EXKLUSIV: Nach Horror-Vorwürfen - Jetzt spricht die Bestatterin

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Überführungssärge wie dieser könnten mehrfachverwendet werden und durchaus leichte Verunreinigungen und Gebrauchsspuren aufweisen. Foto: Werner Heise
Überführungssärge wie dieser könnten mehrfachverwendet werden und durchaus leichte Verunreinigungen und Gebrauchsspuren aufweisen. Foto: Werner Heise



Salzgitter. Mit dem Bericht über die angeblichen Machenschaften einer Salzgitteraner Bestatterin sorgte der Fernsehsender RTL kürzlich für großes Aufsehen. Verstorbene sollten demnach unter anderem nicht wie erwartet bestattet und teuer erworbene Särge mehrfach verwendet worden sein (regionalHeute.de berichtete). Doch stimmen die erhobenen Vorwürfe überhaupt, oder ist diese Geschichte vielleicht gar die unglaubliche Spitze eines Rosenkrieges, in welchen die Medien involviert wurden? Erstmals äußert sich nun die Frau gegen die sich die ungeheuerlichen Vorwürfe richten. In einem Exklusiv-Gespräch mit regionalHeute.de bezieht die Bestatterin, die namentlich nicht genannt werden möchte, in Anwesenheit ihres Anwaltes Stellung.

Auf dem Tisch vor uns liegt ein anwaltlicher Aktenberg, gefüllt mit Unterlagen der letzten Jahre. Darunter zahlreiche Dokumente von, an und über den Mann der sich im Januar diesen Jahres an die Redaktion von RTL Nord gewandt haben soll, der Ex-Mann der Bestatterin. Dort hatte er berichtet, dass seine Ex-Frau Umbettungen von teuren in billige Särge vorgenommen habe und das Urnen den Friedhof nie erreicht hätten. Das wäre zeitlich genau ein Monat nachdem von Seiten seiner Ex-Frau ein Verfahren auf Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen das Bestattungshaus in Gang gesetzt wurde, für das ihr Ex-Mann heute tätig sei, da dieses gegen eine gerichtlich bestätigte Unterlassungserklärung verstoßen hätte.

Ex-Mann ist heute Mitbewerber


Er, der Ex-Mann, sei ebenfalls Bestatter und stünde mit dem Unternehmen, für das er heute tätig sei, in direktem Wettbewerb mit seiner einstigen Frau, mit der er zwei gemeinsame Kinder hat. Zuvor habe er von 2003 bis ins Jahr 2006, so berichtet uns die Ex-Frau, das beschuldigte Bestattungshaus inne gehabt, deren Inhaberschaft er im April 2006 aus privaten Gründen an sie abgetreten haben soll. Das operative Geschäft habe er jedoch weiter geführt. Sie habe sich um die gemeinsamen Kinder und Hintergrundtätigkeiten gekümmert. In 2012 sei ihr Ex dann aus der Firma ausgetreten, man habe sich getrennt und der sogenannte "Rosenkrieg" habe begonnen. "Wir haben unschöne Dinge erlebt", erzählt die Bestatterin über diese Zeit. 2013 sei die Ehe dann geschieden worden.

„Ich bin der Frau nie begegnet"


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Eine Mutter wirft der Bestatterin vor ihren Sohn nicht beigesetzt zu haben und die Urne bei sich aufbewahrt zu haben. Foto:



An den Vorwürfen ihres Ex-Mannes aus dem RTL Fernsehbeitrag gegen sie sei nichts dran. Die dort beschriebenen Fälle würden teils viele Jahre zurück liegen. "Die Vergangenheit ist seine eigene Vergangenheit", gibt sie zu bedenken und verweist auf den Fall, in dem bei RTL eine Mutter über die nicht beigesetzte Urne ihres verstorbenen Sohnes berichtet. Dies sei im Jahr 2007 geschehen, in dem er das operative Geschäft noch geführt hätte. Sie selbst habe mit den direkten Beisetzung zu dieser Zeit gar keinen Kontakt gehabt. Doch der Fall an sich sei so ähnlich geschehen, erinnert sich die Bestatterin. "Es gab ein Ordnungsgeld weil nicht rechtzeitig beigesetzt wurde", erzählt sie. Es gebe dabei gewisse externe Kontrollmechanismen die dann greifen. Doch der Fehler sei ihrem damaligen Mann passiert. "Ich möchte ihm nicht unterstellen, dass er die Urne bewusst vergessen hat", erzählt sie und weist die Anschuldigungen der betroffenen Mutter aus dem RTL Beitrag zurück. Die hatte berichtet, dass die Bestatterin ihr, als sie sie mit der Tatsache konfrontierte, dass sie das Gefühl habe, dass ihr Sohn gar nicht bestattet worden wäre, die Urne mit der Asche auf den Tisch gestellt hätte. "Ich bin der Frau nie begegnet. Das würde ich nie machen. Ich würde eher im Erdboden versinken", streitet die Salzgitteraner Bestatterin ab. Polizeiliche Ermittlungen habe es seinerzeit in dem Fall nicht gegeben. Wie man nun fast neun Jahre später diese Geschichte darstellt wundert auch den Anwalt der Beschuldigten.

Überführungssärge können leichte Verunreinigungen haben


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Dies ist ein Überführungssarg des beschuldigten Bestattungshauses. Foto: Werner Heise



Auch die Anschuldigungen der Umbettung von teuren auf billige Särge vor der Einäscherung streitet die Bestatterin ab. "Wir verkaufen hier gar keine teuren Särge", erzählt sie und verweist darauf, dass Hinterbliebene sich bei der Feuerbestattung sowieso für preisgünstige Särge entscheiden würden und auch ihre Beratung dahingehend sei. Richtig sei hingegen das es Särge gibt die mehrfach verwendet werden. Dies seien Überführungssärge, in denen Verstorbene vom Sterbeort abgeholt und ins Bestattungshaus gebracht werden, bevor sich die Hinterbliebenen dann für einen eigenen Sarg entscheiden. Hier könne es trotz der Verwendung von Leichensäcken oder Einmallaken auch einmal zu leichten Verunreinigungen kommen.

Ein solcher Sarg, allerdings mit groben Verunreinigungen durch offenbar ausgelaufenes Sekret, wurde im Fernsehbeitrag präsentiert. Ob es sich dabei um einen Sarg der beschuldigten Bestatterin handelt kann diese nicht sagen. "Ich habe den Sarg nie wiederbekommen", erzählt sie und bestätigt, dass die gezeigte Familie tatsächlich ihre Mutter durch sie bestatten lassen wollte. Aufgrund der finanziellen Lage der Familie habe die Bestatterin "Wege aufgezeigt, wie man kostengünstig eine Bestattung durchführen kann." Es sei jedoch zu einem Auftragsentzug und damit verbunden zu einer Überführung zu einem Mitbewerber gekommen, der ebenfalls bei RTL zu Wort kam. Die Bestatterin wundert es nicht, dass dieser sich nun gegen sie richtet, da es mit seinem Bestattungsunternehmen in der Vergangenheit ebenfalls zu einem Rechtsstreit gekommen sei.

Alles hat sich verändert


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Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt gegen das Unternehmen der Bestatterin. Foto: regionalHeute.de



Seit dem Beitrag von RTL habe sich alles für sie und ihr Bestattungsunternehmen verändert. "Es nimmt erschreckende Ausmaße an", sagt sie und erzählt von Auftragseinbrüchen, aber auch anonymen Anrufern die sie und ihre Mitarbeiter beschimpfen. Und auch ihre Kinder blieben von den Folgen, die ihr Ex-Mann und gemeinsame Vater losgetreten habe, nicht verschont. Gegen ihn habe man nun eine Unterlassungsklage und Strafantrag wegen übler Nachrede und Verleumdung eingereicht.

Er selbst wollte sich mit Verweis auf einen Exklusivvertrag mit RTL auf Anfrage von regionalHeute.de nicht äußern, teilte nur soviel mit, dass er "auf die ganze Scheiße keinen Bock mehr" habe. Wer in dieser ganzen Sache nun die Wahrheit sagt und was wirklich passiert ist, das wird nun wohl die Justiz klären müssen. Ob und inwiefern die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt, dazu konnte sich deren Pressestelle aufgrund der Abwesenheit von Mitarbeitern kurzfristig nicht äußern. Die Bestatterin und ihr Anwalt räumen jedoch ein, dass es Ermittlungen in fast 300 gleichgelagerten Fällen gebe, die insbesondere einen steuerlichen Hintergrund haben sollen. Genauere Auskünfte könne man hierzu jedoch aufgrund der noch ausstehenden Akteneinsicht nicht geben.


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