Braunschweig. Im Rahmen der Studie „ÖPNV-Report 2017“ haben die Berater der civity Management Consultants das Angebot des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in über 50 deutschen Städten analysiert. In Braunschweig sieht die Situation demnach nicht so gut aus.
Viele Städte und Kommunen haben sich zum Ziel gesetzt, den Anteil des öffentlichen Verkehrs zu erhöhen, um den Verkehr stadt- und umweltverträglicher zu organisieren. Eine Verkehrswende werde jedoch nur gelingen, wenn der öffentliche Verkehr attraktiv und leistungsfähig ist. „In unseren Kundenprojekten analysieren wir daher regelmäßig, wie es um die Angebotsdichte und das Preis- Leistungsverhältnis des Nahverkehrs tatsächlich bestellt ist. Aus diesen und weiteren Daten leiten wir ab, welcher verkehrspolitische Handlungsbedarf in einer Stadt oder Region besteht und an welchen Stellen primär angesetzt werden muss“, so Stefan Weigele, Partner der Strategieberatung civity und Leiter der Studie.
Einmalige Datenbasis ermöglicht eine differenzierte Bewertung
Die Analysen der Berater basieren auf der systematischen Erfassung und Auswertung der Fahrplandaten der einzelnen Städte. Zentrale Kenngröße sind alle angebotenen Haltestellenabfahrten der verschiedenen Verkehrsmittel in einer Stadt oder einer Region. Diese Kenngröße drückt aus, wie häufig die öffentlichen Verkehrsmittel zum Beispiel in einem bestimmten Gebiet oder bezogen auf die Einwohner zur Verfügung steht. "Mit den Haltestellenabfahrten können wir sowohl die Netzdichte, als auch die Taktdichte erfassen und städteübergreifend vergleichen", so Weigele. „Darüber hinaus werden unter anderemdie Geschwindigkeit der unterschiedlichen Verkehrsträger sowie spezifische Strukturdaten des Angebots und der Städte mit in die Bewertung einbezogen“, so Weigele weiter.
Bundesweite Modal-Split-Daten unzureichend
In einem weiteren Analyseschritt hat civity die ermittelte Angebotsdichte dem Modal-Split-Anteil des Nahverkehrs gegenübergestellt. Auch wenn die Modal-Split-Anteile aus verschiedenen öffentlichen Quellen stammen und nicht eins zu eins vergleichbar sind, so zeige sich aber generell ein positiver Zusammenhang zwischen einem dichteren Nahverkehrsangebot und dem Marktanteil des Nahverkehrs. Auf dieser Basis könne ebenfalls der sogenannte „Schienenbonus“ belegt werden. Je höher der Anteil schienengebundener Abfahrten ist, desto höher seiauch der Marktanteil des Nahverkehrs.
Städten und Kommunen fehlt ein integrierter Ansatz
Im Rahmen der Studie hat civity das Preisverhältnis zwischen den Nahverkehrspreisen und den kommunalen Parkreisen analysiert und die Preisentwicklung in den vergangenen zehn Jahren betrachtet. Das Ergebnis seiernüchternd: „Inflationsbereinigt ist das Parken im öffentlichen Straßenraum zwischen 2006 und 2016 sogar günstiger geworden, die Preise für den öffentlichen Verkehr sind dagegen um bis zu 18Prozent gestiegen. Was leider komplett fehlt, sind integrierte und abgestimmte Konzepte für die Bepreisung der städtischen Mobilität, vom Nahverkehr über Parkgebühren bis hin zum Taxiverkehr und Sharing-Angeboten. Das wäre fair, hätte eine steuernde Wirkung und würde zusätzliche Finanzierungsquellen erschließen“, so Weigele.
In Braunschweig sind die Voraussetzungen schwierig
In Braunschweig herrschten aufgrund der Stadtstrukturschwierige Voraussetzungen für den ÖPNV. Dazu gehörendie geringe Bevölkerungsdichte und Siedlungsdichte im Quervergleich, die sehr hohe Autoverfügbarkeit (sechsthöchster Wert in der Vergleichsgruppe)und die durchschnittliche Auslastung des Straßennetzesmit normaler Stauanfälligkeit.
Die ÖPNV-Angebotsdichte sei in der Löwenstadt nominal bezogen auf Einwohner unterdurchschnittlichund geschwindigkeitsgewichtet bezogen auf die Siedlungsfläche deutlich unterdurchschnittlich. Sowohl Bus- als auch Straßenbahnangebot seien deutlich unterdurchschnittlich, ebenso die Netzdichte als auch die Abfahrtendichte (entspricht der Taktdichte) im Quervergleich. Auch gebe es werktags keinen Nachtverkehr.
Preisleistungsverhältnis angemessen
Die Preise für den ÖPNV seien bei Einzelfahrscheinen vergleichsweise günstig, und zusätzlich gebe es überdurchschnittlich hohen Rabatt bei der Mehrfahrtenkarte. Das Preisleistungsverhältnissei angemessen: moderater Preis bei unterdurchschnittlichem Angebot.
Die Studie kommt daher zu dem Fazit: Schwierige Ausganglage aufgrund der geringen Siedlungsdichte und der starken Autoorientierung. Sowohl die Netzdichte als auch die Taktdichte sind im Quervergleich deutlich unterdurchschnittlich. Beim Bus undbei der Straßenbahn. Positiv sei, dass bereits rund 30Prozent des ÖPNV lokal emissionsfrei sei.
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