Das Lastenrad in der Logistik: CO2-Sparer der Innenstädte

Im fünften Teil unserer Serie zu Lastenrädern zeigt eine Studie: Mit dem Lastenrad würden sich in der Lieferkette Kosten und CO₂ sparen lassen.

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Ein "Lastenlöwe" an der DRK KaufBar.
Ein "Lastenlöwe" an der DRK KaufBar. | Foto: Axel Otto

Region. Wie kann das Lastenrad in der Logistik eine Verwendung finden und sich auf diese auswirken? Auf diese Fragen gibt das Projekt "RadLast - Potenziale für Lastenradtransporte in der Citylogistik" der TU München und der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt Antworten. Prof. Dr. Rolf Moeckel, Professor für Verkehrsverhalten an der TU München, der an der Studie mitwirkte, stand für ein Gespräch mit regionalHeute.de zur Verfügung. Eins sei hier jedoch vorweggenommen: Lastenräder könnten viel sparen.


In dieser Studie untersuchten Prof. Dr. Moeckel und seine Kollegen, wie sich das Lastenrad auf die Logistik der Paketauslieferungen auswirken könnte. Dafür wurde die Auslieferung mithilfe von Klein-LKW simuliert, wie sie derzeit üblich ist: Die Pakete werden mit dem LKW direkt an die Kunden geliefert. Im Anschluss wurde ein weiteres Modell simuliert, in welchem Lastenräder die sogenannte "letzte Meile" der Lieferkette übernehmen. Das bedeutet, dass die Klein-LKW die Ware an sogenannte "Minidepots" liefern, von denen aus die Ware per Lastenrad transportiert wird. "Ein solches Depot kann man sich als kurzen Schiffscontainer vorstellen, in dem es Lager- und Abstellmöglichkeiten gibt", erklärt Prof. Dr. Moeckel.


Deren Standorte habe man nach Effektivität und Nachfrage ausgewählt. Man habe sich allerdings nicht angeschaut, ob es an den entsprechenden Orten tatsächlich freie Flächen gibt. Die vereinfachende Annahme war daher, dass es überall Flächen gebe und dass man einen einzelnen Parkplatz mit einem Mikrodepot ersetzen könnte. Da die Wege zu lang seien, seien zudem Standorte an den Stadträndern ineffizient.

Die Raumdichte ist entscheidend


Prof. Dr. Moeckel von der TU München im Gespräch mit regionalHeute.de
Prof. Dr. Moeckel von der TU München im Gespräch mit regionalHeute.de Foto: Bildschrimfoto/Martin Laumeyer


In beiden Fällen wurden die zurückgelegten Kilometer, die Anzahl der Touren, das ausgestoßene CO2 sowie die Kosten berechnet und verglichen.
Insgesamt habe sich gezeigt, dass die Lastenräder, aufgrund ihrer Kapazitäten, zwar mehr Touren benötigen, aber dafür viel weniger Kohlenstoffdioxid ausstoßen und Kosten verursachen als LKW. In dichten Wohngebieten, könne man mit einem Lastenfahrrad daher schneller Pakete ausliefern, weil es weniger Zeit beim Parken und Beliefern benötige. Größere Mengen, wie etwa für Supermärkte, seien mit dem Lastenrad hingegen kaum effizient ersetzbar.

Doch die Dichte sei entscheidend für den Erfolg dieses Models: In ländlichen Gegenden würde es sich weniger lohnen, Lastenräder für die letzte Meile zu nutzen, da die Raumdichte abnehme und damit die Wege für das Lastenrad zu lang und ineffizient seien. Eine Idee in diesem Falle sei, dass sich Paketdienstleister konsolidieren könnten und einen gemeinsamen LKW beauftragen, der die Pakete liefert, womit nicht nur CO2, sondern auch Kosten gespart werden könnten. Das scheitere jedoch am Wettbewerbseifer der einzelnen Anbieter.

"Kein Anrecht auf Parkplätze"


Das Lastenrad habe aber vor allem im privaten Sektor ein großes Potential: "Einkäufe oder der Kindertransport, das kann man mit Lastenrädern gut bewerkstelligen", so Prof. Dr. Moeckel. Aber neben dem Ausbau der Fahrradinfrastruktur, seien Angebote nötig, damit das Auto verzichtbar werde: "Solange es günstig und komfortabel bleibt, mit dem Auto zu fahren, wird nur ein geringer Teil der Menschen auf das Lastenrad umsteigen", so der Münchener Professor für Verkehrsverhalten weiter.


Doch was ist mit den Parkplätzen, vor allem mit den Anwohnerparkplätzen, die theoretisch für ein Minidepot wegfallen könnten?: "Ich finde, es gibt kein Anrecht darauf, dass Leute einen Parkplatz haben. Das ist öffentlicher Raum und der sollte bestmöglich für die Allgemeinheit genutzt werden. Und wenn sich diese immer mehr dahin entwickelt, dass mehr mit dem Fahrrad gefahren wird, dann ist das so, dass Stellplätze wegfallen müssen. Sowohl Anwohnern und Besuchern sollte aber die Möglichkeit gegeben werden, auf andere Verkehrsmittel umzusteigen", so Prof. Dr. Moeckel. Es gebe mehrere Nutzungsformen des öffentlichen Raumes und das Parken sei daher nur eine davon. Städte würden zudem bereits in ihrer Parkplatzpolitik zurückrudern, da mit den Anwohnerparkplätzen erst ein Anreiz geschaffen wurde, sich ein Auto anzuschaffen.

Raum ist teuer


Doch überhaupt eine Fläche zu bekommen, sei ohnehin problematisch, da in dichter besiedelten Gebiete, dort wo die Nutzung des Lastenrades effizient, der Raum teuer sei. Ferner böte die minimalen Kostenvorteile Firmen kaum einen Anreiz, auf Lastenräder umzustellen. "Daher könnte man sich als Gemeinde überlegen, ob man dieses Prinzip mit den Mikrodepots nicht etwa bezuschusst", schlägt Prof. Dr. Moeckel abschließend vor. Für den Arbeitsmarkt habe dieses Modell indes keinen negativen Effekt. Im Gegenteil: Da mehr Fahrer benötigt, würden neue Arbeitsplätze geschaffen werden.


Die Erkenntnisse der Studie, die vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur gefördert wurde, wurden in einer Broschüre zusammengefasst und an mehrere Großstädte gesendet. Hier sei man jetzt im Gespräch mit einer Stadt in Thüringen, für die ausgerechnet werden solle, wie das dort funktionieren könnte. Abschließend wolle man aus den Resultaten der Umsetzung lernen und das Konzept stetig verbessern.


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