Braunschweig. Nach den schweren Unfällen auf der A2, bei der zuletzt eine Person verstarb (RegionalBraunschweig.de berichtete), ist die Autobahn erneut in die Kritik geraten. In vielen Kommentaren machen die Bürger ihrem Unmut Luft. Immer wieder sei diese Strecke betroffen, wenn es um schwere Unfälle gehe, heißt es. Ist dem tatsächlich so oder ist dies lediglich eine subjektive Wahrnehmung? RegionalBraunschweig.de hat sich im Gespräch mit Wolfgang Klages, Pressesprecher Polizei, auf Ursachenforschung gemacht. Er sagt: "Die Autobahn ist im Verhältnis weiterhin die sicherste Strecke."
Klages nennt zuerst die hohe Belastung, die auf der Strecke, die zum Gebiet der Autobahnpolizei Braunschweig gehört, herrscht. Das wären rund 69 Kilometer zwischen der Landesgrenze Sachsen-Anhalt und Hämelerwald. Hier würden pro Tag auf Höhe Braunschweig rund 100.000 Fahrzeuge durchfahren. Davon etwa 30.000 LKW. Er verweist zudem darauf, dass man bei Unfallstatistiken immer langfristig schauen müsse, um einen Trend erkennen zu können. Eine Analyse der Unfallentwicklung von 2005 bis 2009 und von 2010 bis 2014 zeigt, dass das Unfallgeschehen auf der als "Todesautobahn" verrufene Autobahn 2 in den genannten Zeiträumen um etwa 30 Prozent, die Unfälle, bei denen Menschen zu Schaden kamen, sogar um 34 Prozent zurück gegangen sind. Um genauer zu werden und aktuelle Zahlen zu verwenden: In dem Zeitraum Januar bis Mai 2014 gab es 385 Unfälle und von Januar bis Mai 2015 407. In diesem Jahr verstarben dabei drei Menschen. Klages nennt die hohe Anzahl von LKW, die an den Crashs beteiligt waren. In beiden Jahren liegt die Quote bei rund 50 Prozent. Diese Zahlen ließen sich auf die langfristigen Statistiken übertragen. Bei 100.000 Fahrzeugen pro Tag, wäre die Unfallzahl aber immer noch relativ gering, so der Pressesprecher.
Pressesprecher Polizei Braunschweig, Wolfgang Klages. Foto: Polizei
Das dennoch viele die A2 als Chaosautobahn betrachten würden, kann er dennoch nachvollziehen. "Wenn etwas passiert, dann sind die Auswirkungen natürlich meist verheerend und so etwas setzt sich natürlich eher in den Köpfen fest, besonders der große Anteil an beteiligten LKW, macht auch der Polizei Gedanken. Wir haben die Unfallstatistik in den letzten Jahren aber nach unten drücken können, auch durch immer wiederkehrende Kontrollen."
Abstand wird nicht eingehalten
Ein Hauptproblem sei weiterhin, dass sich viele Brummi-Fahrer nicht an die vorgegebenen Abstände halten würden. "Bei Tempo 80 müssen mindestens 50 Meter Abstand gehalten werden. Viele Fahrer halten sich nicht einmal im Entferntesten daran. Sie haben Angst, dass sich Kollegen in die Lücke schieben und sie somit in der Kolonnen nach hinten rutschen. Da ein hoher Druck bei den Fahrern liegt, rechtzeitig anzukommen, wollen sie dies oft nicht zulassen. Dazu kommt die große Monotonie, der man ausgesetzt ist, oft wird über Stunden ein Tempo gefahren, da verliert man irgendwann das Gefühl für Abstände und Geschwindigkeit, auch die Aufmerksamkeit lässt nach." Mit regelmäßigen Abstandskontrollen versucht die Polizei Präsenz zu zeigen. Dabei kommt ein Kamerasystem zum Einsatz. Dieses kann von einer Brücke aus, alle Fahrspuren aufzeichnet und automatisch den Abstand und die Geschwindigkeit berechnen. "Bei dem unglaublich hohen Verkehrsaufkommen, können wir natürlich nur einen Bruchteil kontrollieren. Wir tun dies aber kontinuierlich und können feststellen, dass sich dies auch unter den Fahrern herumspricht. Es muss das Ziel sein, dass in den Köpfen verankert ist, dass man in Braunschweig jederzeit Gefahr läuft kontrolliert zu werden. Die Statistiken zeigen, dass wir zumindest auf dem richtigen Weg sind und die Unfallzahlen sinken." Laut Klages wäre es wünschenswert, LKW mit automatischen Abstandshaltern zum Vordermann auszurüsten.
Aufgenommen im LK Helmstedt, nahe Parkplatz Uhry. Der Abstand beträgt lediglich 14 Meter. Foto: Polizei Braunschweig.
In Deutschland sei dies für Neufahrzeuge Pflicht. Da die Brummis aber eine lange Lebensdauer haben, viele würden mehr als 1,5 Millionen Kilometer auf dem Tacho schaffen, ginge die Einführung nur sehr schleppend voran. Zudem bräuchte es einheitliche europäische Regelungen, denn viele Fahrzeuge würden aus dem Ausland über die A2 kommen. In den aktuellen Fällen habe dies aber kaum geholfen, so Klages, schließlich wäre dabei auf das Stauende aufgefahren worden. "Das sind weitere Probleme, Baustellen oder Schwerlasttransporte, die für Stau sorgen. In einer Nacht muss die Polizei bis zu zehn Schwerlasttransporte begleiten, um sich einmal die Dimension vorstellen zu können. Diese verursachen natürlich einen Rückstau und damit sind sie eine potenzielle Gefahr. Sobald wir in einem Abschnitt Baustellen haben, kann man dies meist auch in der Unfallstatistik sehen. Wenn dann durch die Monotonie des Fahrens oder Ablenkung, eine Unaufmerksamkeit entsteht, dann kracht es schnell ganz gewaltig." Der Pressesprecher bringt zudem die Vorwarnschilder auf den Autobahnen ins Spiel. "Diese sind dazu gedacht schon frühzeitig auf eine Verkehrsbehinderung hinzuweisen, leider werden sie nicht immer wahrgenommen. Es gibt neue System, bei denen sich die Schilder direkt in den Funk der Fahrer einklinken können und in Landessprache vor einer Gefahr warnen. Hier sollte man vielleicht die technischen Möglichkeiten noch weiter ausschöpfen." Dennoch wäre die Autobahn im Verhältnis weiterhin die sicherste Strecke für die Fahrer.
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