Leiferde. Mit 2.325 zu versorgenden Tieren aus 172 Arten hatten die Mitarbeiter des NABU-Artenschutzzentrums auch im vergangenen Jahr 2016 wieder alle Hände voll zu tun. Damit stieg die Anzahl der Pflegetiere im Vergleich zum Vorjahr um 156 Tiere an.
Dabei hätte diese ohnehin schon sehr hohe Zahl noch höher ausfallen können, wenn es nicht durch die Vogelgrippe einen Aufnahmestopp für Vögel gegeben hätte. „Dieses Thema hat uns bis vor kurzem sehr beschäftigt“, berichtet Bärbel Rogoschik, Leiterin des NABU-Artenschutzzentrums „immerhin hatten wir zu diesem Zeitpunkt um die hundert Vögel, die eingesperrt werden mussten. Das Gelände wurde für Besucher geschlossen, also fielen auch die Einnahmen weg und es gab zahlreiche Anfragen von Behörden, Tierärzten und Bürgern, wohin sie jetzt Vögel bringen sollten."
Die größte Artengruppe war im vergangenen Jahr wieder die der heimischen Vögel mit 1.387 Tieren aus 88 Arten. Der Anteil der Greifvögel lag hierbei mit 163 Tieren aus acht Arten etwas über dem langjährigen Schnitt, wobei selbiges in der Zahl der Turmfalken seine Begründung findet, die es allein schon auf 79 Individuen brachten. Dem Trend der letzten Jahre folgend, verfehlten die Eulenartigen mit nur 33 Tieren aus vier Arten den langjährigen Durchschnittswert deutlich.
Störche zum Teil unterernährt
Der Wappenvogel des Naturschutzbundes der Weißstorch wurde in 33 Exemplaren gepflegt. Bei allen Jungstörchen war im Gefieder zu erkennen, dass ihre Nahrungsgrundlage im Wachstum nicht die beste war und dies zum Teil, durch den dadurch bedingten Futterstress der Altvögel, zum Abwurf eines Jungstorches kam. Auch wurden drei Jungstörche mit leichten Schnabeldeformationen eingeliefert, deren Ursache unbekannt war und deren weiteres Schnabelwachstum vorerst im Zentrum weiter beobachtet werden muss. In Anbetracht wachsender Storchenbestände ist in den nächsten Jahren auch mit steigenden Pflegetierzahlen zu rechnen.
Als häufigster Gast unter den Wildvögeln fand die Amsel mit 159 Individuen den Weg in das NABU-Artenschutzzentrum. Obwohl bereits auch in den vergangenen Jahren schon auf hohem Niveau befindlich, erreichten die in der Auffangstation versorgten Reptilien mit 232 Tieren aus 32 Arten einen neuen Höchstwert. Ursächlich hierfür sind nach wie vor die gesetzlichen Bestimmungen, mit Hilfe derer eine wirksame Begrenzung des Massenverbrauchs von Reptilien nicht erreicht werden kann. Zusätzlich zu der genannten Anzahl an Reptilien kommen weitere 260 Europäische Sumpfschildkröten, die eigens für das NABU-Zucht- und Wiederansiedlungsprojekt „Wiederansiedlung der Europäischen Sumpfschildkröte in Niedersachsen“ dieser Art gepflegt wurden. Mittlerweile ist die Zahl der ausgewilderten Tiere im Rahmen des Projektes auf 127 gestiegen.
Säugetierzahlen in der Pflege nicht gestiegen
Verhältnismäßig konstant verhält sich über die Jahre die Zahl der im Zentrum aufgenommenen Säugetiere, die sich im Jahr 2016 auf 370 Tiere summierten. Die häufigste Art war einmal mehr der Igel mit 207 Individuen. Als Besonderheiten sind gleich 24 Siebenschläfer, ein Feldhamster sowie zwei Wildkatzen zu nennen. Das stetige Aufkommen in den letzten Jahren der zuletzt genannten Art als Pflegetier im NABU-Artenschutzzentrum kann ohne weiteres als Hinweis auf die anhaltende Ausbreitungstendenz dieser Tierart interpretiert werden.
NABU-Geschenk-Patenschaften leisten einen sinnvollen Beitrag, den heimischen Tierarten und Pflegetieren beizustehen. So unterstützen Sie die Rettung eines Weißstorches, Uhus, Mäusebussards oder einer Schleiereule im NABU-Artenschutzzentrum Leiferde.
Die Auswertung über den Einzugsbereich des NABU-Artenschutzzentrums offenbarte, dass die meisten Tiere erwartungsgemäß aus dem Landkreis Gifhorn (689 Tiere) und den unmittelbar angrenzenden Landkreisen stammen. Dass viele Menschen aber auch bereit sind weitaus längere Strecke für ein hilflos aufgefundenes Wildtier zurückzulegen, belegt die Zahl von insgesamt 46 Herkunftslandkreisen oder kreisfreien Städten.
Meist elternlose Jungtiere in der Pflege
Die Gründe für die Einlieferung von hilflosen Tieren sind jedes Jahr sehr vielschichtig, wobei es einige große Blöcke gibt, die sich für die Vielzahl der Einlieferungen verantwortlich zeigen. Häufigste Ursache waren elternlos aufgefundene Jungtiere (736 Tiere), gefolgt von Kollisions- (263 Individuen) und Zivilisationsopfern (180 Tiere). Erst nach den Tieren, die Verletzungen durch andere Tiere erlitten haben (145 Tiere) oder ausgesetzt oder entwichenen Tieren (141 Tiere) waren, reihten sich im vergangenen Jahr die Witterungsopfer (99 Individuen) ein. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutete dies etwa eine Halbierung solcher Fälle. Für Joachim Neumann, Mitarbeiter des NABU-Artenschutzzentrums, war das Wetter indirekt jedoch für deutlich mehr eingelieferte Notfälle verantwortlich: „Wir hatten zwar kaum Extremwetterlagen, dennoch war das Frühjahr sehr trocken und ab Ende Mai gab es einige starke Regenfälle. Das führte bei vielen Arten letztlich zu Nahrungsengpässen, so dass ein Teil der als verwaist eingelieferten Jungtiere aus Nahrungsmangel nicht von den Alttieren aufgezogen werden konnte“.
Umweltbildung bleibt wichtig
Als weiteres Aufgabenfeld ist im NABU-Artenschutzzentrum neben der Tierpflege auch die Umweltbildung von großer Wichtigkeit, wo im vergangenen Jahr 143 Veranstaltungen (ohne das Storchenfest gerechnet) mit 2.690 Teilnehmern durchgeführt wurden. So wurden u.a. 44 Seminare angeboten, 35-mal Geburtstag gefeiert oder auch 39-mal über das Zentrumsgelände oder durch das NSG-Viehmoor geführt.
„Alle Erwartungen übertroffen hat einmal mehr das alljährlich im April stattfindende Storchenfest, welches sich immer mehr zu einer regionalen Attraktion entwickelt“, berichtet Uwe-Peter Lestin als Vorsitzender des Förderkreises des NABU-Artenschutzzentrums. „Dieses Jahr wird es am 23. April stattfinden. Wer vorher schon wissen möchte was sich auf dem Schornstein bei Fridolin tut, kann dies, über eine Webcam verfolgen. Über die Startseite des NABU-Artenschutzzentrums unter www.nabuzentrum-leiferde.de kommt man zur Live-Cam. Festzustellen ist, dass es einfach sehr viele Menschen sind, die sich für die Arbeit des NABU-Artenschutzzentrums interessieren oder sogar begeistern. Das zeigt uns vom Förderkreis, dass wir auf dem richtigen Weg sind und dass es sich lohnt, die hier geleistete Arbeit auch künftig im Rahmen unserer Möglichkeiten zu unterstützen. Jeder ist aufgerufen diesem Beispiel zu folgen“.
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