Berlin. Die EU-Kommission bescheinigt dem Westbalkan-Land Bosnien-Herzegowina überraschend weitreichende Fortschritte bei seiner Reformpolitik und wird an diesem Mittwoch, den 12. Oktober, bei der Vorlage des sogenannten Fortschrittsberichts den Staats- und Regierungschefs empfehlen, das Land zum nächstmöglichen Zeitpunkt zum EU-Beitrittskandidaten zu erklären. Das berichtet die "Welt".
Laut einem Fortschrittsbericht, der jährlich erstellt wird und die Reformerfolge von beitrittswilligen Ländern zur EU untersucht, hat Bosnien-Herzegowina zwar noch nicht alle erforderlichen 14 Reformprioritäten erfüllt, aber "substanzielle" Fortschritte gemacht. Ähnlich wie die Ukraine und Moldawien, die am 23. Juni nach einem Beschluss der Staats- und Regierungschefs offiziell zu Beitrittskandidaten ernannt wurden, muss Bosnien-Herzegowina aber noch einige Reformziele erfüllen, bevor die konkreten Beitrittsverhandlungen mit der Eröffnung von sogenannten Verhandlungskapiteln beginnen können. Bosnien-Herzegowina erhält als offizieller Beitrittskandidat bereits finanzielle Zuwendungen aus Brüssel im Rahmen der sogenannten Vorbeitrittshilfen. Das Land reichte bereits im Jahr 2016 einen Antrag für einen EU-Beitritt ein. Ihm war im Jahr 2003 seitens der EU zusammen mit weiteren Westbalkan-Staaten ein Beitritt versprochen worden. Anders als im Fall von Bosnien-Herzegowina fällt der Fortschrittsbericht der EU-Kommission zur Türkei sehr kritisch aus. Wörtlich heißt es in dem neuen Fortschrittsbericht 2022: "Die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zeichnen sich weiterhin durch einen Stillstand aus. Die Türkei hat den negativen Trend, sich von der Europäischen Union zu entfernen, nicht umgekehrt. Es gibt ernsthafte Rückschritte in den Bereichen Demokratie, Rechtsstaat, Grundrechte und Unabhängigkeit der Justiz."
Ein Dialog zu diesen Themen bleibe ein integraler Bestandteil der Beziehungen zwischen der EU und der Türkei, so heißt es in dem Bericht. Zugleich nennt die EU-Kommission die wichtige strategische Rolle der Türkei. Dazu heißt es wörtlich: "Die EU hat ein strategisches Interesse in ein stabiles und sicheres Umfeld im östlichen Mittelmeer und in der Entwicklung einer Beziehung mit der Türkei, die auf Kooperation und gegenseitigen Interessen gründet. Zur gleichen Zeit ist die EU aber auch bereit, ihre Interessen und die Interessen der Mitgliedstaaten zu verteidigen."
Die Kommissionsbehörde lobt in ihrem Bericht die Vermittlungsbemühungen der türkischen Regierung im Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Gleichzeitig wirft sie Ankara aber auch vor, die EU-Sanktionen zu unterlaufen: "Dass sich die Türkei den restriktiven Maßnahmen der EU nicht angeschlossen hat, ist Anlass zur Sorge, insbesondere mit Blick auf die freie Zirkulation von Waren - auch solcher Güter, die zu militärischen und nicht-militärischen Zwecken genutzt werden können (dual use) - im Rahmen der Zollunion zwischen der Türkei und der EU."
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