Fliegerhorst Goslar - Die Geschichte eines neuen Stadtteils


Der neue, alte Fliegerhorst hat eine bewegte Geschichte und eine einzigartige Architektur. Ein neues Buch des Geschichtsvereins Goslar beleuchtet nun die Geschichte des Ortes. Foto: Alexander Dontscheff
Der neue, alte Fliegerhorst hat eine bewegte Geschichte und eine einzigartige Architektur. Ein neues Buch des Geschichtsvereins Goslar beleuchtet nun die Geschichte des Ortes. Foto: Alexander Dontscheff | Foto: Alexander Dontscheff

Goslar. Zu den „vergessenen Orten“ des Harzes gehörte über Jahrzehnte der Fliegerhorst Goslar. In der NS-Zeit ab 1935 aufgebaut, von den Alliierten 1945 übernommen und 1958 der Bundeswehr übergeben, wurde das Gelände bis 2010 als militärischer Standort genutzt. Der Geschichtsverein Goslar veröffentlichte nun gemeinsam mit dem Arbeitskreis Fliegerhorst ein Buch zur Geschichte des historischen Quartiers und berichtet in einer Pressemitteilung.


Der Fliegerhorst trägt die architektonische Handschrift der NS-Zeit. Er diente der Aufrüstung und Kriegsvorbereitung sowie auch der Stabilisierung der NS-Ideologie. Der vorliegende Wegweiser möchte einen Beitrag zur Aufarbeitung und differenzierten Bewertung der dortigen baulichen Zeugnisse der NS-Zeit bieten. Er behandelt die Geschichte des Fliegerhorstes, seine Funktion im NS-Staat, aber auch seine Rolle als Bundeswehrstandort und seine militärische sowie städtebauliche Anlage und Architektur.

Eklat ums Offizierskasino


Da die Nutzung als Flugplatz 1945 aufgegeben und das Rollfeld mit dem neuen Stadtteil Jürgenohl bebaut wurde, blieb das ursprüngliche bauliche Erscheinungsbild des Fliegerhorstes fast vollständig erhalten. 1994 wurde er daher in seiner Gesamtheit als Denkmal unter Schutz gestellt. Das hinderte die Klosterkammer nach dem Erwerb des östlichen Bereiches für den symbolischen Preis von einem Euro nicht, sich selber die Genehmigung zum Abriss des völlig intakten Offizierscasinos auszustellen. Doch auch der nicht erwartete Protest der Bevölkerung, eine mehrere tausend Unterschriften umfassende Liste und eine Petition beim Niedersächsischen Landtag konnten den zwischen Stadt, Klosterkammer und Landesamt für Denkmalpflege verabredeten „Deal“ nicht mehr stoppen.

Kritische Begleitung der Entwicklung


Umso wichtiger erscheint es den Autoren, die den Band seitens des Geschichtsvereins Goslar gemeinsam mit dem Arbeitskreis Fliegerhorst jüngst herausgegeben haben, die Geschichte dieses Standortes zu vermitteln. Dazu will der Arbeitskreis, wie er im Band feststellt, die weitere Entwicklung der Konversion dieses Geländes kritisch-konstruktiv begleiten, denn dieser neue Goslarer Stadtteil ist weder hinreichend für Fußgänger und Radfahrer mit dem angrenzenden Stadtteil Jürgenohl vernetzt, noch werden attraktive Grünverbindungen für die unterversorgten Jürgenohler durch den neuen Stadtteil in das Grauhöfer Holz angeboten. Die sehr freizügigen Vorgaben für die Neubebauung ermöglichen die Grundstücksverwertung – nicht jedoch ein spannungsvolles Miteinander von Alt und Neu.

Das bauliche Erbe der NS-Zeit


Den Autoren geht es in erster Linie um die Baugeschichte, nicht um die politische Geschichte des Fliegerhorstes. Die baulichen Hinterlassenschaften dürfen den Blick nicht trüben für ihre Funktion. Hinsichtlich der NS-Hinterlassenschaften wird ganz Goslar betrachtet, denn zum baulichen Erbe der Zeit von 1933 bis 1945 gehören in Goslar auch die Sudmerbergsiedlung, die Reichsbauernhochschule (gegenüber der Post) und das Rammelsberg-projekt. Ihrer pauschalen Ablehnung als „Nazi-Architektur“ möchte dieser Wegweiser entgegentreten. Er soll einen Beitrag zur Aufarbeitung und differenzierten Bewertung der baulichen Zeugnisse der NS-Zeit bieten. Insbesondere soll er dazu beitragen, dass der neue Stadtteil Fliegerhorst kein unbekanntes Terrain bleibt, sondern von der Bevölkerung kennengelernt und angenommen wird.

Immense Nachfrage


Der Band wurde von den beiden Sponsoren Sparkasse Hildesheim Goslar Peine und Harz Energie GmbH & Co. KG gefördert. Die Nachfrage ist derzeit immens, was nicht verwundert, denn der Preis ist günstig und das Layout mit vielen aktuellen und historischen Fotografien, Grundrissen, Schnitten und Karten spricht an. Von der Auflage in Höhe von 1300 Exemplaren wurden innerhalb von vier Wochen mehr als zwei Drittel verkauft, was das Nachholbedürfnis, dieses unbekannte Gelände kennenzulernen, belegt.


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