Groß Döhren. Vor knapp zweieinhalb Jahren verschwand der damals 51-jährige Karsten Manczak spurlos aus seinem Haus im Liebenburger Ortsteil Groß Döhren. Inzwischen ist man sicher, dass der Familienvater tot ist, sein Mörder ist bereits rechtskräftig verurteilt. Die sterblichen Überreste von Karsten Manczak wurden jedoch bis heute nicht gefunden. Doch seine Familie gibt nicht auf und sucht unermüdlich weiter.
Der Fall Karsten Manczak bleibt bis zum heutigen Tag ein Mysterium. Niemand weiß, wo der Mörder die Leiche des Groß Döhreners abgelegt hat. Ein Umstand, der seine Familie nicht zur Ruhe kommen lässt. Und so folgen sie jedem noch so kleinen Hinweis, angetrieben von der Hoffnung, endlich Gewissheit zu haben und vielleicht ein wenig "abschließen" zu können.
Im Gespräch mit regionalHeute.de erzählt Manczaks Ehefrau Katrin von der Suche nach ihrem Mann, davon was sie antreibt und auf welche Unterstützung sie hofft. Dass ihr Mann nicht mehr am Leben ist, davon ist sie überzeugt. Auch davon, dass der Mann, der nun hinter Schloss und Riegel sitzt, sein Mörder ist. Im Mai des vergangenen Jahres hatte das Landgericht Braunschweig den Bundespolizisten Martin G. wegen Mordes aus Heimtücke zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Obwohl es keine Leiche gab und sich der Prozess rein auf Indizien stützte, sah es das Gericht als erwiesen an, dass G. seinen Freund getötet hat.
Findet Karsten
Katrin M. möchte nicht mehr über den Prozess reden. Nicht darüber, was vor dem Mord passierte, oder danach. Sie möchte nur noch eins: "Es geht nur noch darum, Karsten zu finden", macht sie deutlich. Und sie braucht Hilfe dabei. Denn das Gebiet, in dem der Mörder ihren Mann abgelegt haben könnte, ist riesig. Zu groß, als dass Familie und Freunde die Suche alleine bewältigen könnten.
Seit einem Jahr werden nun größere und gezielte Suchaktionen durchgeführt. "Am Anfang bin ich alleine los, mit einer Freundin oder jemandem aus meiner Familie", erzählt die Witwe von den Anfängen der Suche. Dann aber sei der Entschluss gereift, die Suchen in einem größeren Rahmen durchzuführen. Immer wieder wurden Gebiete abgesucht. So wurden Suchen im Kananoher Forst bei Hannover oder im Fürstenauer Holz bei Vechelde organisiert. Auch Teile des Mittellandkanals wurden mit einem starken Magneten abgesucht. In der Hoffnung, die Baumaterialien, die mit dem Fall in Verbindung gebracht wurden, zu finden.
"Wir geben die Hoffnung nicht auf"
Seit Monaten organisiert die Familie Suchaktionen in dem von den Ermittlungsbehörden angenommenen Radius von 80 Kilometern um den Tatort herum. Vor einigen Wochen wurde eine Facebook-Seite ins Leben gerufen, die sich einzig und allein der Suche nach Karsten Manczak widmet. Hier werden Orte gepostet, die abgesucht wurden oder abgesucht werden sollen. Es werden Hinweise gegeben und geteilt. Ein Blick auf die Seite zeigt, wie groß die Anteilnahme und der Wille zu helfen ist. Und genau das ist es, was sie auch antreibt. Die Gewissheit, dass die Unterstützung groß ist. Das hilft, wenn Mut und Hoffnung manchmal schwinden. "Wir geben die Hoffnung nicht auf. Es muss irgendwann, irgendwas zu finden sein. So ganz hoffnungslos ist es für mich nie. Ich sehe ja auch, wie viele Menschen dahinter stehen und mitmachen. Die Resonanz auf der Facebook-Seite ist sehr groß. Und so lange da noch Bewegung drin ist, geben wir nicht auf", sagt sie entschlossen.
Die Suche nach dem passenden Puzzlestück
Die Suche nach Karsten Manczak gleicht der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Viele Gebiete habe man bereits abgesucht, doch es gibt auch noch viele Lücken. "Wir wollen daher noch einmal die Menschen in dem ganzen Radius ansprechen und hoffen, dass es sich noch einmal in alle Richtungen verbreitet. Vielleicht fehlt ja nur noch ein einziges Puzzelstück."
Was sie meint, ist nicht unbedingt die Beteiligung an großen Suchaktion, sondern, dass die Menschen mit offenen Augen unterwegs sind, Auffälligkeiten melden oder vielleicht sogar selber auf die Suche gehen. Wer Hinweise auf mögliche Ablageorte hat oder sich an der Suche beteiligen möchte, der kann über die Facebook-Seite "Findet Karsten" Kontakt aufnehmen. Die Familie hat für Hinweise, die zum Auffinden von Karsten Manczak führen, eine Belohnung in Höhe von 5.000 Euro ausgelobt.
Die Karte von Openstreetmap zeigt den Radius von 80 Kilometern, der für die Suche von Bedeutung ist. Foto: Openstreetmap / CC-BY-SA 2.0
Der Radius, den Katrin M. immer wieder anspricht, beschreibt ein Gebiet von 80 Kilometern rund um den Tatort - das Haus der Familie in Groß Döhren. Das Gebiet erstreckt sich im Norden bis Hannover - dort wurde am 16. April 2021 das Auto der Familie gefunden. Hannover war außerdem der Arbeitsort von Karsten Manczak und der ehemalige seines Mörders. Wahrscheinlich ist aber auch, dass die Leiche im östlichen Raum abgelegt wurde. Denn die Ermittlungen der Polizei ergaben, dass G. am 30. April 2021 Bauzäune und Betonfüße in Bitterfeld abgeholt hat. Hierzu hatte die Polizei auch im August 2022 ein Video veröffentlicht.
Damals wie heute sind einige Gegenstände bei der Suche nach Karsten Manczak von Bedeutung. Neben den bereits erwähnten Bauzäunen und Betonfüßen soll G. außerdem noch zwischen dem 19. und 22. April 2021 in Baumärkten in Goslar und Bad Harzburg Stahlmatten, Rasengittersteine und Stacheldraht gekaut haben. Hierzu soll er einen weißen Transporter und einen Anhänger benutzt haben.
Die Baumaterialen sind bis heute nicht gefunden worden. Es wird aber davon ausgegangen, dass sie verwendet wurden, um die Leiche von Karsten Manczak verschwinden zu lassen. Und so appelliert auch seine Frau noch einmal, genau auf solche Gegenstände zu achten. Möglicherweise wurden sie zur Absperrung genutzt oder um eine Fake-Baustelle einzurichten. Möglich sei auch, dass die Gegenstände dazu dienten, den Leichnam zu beschweren. Daher wird darum gebeten, bei Spaziergängen, Wanderungen und anderen Freizeitaktivitäten in der Natur auf vermeintliche Baustellen, an denen außer der Absicherung anscheinend schon seit langem keine Arbeiten durchgeführt worden sind, oder auf ungewöhnliche Absperrungen, die zusätzlich mit Stacheldraht abgesichert sind, zu achten. Aber auch andere Auffälligkeiten wie Veränderungen an einem Gelände seien mögliche Hinweise. Leerstehende Gebäude könnten ebenso potentielle Ablageorte sein.
Die Spuren des Mörders
•Am 13. April 2021 verschwand Karsten Manczak in den frühen Morgenstunden aus seinem Haus in Groß Döhren. Zunächst geht man von einem Vermisstenfall aus.
•Zwischen dem 10. und 13. April soll G. einen schwarzen Fiat 500 geliehen haben.
•Am 16. April wurde der blaue VW Caddy der Familie auf dem Messegelände in Hannover gefunden. Der Wagen war auf dem "Boulevard der EU" gegenüber des "Holländischen Pavillons" abgestellt.
•Zwischen dem 19. und 22. April 2021 wurden mit einem weißen Transporter mit einem Anhänger bei Baumärkten in Goslar und Bad Harzburg 16 Baustahlmatten, 11 Rasengittersteine und 100 Meter grüner Stacheldraht gekauft.
•Am 30. April wurden in Bitterfeld (Sachsen-Anhalt) acht Baustellengitter und acht Betonfüße gekauft. Abgeholt wurden diese laut einem Video der Polizei mit einem dunklen Kombi und einem Anhänger.
•Am 18. Mai 2021 wird Martin G. verhaftet
Sein Mörder schweigt bis heute
Karsten Manczaks Mörder sitzt seit dem 18. Mai 2021 in Haft. Am 31. Mai 2022 sprach ihn das Landgericht des Mordes für schuldig und verurteilte ihn zu lebenslanger Haft. Das Urteil ist seit dem 5. April 2023 rechtskräftig.
Während der 20 Prozesstage hatte sich Martin G. nicht zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen geäußert. Infolgedessen schwieg er auch, was den Verbleib der Leiche angeht. Bis heute.
Manchmal verlässt Katrin M. die Kraft. Aber dann, so sagt sie, zieht es sie doch wieder weiter. Weil sie Gewissheit will. "Und weil ich mir sage, diesen Triumph lasse ich dem Mörder nicht. Es soll endlich alles aufgeklärt werden."
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