Region. Am heutigen Dienstag ist das neue Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler (BdSt) erschienen. Erneut wird hier anhand von ausgewählten Fällen auf die Verschwendung von Steuergeldern aufmerksam gemacht. Mit dabei sind auch zwei Fälle aus unserer Region: der defizitäre Kletterturm am Tankumsee bei Gifhorn und die inzwischen eingestellte Welterbe-Bus-Linie in Goslar.
Bereits im Schwarzbuch 2021 wurde die Tankumsee GmbH aufs Korn genommen. Ging es damals um die „Wasserkopfstruktur“ mit drei Geschäftsführern für sieben Mitarbeiter, geht es nun um den Turm selbst. Eigentlich sollte der 2021 eröffnete Kletterturm am Tankumsee in Isenbüttel Pachterlöse generieren, um die unvermeidbaren Defizite des kostenfrei nutzbaren Badesees zu senken, heißt es in einer Pressemitteilung des BdSt. Anstelle der erhofften Einnahmen produziere der Turm jedoch regelmäßig hohe Defizite.
Zusätzliche Belastung für die Steuerzahler
Hinzu kämen Schadenersatzansprüche eines verprellten Pächters sowie Gerichtskosten (regionalHeute.de berichtete). Statt zu der erhofften Entlastung habe sich der Kletterturm zu einer zusätzlichen Belastung für die Steuerzahler von bisher rund 1,43 Millionen Euro entwickelt.
Im Schwarzbuch selbst stehen weitere Details zu dem Fall. Der BdSt kritisiert die Tankumsee GmbH vor allem dafür, dass versäumt wurde, vor Vertragsunterzeichnung mit einer Bauvoranfrage die Genehmigungsfähigkeit des Turms zu überprüfen. Für die Baugenehmigung wurde dann eine Änderung des Bebauungsplans nötig, was zu einer erheblichen Verzögerung des Genehmigungsverfahrens führte. Der vertraglich zugesicherte Baustart konnte nicht eingehalten werden, der Betreiber sprang ab und klagte erfolgreich.
Zu den fast 220.000 Euro Schadenersatz und Gerichtskosten rechnet der BdSt die fast 1 Million Euro Baukosten des Turms sowie den bis Ende 2024 erwirtschafteten Gesamtverlust von rund 224.500 Euro auf das Konto, das dem Steuerzahler zur Last falle.
Welterbe-Linie kaum genutzt
Ein weiterer Fall aus der Region betrifft die Stadt Goslar. Diese richtete mit dem Welterbeshuttle im September 2021 eine zusätzliche, täglich im 30-Minuten-Takt verkehrende Buslinie zur Verbindung der Goslarer UNESCO-Weltkulturerbestätten Kaiserpfalz und Rammelsberg ein. Weil das finanziell vom Regionalverband Braunschweig geförderte Shuttle-Angebot – auch aufgrund konzeptioneller Fehler – kaum Zuspruch fand, wurde der Linienbetrieb nach der Beendigung eines dreijährigen Versuchszeitraums wieder eingestellt, heißt es in der Pressemitteilung des BdSt. Unterm Strich habe die Welterbe-Linie bis August 2024 einen Verlust von etwa 577.000 Euro eingefahren.
Erst die großzügige Förderung des Regionalverbandes Region Braunschweig habe die neue Linie möglich gemacht, kritisiert der BdSt in seinem Schwarzbuch. Denn für einen dreijährigen Pilotzeitraum habe sich der Regionalverband bereit erklärt, bis zu 75 Prozent der anfallenden Verluste zu übernehmen, höchstens jedoch 100.000 Euro jährlich. Den Rest sollte die städtische Nahverkehrsgesellschaft tragen. Diese habe darauf gesetzt, die Eigenbeteiligung durch zusätzliche Fahrkartenverkäufe gering zu halten und sei von 20.000 bis 40.000 Shuttle-Nutzern pro Jahr ausgegangen.
36 Fahrgäste bei 18 Fahrten
Tatsächlich seien es aber nur 40.000 Fahrgäste während des gesamten Pilotzeitraums gewesen. Das seien umgerechnet rund 36 Fahrgäste pro Tag, bei – laut Fahrplan – bis zu 18 Fahrten täglich. Gerade einmal rund 9.000 Euro sollen laut Auskunft der Stadt gegenüber dem BdSt in dem Dreijahreszeitraum zusammengekommen sein. Und das bei insgesamt 600.000 Euro Kosten. Der BdSt kritisiert, dass der Welterbeshuttle schlicht überflüssig gewesen sei, da die Welterbestätten bereits durch eine andere Linie an den ÖPNV angebunden seien.