Geschichtsverein nimmt Stellung zum Abriss des Offizierscasinos


Das Offizierscasino mit dem Fliegerdenkmal von Prof. Georg Fürstenberg 2016 nach Freistellung vom Baumbewuchs durch den Kampfmittelbeseitigungsdienst, Foto Uwe Epping.
Das Offizierscasino mit dem Fliegerdenkmal von Prof. Georg Fürstenberg 2016 nach Freistellung vom Baumbewuchs durch den Kampfmittelbeseitigungsdienst, Foto Uwe Epping.

Goslar. Der Geschichtsverein ist nach wie vor empört über den bevorstehenden Abriss des alten Offizierskasinos auf dem Fliegerhorstgelände. regionalHeute.de ging eine Stellungnahme des Vereins zu, die wir an dieser Stelle ungekürzt und unkommentiert wiedergeben.



Die Petition des Geschichtsvereins Goslar zum Erhalt des Offizierscasinos auf dem ehemaligen Fliegerhorst in Goslar blieb erfolglos: Der Wortlaut der Empfehlung ist bisher nur in Rudimenten durch die Presse und eine Email des örtlichen Landtagsabgeordneten Dr. Alexander Saipa (SPD) an den Geschichtsverein Goslar bekannt. Danach folgte der Landtag der Empfehlung des Petitionsausschusses in dessen klosterkammerfreundlichen Auslegung des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes.
Nach Paragraph 10 Absatz 5 des Gesetzes bedürfen genehmigungspflichtige Maßnahmen an Kulturdenkmalen, die sich im Eigentum oder Besitz einer von der Klosterkammer Hannover verwalteten Stiftung befinden, zwar keiner Genehmigung der Denkmalschutzbehörde. Dass sich die Kammer aber wie jeder andere an die materiellen Vorschriften des Gesetzes zu halten hat, so an die Pflicht zur Erhaltung (§ 6), wird beiseitegeschoben. Das Niedersächsische Denkmalschutzgesetz: ein lex Biallas.

Das Denkmalschutzgesetz verfolgt anspruchsvolle Ziele: Denkmale werden ganz bewusst nicht aus dem Denkmalschutz entlassen. Anderenorts und üblicherweise müssen sie, soweit wirtschaftlich vertretbar, erhalten und notfalls jahrzehntelang leer auf eine bessere Zukunft harren. Eine wirtschaftliche Unvertretbarkeit liegt beim Casino nicht vor – entsprechende Nachweise wurden erbeten, konnten aber nicht vorgelegt werden. Damit zeigt sich gegenüber der üblichen Praxis eine nicht nachvollziehbare Ungleichbehandlung, wenn in diesem Fall die Klosterkammer Hannover unter der Überschrift „Stiftung“ mit dem Casino „kurzen Prozess“ machen darf. Nicht etwa zur Wahrung des Stiftungszweckes: Hier nutzt sie eine ihr eingeräumte Möglichkeit, um Geld zu machen, das anderenorts (nach Abzug der Verwaltungskosten) in Denkmäler investiert wird.

Von vornherein bestand seitens der Klosterkammer keinerlei Interesse am Erhalt des Offizierscasinos. Denn ausgehandelte Bedingung für ein Engagement der Klosterkammer war, dass das Offizierscasino abgerissen wird und so weitere Baugrundstücke akquiriert werden können. Das erklärt, weshalb potentielle Investoren und Interessenten mit überhöhten Kostenschätzungen konfrontiert und logischerweise auch abgeschreckt wurden.

Die Beziehungen der Klosterkammer zu Fliegerhorst und Stadt sind vielfältig. Zunächst wurde bei der Errichtung des Fliegerhorstes in den 1930er Jahren Gelände an den Reichsfiskus erstmals verkauft, mit der Gründung des Stadtteils Jürgenohl nach dem Zweiten Weltkrieg war die Klosterkammer wieder involviert und letztlich wurde 2016 der 15 Hektar große Bereich um das Offizierscasino für einen Euro „erworben“. Hier gehen die Erschließungskosten zu Lasten der Klosterkammer und nach der Portionierung des Geländes werden 2/3 für mehrere Millionen verkauft. Bei dieser monetären Zielsetzung ist kein Platz für ein Denkmal, das vielleicht auch im Hinblick auf die Geschichte der Klosterkammer Hannover unerwünscht ist: Sie feiert 2018 ihren 200. Geburtstag.

Innerhalb von dreieinhalb Wochen schnellte die Zahl der zum Erhalt des Casinos nur allein schon auf konventionellem Wege abgegebenen Unterschriften auf 1.300. Zur Übergabe an den Landtagspräsidenten kam es erst gar nicht wegen "vollendeter Tatsachen!" Es bleibt breites Unverständnis auch über die Haltung des Landtages. Und Unverständnis über politisches Handeln erzeugt Politikverdrossenheit.

Die Initiatoren der Unterschriftenaktion zum Erhalt des Casinos, der Geschichtsverein Goslar, die Kameradschaft ehemaliger Goslarer Jäger, die SPD-Abteilung Nord/ Goslar, der Verein Spurensuche Harzregion, der Stadtteilverein Jürgenohl/ Kramerswinkel und die dazu gestoßene Stadtführergilde, sind enttäuscht über diesen Umgang mit Geschichte. Die Beseitigung baulicher Zeugnisse macht Geschichte nicht ungeschehen und steht im Gegensatz zu vielen Sonntagsreden.

Da im Denkmalschutz kein Klagerecht für Bürger besteht, kann gegen die Entscheidung der Klosterkammer nicht vorgegangen werden. Für die Weiterführung der Unterschriftensammlung ist unter den jetzigen Umständen kein Raum mehr vorhanden. Die Initiatoren werden die vorliegenden Listen nach Auswertung und Kommentierung der Empfehlung des Landtages Herrn Ministerpräsidenten Stephan Weil übersenden. Der Fall wird als „Lehrstück“ von Demokratie aufgearbeitet. Die Klosterkammer wird vor der Veröffentlichung Gelegenheit bekommen, sich zu den Aussagen zu äußern.


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