Verwahrloste Tiere in Brome: So geht es den geretteten Hunden

Die Nachricht, dass im Landkreis Gifhorn über 60 verwahrloste Hunde durch das Veterinäramt beschlagnahmt wurden, sorgte in der ganzen Region für Entsetzen. Nun teilt der Landkreis Gifhorn mit, wie es den Hunden geht und wie weiter verfahren wird.

Symbolfoto.
Symbolfoto. | Foto: Pixabay

Brome. Die vom Veterinäramt des Landkreises Gifhorn betriebenen Ermittlungen im Fall der 67 beschlagnahmten Hunde in Brome dauern an. In einer Presseinformation teilte der Landkreis Gifhorn am heutigen Mittwoch mit, wie der aktuelle Stand ist und wie es den Hunden geht.



Erster Kreisrat Dominik Meyer zu Schlochtern: „Der Fall der in Brome amtlich in Gewahrsam genommenen 67 Hunde macht immer noch betroffen – selbst erfahrene Veterinärinnen und Veterinäre. Im Sinne des Tierschutzes ist der Einsatz in der vergangenen Woche als großer Erfolg zu werten. Angesichts aktuell weiterer Herausforderungen für das Veterinäramt unter der noch jungen Leitung von Maik Hüller kann die Arbeit momentan nicht hoch genug anerkannt werden. Zur Wahrheit gehört aber auch: Die behördliche Abarbeitung sämtlicher Facetten des Falls wird noch Monate andauern.“

Schlimmer, als befürchtet


Dem Einsatz der Mitarbeiter der Abteilung Veterinärwesen des Landkreises Gifhorn mit Unterstützung der Polizeiinspektion Gifhorn seien Wochen der intensiven Vorbereitung vorausgegangen. Dazu Abteilungsleiter Maik Hüller: „Um auf Nummer sicher zu gehen, haben wir die Erkenntnisse aus den aktuellen Tierschutzanzeigen sowie jüngste polizeiliche Erkenntnisse zusammengefasst, um auch das Amtsgericht Wolfsburg von der Notwendigkeit einer Durchsuchung vor Ort zu überzeugen. Das ist uns gelungen. In der Vergangenheit standen wir bei unangemeldeten Kontrollen leider regelmäßig vor verschlossenen Türen. Für weiterführende Maßnahmen waren uns ohne konkrete Hinweise vor Ort rechtlich die Hände gebunden. Lediglich bei angemeldeten Kontrollen hatten unsere amtlichen Tierärzte die Chance, die Hundehaltung der Familie in Brome in Augenschein zu nehmen – lediglich mit Beanstandungen, die in Art und Umfang in keiner Weise mit denen von vergangenem Mittwoch vergleichbar waren.“

So hätten die Einsatzverantwortlichen aus der Erfahrung damit gerechnet, eine Anzahl von 20 bis höchstens 40 Tieren auf dem Grundstück anzutreffen. Tatsächlich wurden 67 Hunde (davon 59 Golden Retriever, vier Zwergpudel, zwei Australian Shepherds, ein Weimaraner sowie ein Rhodesian Ridgeback) an unterschiedlichen Orten im Haus und auf dem Grundstück angetroffen und in Verwahrung genommen.

So geht es den Hunden


„Noch im Zuge der Fortnahme war zu erkennen, dass sich sämtliche Hunde nach Unterbringung in Tierheimen in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Schleswig-Holstein in einem unterversorgten sowie akut tiermedizinisch-behandlungsbedürftigen Zustand befinden“, so Maik Hüller weiter. Inzwischen würden die ersten tiermedizinischen Befunde vorliegen. Demnach bedarf eine größere Anzahl von Hunden aktuell einer medizinischen sowie eine kleinere Anzahl von Hunden einer intensivmedizinischen Betreuung – vor dem Hintergrund individueller aktueller Befunde teils sogar aufwendige Haltung und Pflege in Quarantäne. „Die gute Nachricht, sofern angesichts der Umstände überhaupt davon gesprochen werden kann: Nach uns vorliegenden, teils noch vorläufigen Erkenntnissen besteht die berechtigte Hoffnung, dass alle Hunde überleben“, äußert sich Abteilungsleiter Maik Hüller.

Verfahren gegen Halter eingeleitet


Insbesondere die schwerwiegenden tiermedizinischen Befunde seien es, die den Anfangsverdacht einer Straftat nach dem Tierschutzgesetz begründen. Ein entsprechendes Verfahren ist eingeleitet. Etwaige weitere Verdachtsmomente über das Tierschutzgesetz hinaus haben sich bislang aber nicht weiter konkretisiert. Die Ermittlungen befinden sich insgesamt aber noch in einem sehr frühen Stadium. „Das meiste von dem, was wir aktuell unternehmen, fokussiert auf das Tierwohl der 67 Hunde“, fasst Maik Hüller zusammen.

Betreuungs- und Hundehaltungsverbot verhängt


Ausgesprochen sei aber bereits ein umfangreiches behördliches Betreuungs- und Hundehaltungsverbot gegen die Beschuldigten des Verfahrens, so der Abteilungsleiter weiter. Darüber hinaus befindet sich in Vorbereitung: eine sogenannte Duldung der Veräußerung, die gegenüber denjenigen ausgesprochen wird, gegen die sich das parallel laufende verwaltungsrechtliche Verfahren richtet. Konkret: Sofern über die kommenden Wochen und Monate die Tiergesundheit der 67 Hunde eine Vermittlung über die Tierheime in geeignete Hände möglich erscheinen lässt, kann dieses aus Gründen des Tierschutzes rechtlich ohne Zustimmung der bisherigen Hundebesitzer aus Brome erfolgen. In diesem Zusammenhang sei noch einmal darauf hingewiesen, dass sich der Landkreis Gifhorn aus Gründen des Daten- und Persönlichkeitsschutzes nicht über das bisherige Maß hinaus zu konkreten Anfragen über Personen, gegen die sich ordnungs- und strafrechtliche Verfahren richten, äußert.

Welle der Hilfsbereitschaft


Im besonderen Licht erscheine bereits jetzt die große Welle der Hilfs- und Unterstützungsbereitschaft in der Bevölkerung über Landkreisgrenzen hinaus: „Die Anteilnahme am Schicksal der Hunde berührt uns sehr. Wir sagen aber auch sehr deutlich: Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Krankheitsbilder der Hunde sowie des noch andauernden Verfahrens werden noch Wochen vergehen, bevor es zu einer ersten möglichen Vermittlung durch ein Tierheim kommen wird. Wir bitten dazu sowohl um Verständnis sowie darum, bis auf Weiteres von konkreten Anfragen an den Landkreis Gifhorn abzusehen – vielen Dank!“, stellt Maik Hüller klar.

Abschließend sagt Erster Kreisrat Dominik Meyer zu Schlochtern: „Ich habe von Beginn an wahrgenommen: Der Tierschutz genießt im Landkreis eine anerkannt hohe Priorität. Unsere Haltung dazu haben wir jüngst mit der Einstellung von zwei weiteren Veterinärinnen in unserer Fachabteilung noch einmal unterstrichen! Auch die außergewöhnlich hohe Zahl der bislang im Jahr 2025 fortgenommenen Tiere (730) spricht eine klare Sprache. Sowohl die Zahl der Anlasskontrollen aufgrund von Tierschutzanzeigen aus der Bevölkerung als auch die von uns geplanten und durchgeführten Kontrollen sind im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen. Verstöße gegen den Tierschutz werden von uns nicht geduldet! Dazu kommen seit Wochen aktuelle Herausforderungen, denen wir uns direkt zu stellen haben: Die Rede ist beispielsweise vom Ausbruch der hochansteckenden Aviären Influenza (Vogelgrippe, Geflügelpest) – auch in unserer Region. Auch mit Blick auf die Historie des aktuell besonderen Falls: Nach dem, was mir bekannt ist, hätte das Ausmaß weder früher erkannt noch den Umständen gezielt begegnet werden können. Im Gegenteil: Ich danke unserer Fachabteilung sowohl für die gute Vorbereitung, Durchführung als auch intensive Nacharbeit im Fall der Bromer Hunde!“

„Fortnahme“ nach Paragraf 16a Tierschutzgesetz


Die Fortnahme eines Tieres nach dem Tierschutzgesetz ist in Fällen erheblicher Vernachlässigung oder Verhaltensstörungen sowie bei behördlichen Feststellungen nicht artgerechter Haltung möglich. Die Maßnahme ist mit Blick auf die vorgefundenen Umstände immer die Ultima Ratio. Solange es der gesundheitliche Zustand eines Tieres zulässt, nutzt das Veterinäramt seinen zur Verfügung stehenden Ermessensspielraum, um im Dialog mit Tierverantwortlichen rasch spürbare Verbesserungen für das Tier zu erzielen.

Themen zu diesem Artikel


Tiere Kriminalität Justiz Hund