Wolfenbüttel. Im Sommer 2014 beschloss der Rat mehrheitlich die „Verleihung eines Preis für Kulturvermittlung der Stadt Wolfenbüttel“, für den 20.000 Euro Gesamtkosten in den Haushalt 2015 eingestellt wurden (WolfenbüttelHeute.de berichtete). Rudolf Ordon, Vertreter der FDP im Rat der Stadt, sprach sich schon damals gegen den Preis aus, da kein überzeugendes Konzept vorhanden sei. Das nun den Ratsgremien vorgelegte, überarbeitete Konzept bestätige die Befürchtung, der Preis, der das Bild Wolfenbüttels als einer der Kultur besonders verpflichteten Kommune stärken sollte, könne aufgrund seiner Dürftigkeit dem Image der Stadt eher schaden.
"Der Anstoß zur Verleihung dieses Preises geht auf eine Initiative der Wolfenbütteler SPD zurück, die im Herbst 2012 die Vergabe eines „Wolfenbüttel Preises für Toleranz – im Geiste Lessings“ vorschlug. Da sich bei den Beratungen schnell herausstellte, dass es in Hamburg und Sachsen bereits Lessing-Preise gibt und die Wolfenbütteler Lessing Akademie einen Lessing-Preis für Kritik verleiht, wurde nach einer Ersatzlösung gesucht, die zur Idee eines Preises für „Kulturvermittlung“ führte.
Wird ein Preis mit 20.000 Euro dotiert, sollte er auch gewissen Qualitätsstandards entsprechen. Der renommierte „Friedenspreis des Deutschen Buchhandels“ ist mit einem Preisgeld von 25.000 Euro verbunden, er wurde Persönlichkeiten wie dem Philosophen Jürgen Habermas, der Schriftstellerin Susan Sonntag oder dem ehemaligen tschechischen Präsidenten Václav Havel verliehen. Den „Lessing-Preis für Kritik“, der Preisträger erhält 20.000 Euro, ging u.a. an den Regisseur Claus Peymann, den Philosophen Peter Sloterdijk und 2014 an den Historiker Hans-Ulrich Wehler. Beide Preise haben durch ihre Preisträger ein Ansehen gewonnen, das über die Grenzen Deutschlands hinausgeht.
Den mit 20.000 Euro Gesamtkosten ausgestatteten „Preis für Kulturvermittlung der Stadt Wolfenbüttel“ soll es für herausragende, regionale Angebote der Kulturvermittlung oder Kulturellen Bildung aus der Stadt oder dem Landkreis Wolfenbüttel geben. Hiervon sind lediglich 6.000 Euro für die drei Preisträger vorgesehen, 14.000 Euro sind als Kosten für den organisatorischen Aufwand eingeplant, ein unverantwortliches Missverhältnis.
Vor allem aber fehlt ein überzeugendes Ziel, ein „Wofür?“, das mit dem Preis angestrebt werden soll und für den sich Einzelpersonen, Gruppen und Vereine bewerben können. Der Begriff „Kulturvermittlung“ ist viel zu diffus, es gibt eine Esskultur, Schulkultur, Vereinskultur, Lesekultur, um nur einige zu nennen. Sind nicht auch Eltern, die ihren Kindern Tischmanieren beibringen „Kulturvermittler“? Kann sich jetzt auch die Stadtbücherei um den Preis bewerben, da sie auch Lesekultur vermittelt? Zählen nicht auch Schulen zu den potenziellen Preisträgern, weil auch sie verschiedene Kulturtechniken vermitteln?
Wenn also die Stadt einen Preis vergeben möchte, dann sollte sie zunächst einmal eine hervorragende Leistung im kulturellen Bereich konkret definieren, die es verdient, ausgezeichnet zu werden. Dann sollten Preisgeld und Verwaltungskosten in einem angemessenen Verhältnis stehen. Ist das nicht möglich, dann sollte man die Ersatzlösung verwerfen und das Geld einfach einsparen."
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