Verwaltung gehen immer wieder Hinweise auf im öffentlichen Verkehrsraum abgestellte Webekraftfahrzeuge und -anhänger ein, vorrangig deshalb, weil dadurch Gehwege oder Parkraum über einen längeren Zeitraum blockiert werden oder weil die Werbung als aufdringlich empfunden wird.

Betroffen ist auch die Braunschweiger Innenstadt; hier werden Werbefahrräder abgestellt, die das Stadtbild und die Aufenthaltsqualität beeinträchtigen. In Bezug auf diese Werbefahrräder liegen der Verwaltung hauptsächlich Beschwerden einzelner Gewerbetreibender und des Arbeitsausschusses Innenstadt vor. Ziel ist es, das Abstellen von Kraftfahrzeugen, Anhängern oder Fahrrädern, die ausschließlich oder überwiegend zum Zweck der Werbung abgestellt werden, zu unterbinden.

Zur Klarstellung sollen deshalb die oben genannten Werbefahrzeuge in § 5 der Sondernutzungssatzung als erlaubnispflichtige Sondernutzung ausdrücklich genannt werden; ergänzend sollen diese Nutzungen in § 5 a der Satzung zu in der Regel nicht erlaubnisfähigen Sondernutzungen erklärt werden.

Weil nicht jedes abgestellte Fahrrad mit Werbung gleichzeitig schon ein Werbefahrrad und damit eine unerlaubte Sondernutzung darstellt, soll zur Aufklärung über das Thema "Werbefahrräder" darüber hinaus eine Informationsbroschüre herausgegeben werden, die dem Arbeitsausschuss Innenstadt und den Gewerbetreibenden der Innenstadt zur Verfügung gestellt werden kann.Bereits bisher geht die Verwaltung im Rahmen personeller Möglichkeiten gegen diese Formen der Werbung vor. Dies soll intensiviert werden.


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