Goslar. Viel hat sich getan in den letzten Monaten auf der Baustelle in Immenrode: „Wir liegen gut im Zeit- und Kostenplan bei diesem wichtigen Projekt des Hochwasserschutzes im Nördlichen Harzvorland“, freuen sich Oberbürgermeister Dr. Oliver Junk und Vorsteher Hans-Hermann Baas vom Wasserverband Peine, der hierzu eine Pressemitteilung versandte. Doch über dem Projekt hängen dunkle Wolken. Die FDP will das Rechnungsprüfungsamt wegen angeblicher Versäumnisse beim Grundstückskauf beauftragen. Die FDP geht von einem rechnerischen Verlust für den Steuerzahler von insgesamt 701.992 Euro aus.
Der Damm des neuen Hochwasserrückhaltebeckens ragt gut sechs Meter empor, auch die Modellierung des neuen Bachverlaufs ist bereits deutlich zu erkennen. 1,55 Millionen Euro werden in Immenrode in den Hochwasserschutz und die naturnahe Gewässerentwicklung investiert. 80 Prozent trägt das Land aus dem Sonderfonds Hochwasserschutz und 20 Prozent finanziert die Stadt Goslar. Noch im Dezember sollen die Arbeiten bei Immenrode abgeschlossen sein. Oberbürgermeister Dr. Oliver Junk dankte den Einwohnern Immenrodes, die das Projekt vorbildlich mitgetragen hätten, auch den notwendigen Baustellenverkehr der letzten Monate.
Skepsis bei Grundstücksgeschäften
Für die Goslarer FDP-Politiker Christian Rehse und Stephan Kahl sind bei diesem wichtigen Projekt zum Hochwasserschutz im Harzvorland jedoch Fragen offen. Sie stellen einen Antrag im nicht öffentlichen Verwaltungsausschuss zur Prüfung der Vorgänge rund um den Kauf der Grundstücke für die neuen Bauwerke durch das Rechnungsprüfungsamt (RPA). Der Antrag soll in der Sitzung am 8. Dezember besprochen werden. Vorab stellt die FDP-Ratsfraktion ausdrücklich fest, dass die Maßnahmen zum Hochwasserschutz der Wedde in lmmenrode begrüßt werden. Die Umstände der Grundstücksgeschäfte mit geschätzten Kosten von etwa 700.000 Euro geben jedoch Anlass zur Prüfung durch das RPA.
Ein ungleicher Tausch?
Bis heute habe die Verwaltung trotz Zusage die mündliche Anfrage der FDP-Ratsfraktion in der Sitzung des Verwaltungsausschuss am 12. Mai zu dem Thema „Grunderwerb Flächen für die Wasserschutzeinrichtungen lmmenrode" nicht beantwortet. Auch in den Fachausschüssen wurde über den Sachverhalt nicht berichtet. Im Mai 2015 hatte der Rat der Stadt Goslar einen Grunderwerb für die Wasserschutzeinrichtungen in Immenrode beschlossen. Darin wurden Grundstücke der Versorgungsanstalt Neuwerk mit dem Grundstück der Domänenverwaltung (Land Niedersachsen) im Verhältnis 1:1 ohne Wertausgleich getauscht. Die Wertigkeit der Grundstücke war allerdings sehr unterschiedlich, die Stadt hat etwa das Zwei- bis Dreifache des Wertes abgegeben. Hinzu kämen laut FDP die dauerhaften jährlichen Erbbauzinszahlungen an die Stiftung Neuwerk in Höhe von 3.718,34 Euro.
Eingetauschtes Grundstück ungeeignet
Etwa zwei Jahre später sei dann festgestellt worden, dass die zu hohen Kosten eingetauschten Grundstücke für die geplanten Staudämme aufgrund ihrer Bodenbeschaffenheit ungeeignet seien, da der Boden nicht über die Mindesttragfähigkeit verfügt. "Offensichtlich wurden die erforderlichen Bodenuntersuchungen des Grundstücks zur Prüfung der Baueignung durch die Verwaltung nicht, beziehungsweise unzureichend durchgeführt", moniert die FDP.
Ein ausführlicher Bericht oder eine Beratung dieser nachträglich festgestellten Mängel in den Fachausschüssen sei nicht erfolgt. Der Sachverhalt und die aus Sicht der FDP "fahrlässige Vorgehensweise" seien den Ratsgremien von der Verwaltung weitgehend verschwiegen worden. Stattdessen habe man im Mai 2020 ein neues Grundstück zum Preis von 134.575 Euro zum Bau des Hochwasser-Rückhaltebeckens der Wedde ankaufen müssen. Eine Verwaltungsvorlage spricht letztlich von einer Kostenexplosion auf rund 300 Prozent, wenn das erstgekaufte Grundstück für die Baumaßnahme verwendet worden wäre. Grund hierfür seien unter anderem erforderliche "kostenträchtige Maßnahmen zur Bodenverbesserung im Bereich der Dammbauwerke, da die Maßnahme in planfestgestellter Weise nicht umsetzbar war."
Wurden die Grundstücke "voreilig" gekauft?
Die FDP will deshalb durch das Rechnungsprüfungsamt unter anderem in Erfahrung bringen lassen, ob die Verwaltung in den Tauschvertrag eine übliche Sicherungs-, beziehungsweise Rücktrittsklausel bei Eignungsmängeln eingebracht hat. Richtig sei aus Sicht der FDP, dass die Kosten für die Hochwasserschutzmaßnahme zu 80 Prozent vom Land getragen würden. "Da es die Stadt Goslar für richtig hielt, vorab den Grunderwerb zu tätigen, werden diese Grundstückskosten heute nicht gefördert. Begründet wurde diese Vorgehensweise mit der anstehenden Umgründung des Wasserverbandes Peine in den Wasserverband Harz-Heide und der unmittelbar anstehenden Umsetzung der Baumaßnahme im Jahr 2017. Festzuhalten ist, dass bereits damals erkennbar war, dass die genannten Termine in der Ratsvorlage nicht gehalten werden konnten. Aus welchem Grund hat die Verwaltung hier voreilig und damit ohne Fördermöglichkeiten den Grunderwerb getätigt?", fragt die FDP weiter und spricht von einer "fahrlässige Belastung der Bürger und Steuerzahler". Rechnerisch sieht die FDP durch Versäumnisse beim Grundstückskauf einen Verlust für das Stadtbudget von insgesamt 701.992 Euro.
mehr News aus Goslar