Brüssel. Der Sieg von Lula da Silva bei der Präsidentschaftswahl in Brasilien könnte das Handelsabkommen zwischen der EU und dem südamerikanischen Handelsblock Mercosur wiederbeleben. Führende europäische Politiker äußerten am Montag die Hoffnung, dass mit der Abwahl des bisherigen Amtsinhabers Jair Bolsonaro neuer Schwung in die Verhandlungen kommen werde.
"Ich gehe davon aus, dass eine neue Dynamik entsteht", sagte der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament, Bernd Lange (SPD), dem "Handelsblatt" (Dienstagsausgabe). Mit Bolsonaro sei das "Haupthindernis" weg. Lange zeigte sich zuversichtlich, dass man sich bis Ende 2023 auf eine rechtlich bindende Zusatzerklärung zu dem Vertrag einigen könne, um die verbleibenden Einwände auf beiden Seiten auszuräumen. In ersten Vorgesprächen hätten Lulas Parteikollegen grundsätzlich Einigungswillen signalisiert.
Auch Manfred Weber, Partei- und Fraktionschef der europäischen Konservativen (EVP), forderte einen neuen Anlauf. "Um die Abhängigkeiten zu China und anderen autokratischen Systemen zu reduzieren, brauchen wir Europäer die Kraft, neue Handelsverträge mit den Demokratien und der freien Welt abzuschließen", sagte er dem "Handelsblatt". Dabei sei Südamerika zentral. "Mercosur ist das Symbol für die wirtschaftliche Zukunft Europas."
Wenn die EU das Abkommen jetzt nicht ratifiziere, habe Europa als Exportkontinent "keine gute wirtschaftliche Zukunft". Die Vorsitzende des Binnenmarktausschusses im Europaparlament, Anna Cavazzini (Grüne), sagte der Zeitung, dass Lulas Sieg eine Blockade löse. Es sei jetzt leichter geworden, neue Gespräche zu führen. Aber das Abkommen werde "kein Selbstläufer", weil auch Lula unter dem Druck der mächtigen Agrarlobby in Brasilien stehe.
Erstmal müsse der neue Präsident die Waldschutzpolitik ins Lot bringen, sagte die Grünen-Politikerin. Er müsse die Umweltgesetzgebung wiederherstellen und die Behörden ausreichend ausstatten, die sein Vorgänger ausgehöhlt hatte. "Das ist Priorität Nummer eins, bevor man jetzt über Handelsabkommen redet. Da muss die EU wirklich Druck machen."
Solange der Regenwald nicht geschützt sei, würde eine Liberalisierung des Handels die Entwaldung noch verschärfen, warnte Cavazzini.
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