Braunschweig. Sie ist da, man kennt sie vom Sehen, aber was sie ist, wissen viele Braunschweiger nicht: Die Kemenate an der Hagenbrücke, das kleine Gebäude zwischen Straße und Fußweg mit dem kleinen, grünen Hof davor, hat lange ein Schattendasein gefristet. Nun soll die Kemenate in die Öffentlichkeit gerückt werden. Die Prüsse-Stiftung hat das Gebäude von der Stadt gekauft und errichtet darin und daran Ausstellungsräume.
Ähnlich wie bei der Jakob-Kemenate am Eiermarkt soll das historische Gebäude an der Hagenbrücke um einen modernen Anbau erweitert werden. Die Stiftung arbeitet auch hier erneut mit Architekt Rainer Ottinger zusammen. In Anlehnung an die frühere Nutzung und Ausrichtung bekommt das Haus einen schmalen, schlauchförmigen Anbau in Richtung Osten, der ein Treppenhaus und Ausstellungsräume enthalten soll. Ähnlich einer Skulptur überragt er teilweise den Radweg, teils den Hof der Kemenate. In Richtung Katharinenkirche und nach Westen soll der Anbau geöffnet sein. Seit Juli ist das Bauvorhaben genehmigt, im kommenden Frühjahr soll es fertig sein.
Das Baudenkmal zu erhalten, war die erste Intention der Karin und Jochen Prüsse-Stiftung. Doch auch genutzt werden sollte der Raum, und zwar als "offenes Haus", wie Henning Lange es formuliert. Der Geschäftsführer der Stiftung erzählt, dass Dauerausstellungen in dem Bau ebenso Platz finden sollen wie auch wechselnde Schauen von ausgewählten Künstlern. "Die Besucher sollen hinterher rausgehen, und sagen: Das hat sich gelohnt", sagt Lange. Die Stiftung habe es zum Ziel, ihren Besitz mit der Öffentlichkeit zu teilen.
Nicht historisieren, sondern modern ergänzen
Im Keller sollen die Toiletten, im zweiten Obergeschoss soll eine kleine Küche entstehen. Der Erdgeschossraum und die Fläche im ersten Obergeschoss sowie der moderne Anbau stehen dann als Ausstellungsfläche und für kleine Veranstaltungen zur Verfügung. Dass der Anbau kein historisierendes Gebäude wird, war dem Architekten wichtig. "Wir haben durchaus Ehrfurcht vor dem Alten", sagt Rainer Ottinger, "aber wir ergänzen es durch Neues." Ganz aus der Luft gegriffen soll die Architektur aber nicht sein. Sie nimmt die Form des Hofes auf und verweist damit auf einen Teil der Geschichte der Kemenate.
Die Kemenate ist eine von nur noch sehr wenigen, die die Kriege in der Stadt überstanden haben. Im 13. Jahrhundert wurde sie als beheizbarer Schutzraum an ein Wohnhaus angebaut, das sich in Richtung Süden erstreckte - wo heute die Straße Hagenbrücke verläuft. Am liebsten hätten alle Beteiligten in diese Richtung angebaut. Stattdessen machen sie sich einen anderen Geschichtsabschnitt zunutze. Im 17. Jahrhundert war durch einen Eigentümerwechsel die Kemenate von Osten her zugänglich gemacht worden. Diese Eingangsrichtung nimmt der Anbau auf.
Im Zweiten Weltkrieg zerstört, standen in den 1940er Jahren nur noch die Außenmauern - bis ein junger Braunschweiger namens Dieter Buck sich 1946 der Kemenate annahm und sie mit Hilfe des Architekten Klaus-Peter Flesche zu einem Wohnhaus umbaute. In den 1980er Jahren erwarb die Stadt das Gebäude und vermietete es. Schließlich kaufte die Stiftung die Kemenate - über Summen will Henning Lange nicht sprechen - , um daraus einen Ausstellungsraum zu machen.
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