Feinkost und die Lust auf das Besondere

von Andreas Molau




Manchmal hat man Lust, aus dem Alltag auszuscheren, etwas Besonderes zu genießen. Aber wo bekommt man wirkliche Feinkost?


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Manche Bilder haften ganz fest im Gedächtnis. Gerüche, Eindrücke, Geschmackserlebnisse. Mit Cleve ist das so. Ausgerechnet im verschlafenen Wolfenbüttel ein »Feinkosthändler«. Das Wort ist aus der Mode gekommen. Feinkost ist ein beliebiger Begriff, den man, wann immer es Werbestrategen für sinnvoll halten, benutzen kann. Sie halten es oft für sinnvoll. Denn er verkauft sich. Und was verkauft wird, ist »gut«. Feinkostsalate können noch so schäbig sein. Auf den Deckel lässt sich der Begriff leicht drucken. Schließlich gibt es kaum eine Supermarktkette, die nicht besondere Premiumprodukte anbietet, bei der vor allem die Packung nobel ist. Wie es mit dem Inhalt aussieht, darüber kann man geteilter Meinung sein. Kulinarisch38 hatte schon vor Monaten Anfragen an Discounter gestellt, um zu erfahren, ob es spezielle Qualitätsstandards gibt, die solche Produkte auszeichnen. Die Antworten waren ernüchternd. Was reizt, das ist das Außergewöhnliche. Das Gefühl, einmal etwas auf dem Teller zu haben, was nicht jeder isst. Ein Produkt, das als regionale Spezialität sonst nicht zu kaufen ist. So wie im Urlaub, wenn die Neugierde den Urlauber über den Markt treibt, um bisher nicht Gekanntes zu kosten. Cleve lag in der Wolfenbüttler Innenstadt. Schräg gegenüber vom heutigen Eiscafé Roma. Unten zeigte sich ein ganz normaler Gemüse- und Obsthändler. Aber einige Stufen höher, da konnte man träumen.

Unbekannte Aromen

Da gab es etwa gelegentlich Fasan. In den Regalen standen Gläser mit Schnecken. Besondere Salate lockten in Schüsseln, Schinkensorten oder italienische Mortadella, die nach Verreisen schmeckten. In den kindlichen Augen war das die große weite Welt des Geschmacks. Denn der tägliche Speiseplan sah viel, einfacher aus, als diese sonntäglichen Köstlichkeiten, die selten waren und damit einen großen Reiz besaßen. Der Wert einer Sache bemisst sich am Ende stets auch an seiner Menge. Das Besondere ist nicht mehr besonders, wenn man es jeden Tag bekommt. Es ist wie das Geschmackserlebnis bei Früchten. Erdbeeren das ganze Jahr, das ist wie der kindliche Traum des Schlaraffenlands. Aber der Preis ist hoch: Die Früchte schmecken fad und die Kosten für das ganze Unternehmen sind immens. Energie, Logistik, Aufwand. Das ist schon kaum mehr zu vertreten. Vor allem, wenn die Feinkost zur Massenware wird.


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Was man sich leisten kann

Feinkost oder Delikatessen. Man kann sie sich leisten, wenn Beschränkung geübt wird. Einmal Fleisch in der Woche essen, und dafür dann richtig. Weniger Wurst. Dafür am Ende Qualität. Bleibt am Ende die Frage: Wem kann man vertrauen? Wo lohnt es sich, ein paar Euro mehr zu lassen? Denn wie beim Markenfetischismus in der Kleidungsbranche geht es nicht nur darum, ein Label zu erwerben, sondern echte Qualität. Von der Kenntnis eines Händlers zu profitieren, der eben weiß, wo es einen englischen Früchtekuchen gibt, der wirklich exzeptionell ist und nicht nur schlechter Abklatsch des Originals. Welcher Wein ist Massenware? Und wo gibt’s den Tropfen vom kleinen Winzer? Deutlich ist: Das Bewusstsein für Qualität bei den Lebensmitteln wird immer höher (http://www.welt.de/wirtschaft/article109244527/Deutsche-achten-auf-hohe-Nahrungsmittel-Qualitaet.html). Dabei geht es längst nicht mehr nur um die Frage bio oder konventionell. Immer mehr Deutsche schätzen die Qualität aus kleinen Manufakturen. Den kleinen Feinkosthändler um die Ecke gibt es nur noch selten. Dafür bietet das Internet Möglichkeiten an, das Besondere zu finden (zum Beispiel den Feinkosthändler Hagen Grote: http://www.hagengrote.de). Und wenn ein Käse ausgepackt wird und duftet oder eine Schinkenspezialität, dann dämmern Kindheitserinnerungen herauf und eine Mahlzeit wird zum Fest.


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