Ein Streifritt durch die Region: So sieht der Alltag der Polizeipferde aus

Sie helfen ihren Reitern vor allem bei Demos und Großveranstaltungen. Auch in der heutigen Zeit sind sie unverzichtbar - die Polizeipferde. Wir haben die Reiterstaffel Braunschweig besucht und einen Blick hinter die Kulissen gewagt.

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Die Reiter der Polizeireiterstaffel sind immer zu zweit unterwegs.
Die Reiter der Polizeireiterstaffel sind immer zu zweit unterwegs. | Foto: Julia Fricke

Braunschweig. Man kennt sie vor allem von Großveranstaltungen, wie Fußballspielen oder Demonstrationen, aber auch beim Schoduvel sind sie regelmäßig anzutreffen: Die Polizeireiter der Reiterstaffel Braunschweig. Zusammen mit ihren Pferden sorgen sie für zusätzliche Sicherheit auf den Straßen und reiten Streife, wo immer sie benötigt werden - und das in der gesamten Region. Meist dort, wo ein Funkstreifenwagen nicht hinkommt, aber auch in den Städten sind sie unterwegs. In einem Zeitalter, das von Technik und Innovationen geprägt ist, sind es immernoch die Pferde, die einen unverzichtbaren Bestandteil darstellen. Doch was bedeutet das eigentlich und wie verbringen die Pferde ihren Tag, wenn gerade keine Großeinsätze anstehen? Polizeireiter Faris Lindemann nahm uns mit hinter die Kulissen der Reiterstaffel Braunschweig und gab uns Einblicke in die Arbeit eines Polizeipferdes.


Auch beim vergangenen AfD-Parteitag in Braunschweig war die Reiterstaffel im Einsatz.
Auch beim vergangenen AfD-Parteitag in Braunschweig war die Reiterstaffel im Einsatz. Foto: Alexander Dontscheff



Ein Pferd kann bis zu zehn Polizeibeamte ersetzen und ist somit ein Ressourcenersparnis, erklärt Lindemann gegenüber unserer Onlinezeitung. Außerdem würden die Pferde deeskalierend wirken. Viele Menschen möchten sie streicheln - sogar jene, die meist zur Gewalt neigen würden. Dementsprechend werden die Pferde auch selten angegangen. Das Ziel von fliegenden Gegenständen sind die Reiter. Eine Körperschutzausstattung schützt die Beamten - die Pferde werden mit einem Visier geschützt.


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In ihren Boxen haben die Pferde Fenster, durch die sie nach draußen gucken können.
In ihren Boxen haben die Pferde Fenster, durch die sie nach draußen gucken können. Foto: Julia Fricke


Rund 20 Pferde stehen derzeit in den Stallungen der Reiterstaffel. Neben den "alten Hasen" kommen hier immer wieder junge Pferde dazu, die erst noch ausgebildet werden und den Polizeialltag kennenlernen müssen. Immer wieder sucht die Polizei dafür im Internet nach geeigneten Kandidaten. Für eine erste Tendenz, ob sich die angebotenen Pferde für den Polizeieinsatz eigenen könnten, werden die Tiere bereits vor dem Ankauf zum Beispiel mit Fahnen konfrontiert. Die Reaktion der jungen Tiere lässt dabei oftmals schon Rückschlüsse auf die Eignung ziehen und zeigt, ob sie stressresistent sind. Denn ein Pferd ist ein Fluchttier - bei unbekannten Dingen nimmt es naturgemäß reißaus. Die Aufgabe der Polizeireiter liegt darin dem Pferd genügend Vertrauen zu geben, dass es auch in (scheinbar) gefährlichen Situationen händelbar bleibt. Dies macht die Arbeit mit den 600 bis 700 Kilo schweren Tieren, die ein Stockmaß von mindestens 1,63 Metern haben, so besonders.

Die Fahnen sind für die Pferde das kleinste Problem.
Die Fahnen sind für die Pferde das kleinste Problem. Foto: Julia Fricke


Du gehst vor, ich folge


Um dieses Vertrauen aufbauen zu können, hat jeder Reiter ein eigens ihm zugewiesenes Pferd. Doch nicht nur das Pferd muss dem Reiter vertrauen, auch der Reiter muss sich auf sein Pferd verlassen können. "Es ist wichtig, dass jeder Reiter sein Stammpferd hat. Jedes Pferd tickt anders, ist anders und das ist wichtig in den Einsätzen, damit man auch Vertrauen gewinnt und genau weiß: Was kann mein Pferd und was kann mein Pferd nicht", so Lindemann. So könne es auch vorkommen, dass ein Reiter zwei Pferde hat - ein junges zum Ausbilden und ein erfahreneres für die Einsätze.

Die Pferde werden auf alles vorbereitet, was für ihre Arbeit als Polizeipferd wichtig ist. Auch bei lauten Trommeln oder Knallern dürfen sie nicht weglaufen.
Die Pferde werden auf alles vorbereitet, was für ihre Arbeit als Polizeipferd wichtig ist. Auch bei lauten Trommeln oder Knallern dürfen sie nicht weglaufen. Foto: Julia Fricke


Wie lange die Ausbildung eines jungen Pferdes dauert, ist so individuell, wie die Pferde selbst. Neben einem Anti-Schreck-Training, bei dem die Tiere zum Beispiel lernen über Planen zu laufen oder gelassen auf gezündete Böller zu reagieren, wird bei der Polizei auch viel Wert auf die Dressurarbeit gelegt. Sie dient der Gesunderhaltung und Gymnastizierung des Tieres. Aber auch an Dinge wie Straßenverkehr inklusive Straßenbahnen und laute Musik müssen sie gewöhnt werden. In der Regel wird das junge Pferd hier zusammen mit einem älteren, erfahrenen an neue Dinge herangeführt. Denn neben einem Fluchttier sind Pferde auch Herdentiere und orientieren sich aneinander. Um zu entspannen geht es für die Pferde vor und nach Einsätzen aber auch schonmal ins Gelände.

Auch auf verschiedenen Untergründen müssen sich die Pferde sicher bewegen.
Auch auf verschiedenen Untergründen müssen sich die Pferde sicher bewegen. Foto: Julia Fricke


Hat der Ausbilder den Eindruck, dass das Pferd soweit ist, muss es eine Polizeipferdeprüfung ablegen. Erst dann darf es sich offiziell "Polizeipferd" nennen. Hier werden Dressur und Polizeitaktische Dinge abgefragt. Doch nicht alle eignen sich für den Polizeidienst. Bei dem ein oder anderen merken die Reiter "Wir kommen hier nicht weiter". Dann werden die Pferde wieder verkauft. In einer Box steht ein großer Fuchs mit Blesse. Er ist einer dieser Kandidaten, für die ein neues Zuhause gesucht wird. Ein gutes Pferd - aber nicht für den Polizeidienst geeignet.

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Für "Feldherr" sind die Aufgaben nichts neues. Er sieht das Ganze entspannt. Foto: Julia Fricke


Kein "Freifahrtschein" für Hobbyreiter


Neben nicht geeigneten Pferden, scheiden auch die Älteren irgendwann aus. Wann das ist könne ebenfalls nicht gesagt werden. Es ist abhängig davon, ob das Tier weiterhin belastbar ist oder eben nicht. Einige Polizeireiter übernehmen ihren langjährigen Partner auch nach dessen Dienstzeit. "Manchmal hat man mit seinem Pferd mehr zu tun, als mit seiner Familie zuhause. Wenn man mit dem Pferd zwölf Stunden im Einsatz ist und du bist die ganze Zeit auf dem Pferd und bist eine Einheit, ein Team. Wenn man das über 15 Jahre macht - Tag ein, Tag aus, in schwierigen Situationen, wo man als Reiter auch Respekt hat und man meistert die als Team, dann ist das kein Einsatzmittel mehr sondern ein Freund, ein Familienmitglied", führt Lindemann aus.

... und manchmal möchte man nur in der Sonne faulenzen, wie hier Kennedy, das Stammpferd von Faris Lindemann.
... und manchmal möchte man nur in der Sonne faulenzen, wie hier Kennedy, das Stammpferd von Faris Lindemann. Foto: Julia Fricke


Dennoch kommt es auch vor, dass ausrangierte Polizeipferde offiziell zum Verkauf angeboten werden. Wer nun aber glaubt, sich mit einem solchen ein braves Pferd anschaffen zu können, das nichts tut und mit dem es niemals Probleme geben könnte, der irrt sich. "Das ist ein Irrglaube. Die Pferde sind immer noch Pferde. Wir brechen ja nicht deren Willen", erklärt Lindemann. Der Fluchtinstinkt sei noch immer da. Sitzt jemand drauf, der den nicht kompensieren kann, könne er auch mit einem Polizeipferd Probleme bekommen.

Die Ausbildung für den Reiter


Der Weg zum Polizeireiter ist ein etwas längerer. Drei Jahre dauert das Studium an der Polizeiakademie. Hat man dies erfolgreich abgeschlossen, komme man (meistens) in die Bereitschaftspolizei und könne sich dort für eine Richtung entscheiden. Dies könnte auch der Streifendienst oder der Kriminaldienst sein. Entscheidet man sich dann für die Polizeireiterstaffel, müsse man sich dort bewerben, wie Lindemann erklärt. Voraussetzung zunächst: Es muss eine freie Stelle geben. Gibt es diese, gebe es ein Auswahlverfahren, bei dem der Bewerber vorreiten und an einem Auswahlgespräch teilnehmen muss. Wird der Bewerber angenommen, beginnt die Polizeireiterausbildung. Dabei bekommt man ein Dienstpferd zugewiesen, mit welchem trainiert werde. "In der Ausbildung hat man aber mehrere Pferde, damit man auch sieht wo der Unterschied zwischen den Pferden ist", so Lindemann.

Faris Lindemann ist vor fünf Jahren zur Reiterstaffel gekommen. Er wollte etwas Neues machen, etwas, das nicht jeder macht. Reiten hat er erst dort gelernt. Doch auch das Drumherum hat er von der Pike auf lernen müssen. "Das war ziemlich anstrengend, weil ich jeden Tag bis zu vier Pferde geritten bin", so Lindemann. Etwa ein halbes Jahr hat die Ausbildung gedauert. In einer anschließenden Prüfung musste er sein Können in der Dressur, dem Springen und im Gelände zeigen. Auch eine schriftliche Prüfung habe es gegeben. Mit der neuen Aufgabe hat er auch ein neues Hobby bekommen.

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