Berlin. Die Haushaltsexperten im Verteidigungsministerium gehen davon aus, dass die für den Kauf von Waffensystemen zur Verfügung stehende Summe aus dem 100 Milliarden Euro umfassenden Sondervermögen für die Bundeswehr deutlich geringer ist als bislang erwartet. Der Grund ist eine steigende Zinslast, die aus dem schuldenfinanzierten Fonds selbst getragen werden muss.
Im geltenden Wirtschaftsplan für das Sondervermögen von November vorigen Jahres nimmt das Ministerium noch eine "zu finanzierende Zinsbelastung mit einer Gesamtsumme von sieben Milliarden Euro" an, wie es in der Antwort von Staatssekretär Thomas Hitschler (SPD) auf eine Anfrage des CDU-Haushaltsexperten Ingo Gädechens heißt, über die die "Welt am Sonntag" berichtet. Die Berechnung dieser Zinsausgaben werde monatlich aktualisiert. Sofern sich dabei ein Anstieg der Zinsen ergebe, "wird dieser im Rahmen der Fortschreibung des Wirtschaftsplans berücksichtigt werden", heißt es weiter. Auf einer Veranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik zu den "Perspektiven der Verteidigungswirtschaft" vorige Woche in Bonn legten führende Ministerialbeamte aus der Haushaltsabteilung des Wehrressorts laut Gädechens bereits präzise dar, wie hoch dieser Anstieg ausfallen wird.
Danach plant das Ministerium weitere sechs Milliarden Euro an Zinsen ein, insgesamt also 13 Milliarden. Die Kaufkraft des Sondervermögens schrumpft mithin auf 87 Milliarden Euro. "Damit stehen alle Zeichen ein weiteres Mal auf schmerzhafte Streichungen bei fest eingeplanten Waffenkäufen", so Gädechens. Um die ursprünglich errechnete Zinslast von sieben Milliarden Euro bezahlen zu können, waren Ende vorigen Jahres bereits vier Rüstungsprojekte der Marine und zwei des Heeres aus dem Wirtschaftsplan des Sondervermögens gestrichen worden.
Welche es diesmal sein werden, will das Ministerium noch nicht sagen. Es bestehe "keine Notwendigkeit, bereits zum jetzigen Zeitpunkt einem eventuellen Einsparungsbedarf konkrete Beschaffungsmaßnahmen zuzuordnen", teilte Hitschler mit. Gädechens sieht darin den untauglichen Versuch, sich der Mathematik zu widersetzen: "Steigende Zinsen führen zwangsläufig zu steigenden Zinsausgaben. Und wenn ich an anderer Stelle nicht mehr Geld habe, muss ich dann eben da kürzen, wo noch keine Kaufverträge fest unterschrieben wurden."
Der CDU-Politiker fordert als Konsequenz eine Erhöhung des regulären Verteidigungshaushalts. Vom Nato-Ziel, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben, ist Deutschland aktuell weit entfernt. 2022 erreichte man 1,5 Prozent, 2023 sollen es 1,6 Prozent werden. Dabei helfe ein Taschenspielertrick, kritisiert Gädechens: Das Wehrressort rechne nämlich auch die Zinsausgaben im Sondervermögen zu den Verteidigungsausgaben.
"Sollte es aber zum Schlimmsten kommen", so der CDU-Politiker, "können uns ein Panzer und ein Soldat verteidigen - Zinsen können das nicht."
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