Ehefrau fast tot geprügelt, weil sie Autoschlüssel versteckte


Ein Justizbeamter nimmt Hilmer K. vor der Urteilsverkündung die Handfesseln ab.
Foto: Klaus Knodt
Ein Justizbeamter nimmt Hilmer K. vor der Urteilsverkündung die Handfesseln ab. Foto: Klaus Knodt

Braunschweig. Er hatte schon drei Flaschen Wein intus – aber das war Hilmer K. (63) aus Wolfsburg noch nicht genug. Der ehemalige Fremdenlegionär wollte nachts um elf Alkohol-Nachschub besorgen. Doch seine Ehefrau Rita hatte den Autoschlüssel versteckt. Beinahe ihr Todesurteil.


Von Klaus Knodt:

Der kampfsporterfahrene, drahtige Rotkreuz-Helfer geriet in rasende Wut, zerlegte Tische, Regale und Urlaubssouvenirs im Wohnzimmer, brüllte: „Ist denn hier alles verboten?“ Als der Wohnungsspiegel zerbrach, rief Rita K. ihm noch zu: „Das bringt Unglück“ und alarmierte per Handy die Polizei. Doch ihren Mann konnte sie nicht mehr stoppen. Der zerrte seine Frau an den Haaren ins Wohnzimmer, trat sie zu Boden und malträtierte sie wieder und wieder mit Tritten und Schlägen. Irgendwann brach Rita K. bewußtlos zusammen. Als sie wieder zu sich kam, setzte er die Tortur fort.

Tod „billigend in Kauf genommen"


Sechs Jahre und sechs Monate Gefängnis ohne Bewährung, dazu die Unterbringung in einer psychiatrischen Anstalt zur Entziehungskur verhängte die 9. Große Strafkammer des Landgerichts Braunschweig unter ihrem Vorsitzenden Dr. Polomski heute gegen Hilmer K. „Der Angeklagte hat billigend in Kauf genommen, dass seine Frau unter den massiven Angriffen stirbt“, so das Gericht. Nur knapp konnten Notärzte das Leben von Rita K. retten: Ihre Augenbögen, das Jochbein und der Kiefer waren gebrochen, als die Polizei sie fand. Die ersten Beamten Beamten am Tatort hielten sie sogar für tot – bis sie stöhnend und wimmernd aus der Bewusstlosigkeit erwachte.

„Danach fühlte ich mich besser"


Dabei hatte alles so harmonisch begonnen. Der Ex-Fremdenlegionär, ein heute grauhaariger, aber immer noch sportlicher, schlanker Mann (zur Urteilsverkündung erschien er bieder im schwarzen Anzug mit rotem Hemd und gelbem Strickpulli) hatte im Jahr 2011 seine frühere Schulfreundin im Internet wieder gefunden. Im November 2015 Hochzeit, man träumte von einem gemeinsamen Tunesien-Urlaub. Doch seit 2016 quälten den ehemaligen Elitesoldaten immer häufiger Albträume und Wahnvorstellungen. „Rita, ich glaub', ich werd' verrückt“, soll er eines Tages zu seiner Frau gesagt haben. „Du bist schon verrückt“, antwortete sie ihm. Denn immer häufiger liess er seine Wut über Kleinigkeiten an der Wohnungseinrichtung aus. In der kurzen Ehe zertrümmerte er allein fünf Fernseher! „Danach fühlte ich mich besser“, bekannte er im Lauf des Prozesses.

„Wir lieben uns doch“ - damit tröstete sich Rita K. noch an dem Abend Ende Juni diesen Jahres, als ihr Mann sie fast umbrachte. Und auch in den Monaten davor hatte sie treu zu ihm gehalten. Trotz seiner seltsamen Vorlieben: „Sport wurde für ihn immer wichtiger. Mal hat er nachts im Kampfanzug draußen übernachtet. Ich dachte, der will wieder in den Krieg“, so ihre Aussage als Zeugin und Nebenklägerin vor Gericht. Dennoch schilderten Nachbarn – und auch Ritas Söhne – das Verhältnis der Eheleute zunächst als „liebevoll“.

Frau immer noch nicht gesund


„Er war intelligent und liebevoll, wenn es nicht diese Momente in ihm gegeben hätte“, sagte Rita K. während der Verhandlung über ihren Mann aus. Doch am Tatabend habe er ihr „die Liebe aus dem Leib geprügelt“. Die immer noch nicht genesene Frau, die bis heute weder riechen noch schmecken kann und Narben von den blutigen Verletzungen mit sich trägt, antwortete auf die Frage des Gerichts: „Der muss seine Strafe haben. Aber er braucht auch Hilfe.“

Scheidung eingereicht


Inzwischen hat Rita K. eine Härtefallscheidung eingereicht. Trotz mehrerer Operationen ist sie noch immer in ärztlicher Behandlung. Auf Hilmer K. kommen nach der Haft und der psychiatrischen Klinik Schmerzensgeldforderungen seiner ehemaligen Ehefrau in fünfstelliger Höhe zu. Schweigend und mit leichtem Kopfnicken nahm der Ex-Fremdenlegionär das Urteil an. Immerhin hat er seinem Opfer aus der Untersuchungshaft geschrieben, dass er die Tat bereut. Der Vorsitzende Richter: „Mit 66 können Sie rauskommen und nochmal durchstarten.“


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